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Unwiderstehlich untot

Unwiderstehlich untot

Titel: Unwiderstehlich untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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Gesicht schlugen. Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter und stellte fest, dass unser Vorsprung fast dahin war. Wir liefen weiter und hörten, wie unsere Verfolger hinter uns ausschwärmten, sich gegenseitig Anweisungen zuriefen und sicherstellten, dass wir nicht umkehren und durch ihre Reihen schlüpfen konnten.
    So viel zu dem Plan.
    Je tiefer wir in den Wald kamen, desto stiller wurde es. Alte, dunkle Zweige schlossen sich hinter uns, und die welken Blätter auf dem Boden dämpften das Geräusch unserer Schritte. Die Wipfel über uns wurden schließlich so dicht, dass kaum noch Mondschein zu uns gelangte. Ich übernahm die Führung, weil ich immer noch die Umrisse der Bäume vor uns erkennen konnte, im Gegensatz zu Pritkin, aber es half nicht viel.
    Immer wieder trafen ihn die niedrig hängenden Zweige, die ich beiseiteschob und die dann zurückschwangen und ihm ins Gesicht klatschten. Und er hatte nicht den Vorteil schützender Kleidung – immerhin hatte ich mich nicht für eine wilde Verfolgungsjagd im Wald angezogen. Trotzdem stapfte er weiter und versuchte, mich nicht aufzuhalten. Blut rann ihm über den Hals, und seine Hände waren von Dornen zerkratzt.
    Wir waren etwa seit zehn Minuten halb gehend und halb laufend unterwegs, als Pritkin gegen einen Baumstamm stieß, abprallte und über einen weiteren Stamm stolperte, der quer vor uns lag. Ich wollte ihn weiter ziehen, aber er schüttelte völlig erschöpft den Kopf. Sein Puls raste, und die Pupillen waren geweitet.
    Ich nickte, lehnte mich an einen Baum und atmete so tief, dass es schmerzte. Graue, schuppige Borke zerbröckelte unter meiner Hand, und Harz ließ meine Finger aneinanderkleben. Ich drückte die Schultern an den Stamm und löste die Hand von der Waffe – sie hatte sich so fest darum geschlossen, dass Abdrücke im Handballen zurückblieben. Ein oder zwei Minuten verbrachte ich damit, einfach nur zu atmen und zu versuchen, noch etwas anderes zu hören als nur das Hämmern meines Herzens. Ich hoffte inständig, dass die Verfolger unsere Spur verloren hatten, denn Pritkin schien nicht mehr gehen zu können, von laufen ganz zu schweigen.
    »Was hörst du?«, fragte er nach einer Weile.
    Ich lauschte, und meine neuen Ohren hörten alles: das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln, das leise Prasseln des Regens auf den Blättern, ein Rascheln, verursacht von einem kleinen Tier – aber keine Geräusche, die auf nahe Verfolger hinwiesen. »Ich glaube, wir sind allein.«
    Doch noch als ich diese Worte sprach, sah ich wieder jene sonderbaren Blitze, diesmal in den Wipfeln. Sie waren schwarz vor dem tiefen Indigo des Himmels, aber hier und dort durchsetzt von Farben, für die ich keine Namen hatte. Und als ich mich konzentrierte, bemerkte ich auch andere Dinge: Bewegungen, die nicht auf den Wind zurückgingen, und Gerüche, die nichts mit der Natur zu tun hatten.
    »Warte – da ist etwas.«
    »Etwas?«
    »Ja.«
    Und es war, als ob uns das Seltsame gehört hätte. Plötzlich hatte alles um uns herum den kalten, bitteren Geschmack des Winters, und die Luft war voller zackiger Schatten, die wie Schlangen vor mir tanzten. Einer strich mir über den Arm, und ich zuckte zurück. Kalt und heiß und tausend andere widersprüchliche Empfindungen, mit denen mein Geist nicht fertig werden konnte – und keine von ihnen angenehm.
    »Beschreib es.«
    »Ich kann nicht! Die Farben sind… komisch«, sagte ich und suchte nach Worten. Und dann flogen einige weitere Schatten vorbei, und plötzlich schien ich die Welt durch tausend gläserne Flügel zu sehen – es war eine Kakophonie aus huschenden Bildern. Ich duckte mich und verdrehte die Augen in dem Versuch zu sehen, aber das machte alles noch schlimmer. »Scharfe Kanten, wie Vögel, und doch ganz anders«, sagte ich hilflos. »In den Bäumen.« Lieber Himmel, was waren das für Geschöpfe?
    »Rakshasa«, zischte Pritkin und sah auf. »Was?«
    »Dämonen«, sagte er, wühlte in meinem Mantel herum und zog Dinge aus dem Gürtel, den ich tief auf den Hüften trug. Das Ding war ziemlich schwer mit all den Phiolen, die in kleinen Leder scheiden steckten und Tödliches enthielten. »Es sind Gestaltwandler.«
    Ich befeuchtete mir die Lippen. Es wäre nett gewesen, wenn er sich geirrt hätte, aber das bezweifelte ich. Denn wenn es eine Sache gab, mit der sich Pritkin auskannte, dann waren es Dämonen. Er war nicht nur der beste Dämonenjäger des Kreises; er hatte auch Jahrhunderte im Reich der Dämonen verbracht,

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