Unwiderstehlich untot
anderen Tipp gab. Ich hätte es besser wissen und nicht auf ihn hören sollen. Er sah für den Rest seines Lebens als Geist wie neunundzwanzig aus, weil er neunundzwanzig gewesen war, als ihn einige Cowboys am Kartentisch beim Mogeln erwischt, ihn in einen Sack gestopft und in den Mississippi geworfen hatten.
Als die Sonne den Horizont berührte, langweilte ich mich halb zu Tode, und es fiel mir immer schwerer, nicht an das bevorstehende Treffen mit dem Kreis zu denken. Zum letzten war ich in gutem Glauben gegangen, unbewaffnet bis auf das Armband, von dem die Magier hoffentlich nichts wussten. Doch die Vorstellung, erneut mit leeren Händen zu den Magiern zu gehen, übte keinen besonders großen Reiz auf mich aus, zumal mein Schutzzauber hinüber war. Ich brauchte ein paar eigene Überraschungen, und hier bekam ich sie nicht. Außerdem nervten mich die Wächter.
Marco stolzierte kurz vor Sonnenuntergang herein. Vielleicht wollte er damit auf seine Macht hinweisen oder so, denn einige der Wächter lächelten spöttisch. Sie waren den ganzen Tag auf den Beinen gewesen.
»Ich möchte shoppen gehen«, teilte ich ihm mit.
»Ich werde auf keinen Fall in einem Laden für Damenunterwäsche rumstehen, während Sie irgendwelche Sachen anprobieren«, sagte er geradeheraus.
»Wir kaufen Waffen ein«, erwiderte ich und nahm meine Handtasche. »Was für Waffen?«
»Scheußliche.« Und da sah ich Marco zum ersten Mal lächeln.
16
»So was sieht man nicht jeden Tag.«
Ich hatte den Kopf in einer großen Truhe und machte mir nicht die Mühe aufzusehen. Die Bemerkung hätte zu fast allen Objekten im Hinterzimmer des Pfandhauses passen können. Im Gegensatz zu den üblichen DVD-Playern, Camcordern und diversen Schmuckgegenständen vorn im Schaufenster enthielt der Raum weiter hinten Dinge für die übernatürliche Gemeinde von Las Vegas. Aber da die Worte vom Verkäufer stammten, nahm ich an, dass er die beiden geradezu riesigen Burschen meinte, die wie gelangweilt bei der Tür warteten.
Ich sah kurz in ihre Richtung, und Marco warf mir einen Kuss zu. Klugscheißer.
Zwischen einem Blinzeln und dem nächsten war Marco neben mir, und der Verkäufer hing in seiner großen Pranke. Der alte Knabe wirkte ziemlich erschrocken, und seine Lesebrille rutschte auf der Knollennase bis ganz nach vorn. »He!«
»Er hat den Arm nach Ihnen ausgestreckt«, sagte Marco und zwang die Hand des Mannes auf Ich weiß nicht, was er darin zu finden erwartete, aber der Anblick eines kleinen Maßbands schien ihn zu enttäuschen. Allerdings nicht so sehr, dass er den Mann losgelassen hätte, dessen Gesicht recht schnell puterrot wurde.
»Ja, vermutlich wollte er mich zu Tode messen.« Wir mussten ganz offensichtlich über den Unterschied zwischen »Sicherheit gewährleisten« und »ein Blödmann sein« reden. Marco stand einfach nur da. »Marco! Lassen Sie ihn runter!«
»Klar. Weil ich gern mit Ihrer Leiche um den Arm gewickelt zu Lord Mircea zurückkehre. Wenn ich Glück habe, tötet er mich einfach nur.«
»Sie sind bereits tot.«
»Man kann auf verschiedene Arten tot sein, Prinzessin«, erwiderte er ernst, setzte den Alten aber auf die – recht zittrigen – Füße.
»Das ist sehr selten, wie ich schon sagte.« Der Verkäufer deutete auf die kleine Brosche, die François in der Hand hielt. »Bei Inaktivität sind die Steine blau, doch sie werden orange, wenn ein böser Zauber gegen den Träger zum Einsatz gelangt.«
Ich betrachtete das Objekt und runzelte dabei die Stirn. Die Brosche bestätigte meine Vermutung, dass es ein Gesetz geben musste, nach dem magischer Schmuck sehr hässlich sein musste. Doch François nickte kurz und bestätigte damit, dass das Ding funktionierte, trotz seines Aussehens.
Ich hatte sie gebeten mitzukommen, damit sie die Ware prüfte, und weil ich nur mit meinem eigenen nicht besonders großen Bankkonto bewaffnet war. Es ging dabei um meinen Stolz und den Rest meiner Unabhängigkeit, aber es schränkte meinen finanziellen Spielraum noch stärker ein. Doch wenn jemand zu handeln verstand, dann François. In dieser Hinsicht hatte sie ein echtes Talent.
»Kann die Brosche einen Verfluchung verhindern?«, fragte ich. Für einen derartigen Schutz war ich bereit, ein wenig Hässlichkeit in Kauf zu nehmen.
»Leider nein. Aber sie teilt Ihnen mit, welcher Zauber verwendet wurde, und das ist, wie Sie wissen, der schwierigste Punkt beim Entfernen eines Fluchs.«
»Nun, es entspricht nicht genau meinen
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