Unwiderstehlich untot
nie etwas davon gehört. Heutzutage gibt es viele Zauber, die dazu bestimmt sind, die Sinne zu verwirren, aber man kann sie wesentlich einfacher neutralisieren. Bei einem so einzigartigen Objekt ist es viel einfacher, die Wirkung zu zeigen, anstatt sie zu erklären.«
»Erklärungen genügen völlig«, warf ich ein, und François nickte nachdrücklich.
»Wie Sie wünschen.« Es schien den Verkäufer zu enttäuschen, dass seine Vorführung bei uns nicht besonders gut angekommen war. »Was für einen illegalen Mist verkaufen Sie hier?«, knurrte Marco.
»Unser gesamtes Angebot ist vollkommen legal«, versicherte mir der Verkäufer und schenkte Marco keine Beachtung. »Sie brauchen keine Probleme mit den Behörden zu fürchten.«
»Das ist eigentlich nicht meine Sorge«, murmelte ich. Die Kontrolle über magische Waffen lag beim Kreis, und mit dem konnte ich kaum noch mehr Probleme bekommen, selbst wenn ich es versuchte.
Der Verkäufer warf mir einen Blick zu, der in einem seltsamen Kontrast zu seinem Weihnachtsmanngesicht stand. »Allerdings haben wir einige alte Stücke, die, äh, nicht unter die modernen Verbote fallen.«
»Zum Beispiel?« Vielleicht gab es irgendeine esoterische Antiquität, von der der Kreis noch nichts gehört hatte. Etwas, das selten genug war, mir einen Vorteil zu geben.
»Da wäre dieses hübsche Stück. Es stammt aus dem Besitz eines – wie soll ich mich ausdrücken? – Abenteurers.« Er reichte mir eine kleine weiße Statue, die einen Grinsemann in der Art des Buddhas darstellte. Winzige Risse durchzogen den dicken Bauch und waren etwas dunkler als der Rest, wie altes Elfenbein. »Daikoku, einer von sieben japanischen Göttern des Glücks.«
»Und?«
»Es ist ein Netsuke«, sagte Marco und betrachtete das kleine Objekt. »Ich kannte mal jemanden, der so etwas sammelte.«
»Eine was?«
Er zuckte mit den Schultern. »Kimonos haben keine Taschen. Traditionelle Japaner tragen eine Schärpe an der Taille, mit einer daran befestigten Lackholzdose. Die Netsuke-Figur hielt Dose und Schärpengürtel zusammen.«
»Das ist kein Netsuke«, sagte der Verkäufer und schniefte. »Zugegeben, es gibt einige derartige Figuren, die Daikoku darstellen, aber sie sind eben nicht mehr als das: Darstellungen.«
»Und das ist etwas anderes?«, fragte ich. »Ja. Das ist Daikoku.« Ich blinzelte. »Das soll ein Gott sein?«
Dem Verkäufer gefiel mein Ton nicht. »Es ist ein uraltes Wesen«, sagte er steif. »Die japanischen Bauern des Mittelalters wussten nur keine andere Bezeichnung als ›Gott‹.«
»Und Sie bewahren ihn in einem Schrank auf?«
»Wo’er `aben Sie ihn?«, warf François ein. Sie schien mit dem Gedanken zu spielen, die kleine Statue zu kaufen.
Diesen Eindruck gewann offenbar auch der Verkäufer, denn seine Miene erhellte sich. »Besagter Glücksritter brachte sich vor einigen Jahren in Fukushima in den Besitz dieses Kleinods«, erklärte er. »Ich nehme an, er stahl es einem anderen Reisenden. Es heißt, wenn man eine Daikoku-Statue ihrem früheren Eigentümer abnimmt, bringt sie einem Glück in Form eines freien Wunschs – solange man beim Diebstahl nicht ertappt wird. Die alten Traditionen gehen vermutlich auf Geschichten zurück, die die echte Statue ausnutzte.«
»Wie ein Dschinn.« François betrachtete die kleine Statue nachdenklich.
»Ja. Aber Dschinns sind nicht unbedingt für ihre Gutmütigkeit bekannt – anders lautende Geschichten basieren vor allem auf Wunschdenken. Wenn Sie jemals auf einen Dschinn stoßen, der zum Beispiel in einer Flasche gefangen ist, so rate ich Ihnen dringend davon ab, ihn zu befreien.«
»Sollten wir nicht besser auch Daikoku in Ruhe lassen?«, fragte ich skeptisch.
»0 nein«, antwortete der Verkäufer schnell. »Er ist nicht gefangen. Ganz und gar nicht. Er benutzt diese Gestalt einfach nur für seine Mission.«
»Und was ist seine Mission?«
»Der Welt Fülle, Reichtum und Glück zu bringen.«
»Warum äußern Sie dann nicht einen Wunsch und werden reich?«, fragte Marco.
Wir alle sahen den Verkäufer an. »Ah, nun, Daikoku versteht nicht immer… Ich meine, man muss bei der Formulierung seines Wunschs äußerst vorsichtig sein. Es gibt Beispiele für, äh, Fehlkommunikation.«
»Können Sie uns eins nennen?« Ich verstand nicht viel von Magie, aber allmählich wurde mir klar, dass es praktisch immer irgendwo einen Haken gab.
»Daikoku erfüllt den Wunsch, aber nicht immer auf die Weise, wie man es von ihm erwartet. Die Person, von
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