Unwiderstehlich untot
eingeredet, er sei eine Art Heiliger gewesen – das war niemand bei Tony. Aber das… nein. Auf so etwas war ich nicht vorbereitet.
Ich fühlte Hände auf den Schultern, und sie drehten mich um. Die kleinen Messer des Armbands an Pritkins Handgelenk strichen mir über die Haut, fühlten sich plötzlich ölig und sonderbar schwer an.
Das Armband stammte aus einem Kampf gegen einen dunklen Magier – es hatte ihn verlassen und mich als neuen Besitzer gewählt. Seit jener Zeit hing es an meinem Handgelenk, ob ich wollte oder nicht. Irgendwie hatte es alle meine Versuche vereitelt, es loszuwerden. Damals hatte ich angenommen, dass es sich zur größeren Macht hingezogen fühlte, und die war ich mit meinem neuen Pythia-Amt. Aber vielleicht gab es einen ganz anderen Grund. Vielleicht war das Armband zu mir gekommen, weil es in mir das größte Potenzial für Böses sah.
»Cassie!« Pritkins Hände schlossen sich schmerzhaft fest um meine Schultern. Ich sah ihn verwirrt an. »Mein Vater ist ein Dämonenlord«, sagte er knapp. »Aber ich gewinne.«
Pritkin war nicht unbedingt höflich oder taktvoll, aber manchmal brachte er es durchaus fertig, das Richtige zur rechten Zeit zu sagen. Ich glaube, wenn er über etwas Bescheid wusste, dann über Problemfamilien. Dadurch wurde nicht alles gut – bis irgendetwas gut wurde, verging bestimmt noch viel Zeit –, aber es half. Selbst mit Rosier als Vater war ein guter Kerl aus ihm geworden, dachte ich und lächelte.
»Danke.«
Pritkin neigte den Kopf. »Keine Ursache. Aber wenn du jetzt behauptest, du hättest meine weibliche Seite berührt, erschieße ich dich.«
Zum ersten Mal seit Tagen lachte ich.
»Wir müssen über Jonas’ Angebot sprechen«, sagte Pritkin einige Minuten später.
Ja, das mussten wir wohl. Und es gefiel mir ganz und gar nicht.
Wir saßen da und beobachteten, wie Marsden Dinge aus seinem überwucherten Garten holte. Er hatte sich einen Hut besorgt und den größten Teil seines Haars darunter gestopft; dadurch sah er fast normal aus.
»Ich habe eine Theorie über Kriegsmagier«, sagte ich. »Je mächtiger sie sind, umso schlimmer ist ihr Haar.«
»Cassie.«
»Du könntest mir den Tag versüßen und sagen, Saunders sei kahlköpfig.«
»Und du tätest mir einen Gefallen, wenn du mit dem nötigen Ernst an diese Sache herangehen könntest.«
Ich verzog das Gesicht. »Ich fasse es noch immer nicht, dass ich mich an einem Putsch beteilige.«
»Uns scheint kaum eine Wahl zu bleiben.«
»Was ist mit ›abwarten‹ passiert? Vor einigen Stunden…«
»Vor einigen Stunden kannte ich Tremaines Bericht noch nicht. Vor einigen Stunden hatte ich noch keinen Blick in die Zeitung geworfen. Jonas hat recht. Diese Story durchsickern zu lassen… Es ist ein klarer Hinweis auf die Absichten des Kreises. Wenn Saunders bereit wäre, mit dir zusammenzuarbeiten, hätte er ungünstige Presse zu verhindern gewusst, anstatt ihr Vorschub zu leisten.«
Ja. So sah die Sache auch für mich aus. Ich seufzte. »Was weißt du über Marsden?«
»Er hat den Kreis über viele Jahre hinweg gut geführt. Bei gewissen Dingen kann er engstirnig und kompromisslos sein. Er neigt dazu, seine Meinung für sich zu behalten – so sehr, dass er manchmal verschlossen und sogar geheimnistuerisch wirkt –, und gelegentlich ist er gereizt und schwierig…«
»Mit anderen Worten: ein typischer Kriegsmagier.«
»… aber im Großen und Ganzen ist er ein guter Mann.«
»Kann er gewinnen?«
Pritkin schwieg einige Sekunden. »Vor zwanzig Jahren hätte ich diese Frage sofort mit Ja beantwortet. Aber jetzt… Ich weiß nicht.«
»Was glaubst du?«
»Jonas’ Wissen ist zweifellos gewachsen, und er hat mehr Erfahrung. Aber in den letzten Jahren hat seine Macht nachgelassen. Saunders ist stärker als er.«
»Wäre es dann nicht sinnvoller, wenn jemand anders die Herausforderung ausspricht?«
»Nur ein Mitglied des Rats ist dazu berechtigt. Jemand anders würde von Saunders’ Leibwächtern abgefertigt. Vorausgesetzt natürlich, es fände sich überhaupt jemand dazu bereit, das Risiko einzugehen. Die Herausforderung bedeutet einen Kampf auf Leben und Tod.«
Ich schluckte. Wundervoll. »Wir müssen also auf Risiko spielen oder gar nicht.«
»Darauf läuft es hinaus.«
Ich starrte auf den Kamin und verfluchte meine Kopfschmerzen. »Saunders wird morgen beim Empfang sein, den der Senat veranstaltet«, sagte ich schließlich.
Pritkin kniff die Augen zusammen. »Woher weißt du das?«
»Weil
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