Unwiderstehlich (German Edition)

ihr die Glastür auf. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.«
    Ein geheimnisvolles Lächeln erschien auf Carlas Gesicht. Ob er wohl wusste, was im zweiten Stock passierte? »Danke, den werde ich sicher haben.« Sie schritt durch die Tür.
    Die Gästeliste war exklusiv. Nur für registrierte Gäste öffneten sich die Pforten des Palais d’Oro . Eine Registrierung bekam man aber erst ab zwei Empfehlungen von Freunden oder Bekannten, die bereits auf der Liste standen. War man nicht auf der Liste, blieben einem die Türen zu diesem exklusiven Zirkel verschlossen. Jeder fühlte sich auf diesen Events als VIP, auch wenn wenig verständlich war, wie man unter all den VIPs noch VIP sein konnte, aber egal. Alleine die Einladung war schon eine Stimulanz der Partylaune.
    Carla trat in die riesige Eingangshalle. Hier setzte sich das stilvolle Ambiente fort. Die Einrichtung war modern, aber sehr exquisit. Alles passte perfekt zusammen und war auf ein gehobenes Publikum abgestimmt. Sie begrüßte Tom, einen stadtbekannten Friseur, und seinen Lebenspartner, die wohl auch gerade erst eingetroffen waren. Tom hatte ihr damals ihre zweite Empfehlung gegeben. Die Erste, die ihr die Pforten zu diesen exklusiven Feiern geöffnet hatte, war ihre Freundin Netti. Carla tauchte durch die angeheizte Atmosphäre hindurch, verteilte Luftküsschen links und rechts absolvierte den üblichen Hugging-Marathon. Sie war voller Vorfreude, wusste sie doch, dass eine sehr viel befriedigendere Art des Körperkontakts auf sie wartete. Dem fieberte sie seit Wochen entgegen. Nach der Begrüßungsrunde begab sie sich zur Damentoilette im Eingangsbereich, wo sie sich kurz frisch machte.
    Hier war es gewesen, wo sich im Februar die zweite merkwürdige Begebenheit zutrug. Wieder waren es zwei Frauen gewesen, dieses Mal jüngere, zumindest den Stimmen nach, denen sie gelauscht hatte. Carla hatte in einer Kabine gestanden und war gerade dabei, sich wieder anzuziehen, als die beiden Frauen vor den Spiegeln miteinander tuschelten. Zunächst dachte Carla, die zwei waren einfach nur sehr beschwipst, denn bei ihren Schilderungen verfielen sie von einem Flüstern in ein laszives Stöhnen. Doch dann wurde sie hellhörig. Offensichtlich wurde die eine Frau von der anderen gerade in das Geheimnis eingeweiht. Als Carla ihr gelauscht hatte, wurde ihr klar, dass sie es jetzt nicht mehr einfach nur als Gerücht abtun durfte.
    Es gab da dieses Zimmer. Auch in dieses Zimmer gelangte man nur durch persönliche Empfehlung. Wo genau dieses Zimmer lag, wusste die eine Frau selbst noch nicht, aber das Geheimnis war offensichtlich Teil dieser Party. Sie wusste nur, dass sie endlich auf die Liste gekommen war. Und wenn man auf der Liste stand, dann war man irgendwann dran. Dann durfte man durch die Tür. Alle Frauen, die in dieses Zimmer gingen, schwebten wie auf Flügeln wieder hinaus. Manche Frauen änderten nach ihrem Besuch in dem Raum ihre Gewohnheiten. Plötzlich verabredeten sie sich nicht mehr mit Männern. Es hieß, so erzählte die Frau, zwei Bekannte hätten bereits am nächsten Tag ihr Facebook-Account gelöscht.
    Das Gespräch war noch nicht zu Ende, doch Carla musste mit anhören, wie die Stimmen der fremden Frauen leiser wurden. Dann ging die Tür der Damentoilette. Für einen Moment schallte laute Musik von draußen herein, und sie war wieder alleine im Raum gewesen.
    Etwas passierte hinter dieser Tür. Möglicherweise hatte es mit Drogen oder einer Sekte zu tun, denn eins stand fest: Ging man einmal durch diese Tür, kam man nicht mehr als dieselbe zurück. Was sie gehört hatte, klang so unglaublich und vage, dass Carla eine urban legend dahinter vermutete. Trotzdem war sie unendlich neugierig geworden. Und dann passierte es. Kaum, dass sie wieder in der Eingangshalle stand, schwebte eine Frau die Treppe herab. Mit zerzausten Haaren und einem glückseligen Lächeln war sie zum Ausgang geflattert. Es war kaum elf Uhr abends, und es musste einen Grund geben, warum sie die Party so früh verließ. Anscheinend hatte sie schon alles bekommen, was sie sich vorgestellt hatte.
    Carla war nun fest entschlossen, diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Wo war diese Tür, und wie kam sie auf die Liste?
    Bei der Party einen Monat später hatte sie einen Plan. Mit einem Glas Champagner bewaffnet, war sie die geschwungene Treppe der riesigen Stadtvilla hinaufgestiegen. Die Decken der Halle waren mit Stuck übersät, überall hing prächtiger Brokat an den Wänden. Kurz