Unwiderstehlich untot
muss eine Art Rekord sein, oder?«
»Wenn wir es zustande bringen, ja. Aber die eine Hälfte der Senatoren hasst die andere, in vielen Fällen wegen Kränkungen, die Jahrhunderte zurückliegen. Ganz zu schweigen von Eifersüchteleien, Rivalitäten und überempfindlichem Stolz. Ohne klare Beweise für unsere Behauptungen dürfte es uns schwer fallen, sie zu überzeugen.«
»Wir sind im Krieg. Das scheint mir klar genug zu sein!«
»Aber gegen wen? Apollo ist nicht hier. Die Senatoren sehen nur die üblichen alten Feinde – den Schwarzen Kreis und einige abtrünnige Vampire –, mit denen unser Senat schon einige Male fertig geworden ist. Deshalb stehen sie der Notwendigkeit eines Bündnisses sehr skeptisch gegenüber. Vermutlich argwöhnen sie, dass wir die Sache mit dem Gott erfunden haben, um sie dazu zu bringen, sich dem Willen der Konsulin zu unterwerfen.«
Ich blinzelte und versuchte, all das Gehörte zu verarbeiten. In den letzten Tagen hatte ich Mircea nicht oft gesehen und angenommen, dass es mir nur gut gelungen war, ihm aus dem Weg zu gehen. Oder dass er den Mangel an Cassie in seiner unmittelbaren Nähe zwar bemerkt, sich aber nicht darum geschert hatte. Aber bei dieser Vorstellung fühlte ich mich wie ein getretenes Hündchen und blieb lieber bei dem Gedanken, dass es einen guten Grund für seine Abwesenheit gab.
Mircea und ich waren beide von dem verrücktspielenden Liebeszauber beeinflusst gewesen, aber ihn hatte es viel stärker getroffen als mich, weil er aufgrund gewisser Komplikationen in der Zeitlinie viel länger damit konfrontiert gewesen war. Ich hatte angenommen, dass er mehr Zeit brauchte, um sich zu erholen, zumal es ihm wirklich nicht gut gegangen war. Aber allem Anschein nach hatte er überhaupt keine Ruhe gefunden. Und jetzt kam auch noch eine Familienangelegenheit hinzu, was auch immer sein mochte.
»Du solltest versuchen, es für eine Weile ruhig angehen zu lassen«, sagte ich und runzelte die Stirn. »Derzeit bist du nicht gerade in Topform.« Mircea hob eine Braue. »Wie bitte?«
Ich seufzte. Es hatte vielleicht nicht ganz richtig geklungen. »Ich meine, alle halten Meistervampire praktisch für unbesiegbar. Aber das stimmt nicht, oder? Du kannst müde werden… und so.« Noch vor kurzer Zeit war er sehr geschwächt und hilflos gewesen, und dieses Bild hatte sich mir eingebrannt. Es war ein weiterer Grund für mich, Distanz zu wahren.
Vor Jahren hatte ich gelernt, dass es besser war, andere Menschen nicht zu nahe herankommen zu lassen. Anteilnahme ja, aber nicht zu viel, denn früher oder später würde ich die betreffenden Personen verlieren. Der Versuch meiner Mutter, ein neues Leben zu beginnen, hatte mit einer Autobombe geendet, fabriziert von einem Vampir, der eine Seherin an seinem Hof wollte. Sie war zu klug gewesen, den Job anzunehmen, aber er hatte ihre Tochter für perfekt gehalten, ohne Eltern, die ihr sagen konnten, was für ein Mistkerl er war.
Der fragliche Vampir hieß Tony und hatte in einem Wutanfall meine Gouvernante zu Tode gefoltert. Später war ich schließlich groß genug geworden, um zwei und zwei zusammenzuzählen und zu fliehen. Ich hatte Menschen zurückgelassen, entweder bei Tonv oder während ich von Ort zu Ort unterwegs war und versucht hatte, den von Tony ausgeschickten Verfolgern mindestens einen Schritt voraus zu bleiben. Wie auch immer: Früher oder später, wenn ich mich umsah, waren alle verschwunden, die mir etwas bedeuteten. Ich lernte auf die harte Tour, dass es letztendlich für alle besser war, wenn ich auf Abstand achtete.
Belass es beim Oberflächlichen, bleib weit genug entfernt – dann merkt niemand, wenn du weg bist.
»Stimmt was nicht, Dulceatjä?«
»Nein.« Ich schluckte. »Schon gut. Ich wünschte nur…«
»Ja?«
»Ich wünschte, du könntest dir ein paar Tage frei nehmen«, platzte es aus mir heraus.
Mirceas Gesicht wirkte noch immer ernst, aber seine Augen lächelten. »Ich fürchte, derzeit kommt ein Urlaub nicht infrage.«
»Vielleicht gibt es eine andere Möglichkeit für dich, ein wenig Entspannung zu finden.«
Irgendwo tief in Mirceas Augen funkelte es. »Da fällt mir das eine oder andere ein.«
Ich warf ihm einen Blick zu. »Ich meine, vielleicht könntest du dich eine Zeitlang mit anderen Dingen beschäftigen. Abwechslung kann Wunder wirken.«
Die größer werdenden bernsteinfarbenen Flecken in Mirceas braunen Augen schienen das Licht einzufangen und festzuhalten. »Ich bin immer gern zu einem Experiment
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