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Unwiderstehlich untot

Unwiderstehlich untot

Titel: Unwiderstehlich untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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zeige Ihnen meine.«
    Die Frau lief rot an. »Wir haben bereits getan, was wir konnten. Gewöhnliche Medizin stößt an ihre Grenzen, wenn der Körper, an dem sie angewendet wird, bereits tot ist!«
    »Dann lassen Sie sich etwas Ungewöhnliches einfallen!«
    Der Streit ging weiter, aber ich hörte nicht mehr hin. Etwas Ungewöhnliches. Das fiel eigentlich in meinen Zuständigkeitsbereich. Ich war diejenige, die Macht geerbt hatte und von der man erwartete, Dinge in Ordnung zu bringen. Aber ich wusste nicht, wie ich das in Ordnung bringen sollte.
    Ich versuchte, mich auf meine Macht zu konzentrieren, doch sie schien bemüht zu sein, sich mir zu entziehen. Das Bemühen, sie herbeizuzwingen, führte zum üblichen Ergebnis: Kopfschmerzen – und die Macht huschte davon wie ein scheues Fohlen. Ich machte mich also daran, alles gründlich zu durchdenken, aber damit kam ich auch nicht weiter.
    Ich konnte in die Vergangenheit springen und Rate warnen, ihn auffordern, sich mit Marlowe und den anderen auf den Weg zu machen. Aber ich bezweifelte, ob er auf mich hören würde – ich kannte ihn besser –, und selbst wenn er meiner Aufforderung nachkam: Es würde nur alle anderen in unserem Wagen zum Tod verurteilen – mit Rafe am Steuer hatten wir es gerade so nach draußen geschafft. Ohne die Reflexe eines Vampirs wären wir sicher nicht aus dem Tunnel gekommen, und außer ihm war kein anderer Vampir zurückgeblieben.
    Es musste doch irgendeine Möglichkeit geben, dachte ich verzweifelt. Etwas, das ich übersehen hatte und…
    Meine Macht schnitt den Gedanken einfach ab. Sie hatte beschlossen, zu mir zurückzukehren, und zwar mit Schmackes. Die improvisierte Klinik verschwand und wich den Bildern einer Vision, die so stark war, dass ich nichts anderes sah.
    Ich wanderte über den rissigen Asphalt einer halb von Wüstenpflanzen überwucherten Straße. Anderen Menschen begegnete ich nicht, aber als ich eine Hügelkuppe erreichte und in die Ferne sah, stellte ich fest, nicht ganz allein zu sein. Die Straße war nicht nur rissig und überwuchert, sondern auch ein Friedhoffür Fahrzeuge.
    Sonnenschein spiegelte sich matt auf den staubigen Karosserien von Pkws, Lastern und SUVs wieder. Sie standen, soweit mein Blick reichte, in langen Reihen, wie bei einem Stau. Zwar handelte es sich bei den meisten Wagen um neuere Modelle, aber irgendwie erweckten sie den Anschein, sich seit fünfzig Jahren nicht mehr bewegt zu haben.
    Ich wollte zwischen den Fahrzeugen gehen, aber sie standen praktisch Stoßstange an Stoßstange, und ich gelangte zu dem Schluss, dass ich auf dem Sand daneben leichter vorankommen würde. Doch als ich die Straße verließ, fühlte sich der Boden komisch an. Er war trocken und hart, doch darauf lag eine Staubschicht, die unter den Sohlen meiner Turnschuhe seltsam knirschte.
    Den Grund dafür begriff ich eine Sekunde zu spät und riss den Fuß zurück. Doch der Knochen, auf den ich ihn gesetzt hatte, war so trocken und spröde, dass er sofort zerfiel. Überall lagen Knochen, wie Muscheln an einem Strand. Ich blickte nach vorn und sah kilometerweit vor mir Sand mit weißen Teilen darin.
    Nach einigen Sekunden setzte ich den Weg durch den Irrgarten aus Autos fort, und diesmal knirschten Glassplitter unter meinen Füßen. Einige der Wagen sahen wie verbrannt aus, aber ihr Muster schien zufallsbestimmt zu sein, nicht das eines Angriffs. Vielleicht hatten einige der Glassplitter hier und dort das Licht der Sonne gebündelt auf ausgelaufenes Benzin gelenkt. Die schwarzen Metallgerippe bildeten dunkle Tupfer in den von Sand und Staub gelben Reihen, wie die Flecken im Fell eines Leoparden.
    Auch die nicht verbrannten Autos waren Wracks. Ansammlungen von Sand und wucherndes Gestrüpp hatten alle Spuren getilgt und ließen nicht erkennen, was hier geschehen war. Gelegentlich stieß ich auf ein Fahrzeug mit intakten Fenstern, aber sie waren so schmutzverkrustet, dass ich nicht erkennen konnte, was sich drinnen befand. Verrostete Angeln blockierten die Türen.
    Ich versuchte es bei sechs oder sieben Wagen, und dann fand ich endlich eine, die ich aufziehen konnte. Ein Schwall schaler Luft wogte mir entgegen wie der Atem eines Grabes, und im Innern des Fahrzeugs bewegte sich etwas. Mit einem erschrockenen Quieken wich ich zurück.
    Eine ausgedörrte Leiche saß am Steuer, von einem in der Sonne ausgebleichten Sicherheitsgurt festgehalten. Das Öffnen der Tür hatte sie bewegt, wodurch sich der Kopf löste und in den Fußraum fiel.

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