Unwiderstehlich untot
zu. »Sie können froh sein, dass ich Ihnen nicht auf der Stelle eine Kugel in den Kopf jage«, zischte er. »Niemand würde mir deshalb einen Vorwurf machen, das garantiere ich Ihnen!«
Der Hass in seinem Gesicht wies mich darauf hin, wie nutzlos der Versuch war, ihn auf meine Seite zu ziehen. Ich versuchte nicht mehr, einen potenziellen Freund in ihm zu sehen, sondern einen Feind, und schnitt ein Gesicht, das ihm das Äquivalent eines Mittelfingers zeigte.
Ich hatte es satt, dass mich der Kreis wie Dreck behandelte, nur weil ich nie zu seinen Anwärterinnen für das Amt der Pythia gehört hatte. Na schön, meine Erfolgsbilanz gab nicht viel her, aber angesichts meiner fehlenden Ausbildung hätte sie viel schlimmer aussehen können. Und vielleicht stünde ich etwas besser da, wenn sich der Kreis auch nur ein wenig Mühe gegeben hätte, mit mir zusammenzuarbeiten.
»Du würdest ihr sofort ins Jenseits folgen«, sagte Pritkin.
Liam schnappte nach Luft. »Warum verteidigst du sie?«, fragte er. »Denk nur daran, woher sie kommt! Der Vater ein dunkler Magier, die Mutter eine ruinierte Eingeweihte. Ein Vampir als Elternersatz und ein weiterer als Liebhaber, wenn die Gerüchte stimmen! Siehst du denn nicht, wohin das führt? Öffne die Augen, Mann! Sie hat den Kreis bereits gespalten und dabei geholfen, einen Krieg zu beginnen, und sie sitzt noch nicht einmal zwei Monate auf dem Thron! Was kommt als Nächstes?«
»Sie hat noch gar nicht auf dem Thron gesessen«, erwiderte Pritkin, als sich die beiden Männer langsam umkreisten. »Sie hat ihn noch nicht gesehen, was sie dir und dem Rest des Kreises verdankt.«
»Und sie wird ihn auch nie sehen«, sagte Liam kategorisch. Er sprang Pritkin entgegen, und beide fielen in den Sand.
Unterdessen hatten die Wolken über uns etwas geformt, das nach einem Tornado aussah. Nach einem großen blauen Tornado, der auf seiner Wanderschaft Blitze in alle Richtungen schickte. Er wirbelte und wogte wie von etwas besessen, verwandelte die blauschwarzen Wolken in einen Strudel, aus dem Kraft kam. Hitze ging ebenfalls davon aus – eine Hitze, die mir das Gefühl gab, dass meine Haut gleich zu brennen anfing –, und die Säule des Tornados glühte in einem Licht, das die Wolken durchdrang. Es malte irre, springende Schatten auf die Landschaft und gleißte über die anderen Kriegsmagier, die inzwischen gelandet waren und auf uns zuliefen.
Ich achtete nicht auf sie und beobachtete weiterhin die Wolkensäule des Tornados, die sich etwa anderthalb Kilometer entfernt zuspitzte und immer mehr dem Boden näherte. Etwas zerrte an mir und zog mich fast von den Beinen, obwohl das Ding noch immer ein ganzes Stück entfernt war. »Sollte so etwas möglich sein?«, fragte ich mit wachsender Hysterie.
Beide Männer hielten inne und sahen mich an, und dann waren die anderen Kerle da, und der Kampf ging erst richtig los. Fünf oder sechs stürzten sich auf Pritkin, während ich dastand und beobachtete, wie die ungeheure Energie der Ley-Linie pulsierte – und in den Riss strömte, der sie mit unserer Welt verband. Jemand packte meine Arme und drehte mir sie grob auf den Rücken, aber ich merkte es kaum. Der Tornado, oder was auch immer die Erscheinung war, hatte gerade ein Ziel erreicht, das sich außer Sicht befand. Und dann brannte der Himmel in reinem Weiß.
Mir blieb Zeit genug zu sehen, wie Pritkin das Gesicht abwandte, und für einen Augenblick zeichneten sich deutlich die Knochen unter der Haut ab. Die Büsche und Felsen in seiner Nähe, das abgenutzte Leder seines Mantels – alles trat überdeutlich aus der Nacht, als das weiße Leuchten alle Farben tilgte. Dem Blitz folgte ein Geräusch lauter als ein Donner. Es bohrte sich mir durch die Trommelfelle und hallte im Innern meines Kopfs wider.
Ich kniff die Augen zusammen, aber lautloses weißes Licht brannte sich mir durch die Lider, und unter mir grollte es im Boden. Heißer Wind zerzauste mein Haar, und der Magier, der eben meine Arme gepackt hatte, ließ mich plötzlich los. Ich hob die Hände, um mir damit die Augen abzuschirmen, aber das Licht war schon wieder weg. Nach einem Moment spähte ich vorsichtig zwischen den Fingern hervor und versuchte, etwas zu erkennen, doch für einige lange Sekunden sah ich nur glühendes Rot.
Schließlich hob sich der Dunst und zeigte mir einen schwarzen Himmel mit Sternen – von weißem Schimmern oder tanzenden blauen Flammen war nichts mehr zu sehen. So unglaublich es auch erschien, es war vorbei.
Weitere Kostenlose Bücher