Unwiderstehlich untot
meine, das Wenige, das wir tun konnten«, sagte die Heilerin und sprach noch, als Mircea hinter die Wandschirme trat.
Wir wurden nicht noch einmal aufgefordert, den Saal zu verlassen, und wir wurden auch kein weiteres Mal gestört. Trotz des Nebels aus Schmerz, in dem Rafe lag, schien er etwas mitgekriegt zu haben. Er öffnete die Augen einen Spalt breit – ein kleines Funkeln im rohen Fleisch. »Inzwischen sind wir so weit, dass der Vorgang Sie töten könnte«, teilte Mircea ihm mit. »Die Entscheidung liegt bei Ihnen.«
Ich wusste nicht, wovon Mircea sprach, aber Rafe schien ihn zu verstehen. Er erwiderte etwas, das für mich unverständlich blieb. Ich hörte nur ein dumpfes Krächzen und war plötzlich froh, keine Worte darin zu erkennen. Ich wollte nicht wissen, was diese schwachen, gebrochenen Geräusche bedeuteten. Eine Hand ballte sich zu einer schrecklich aussehenden Faust, und Rafe drückte sie grauenhaft fest aufs weiche Bett.
»Dann müssen Sie zum Kampf bereit sein«, sagte Mircea. »Das Leben ist kein Geschenk, Raffael, sondern eine Herausforderung. Stellen Sie sich ihr!«
In Mirceas Augen leuchtete es auf – Mahagoni brannte, verwandelte sich in Gold und Bronze. Vertrau mir, verlangten diese Augen, feurig, stolz und unwiderstehlich. Es war ein Blick, der mich dazu gebracht hätte, dämliche Entscheidungen zu treffen, die unvermeidlich zu Herzschmerz führen mussten. Langsam, fast unmerklich nickte Rafe.
Und Sal zog mich hoch und aus dem abgesperrten Bereich. Ich drehte den Kopf und sah mich von der Familie umgeben. Sal und Alphonse waren da, außerdem Marco, die beiden Sicherheitsleute und Casanova, der es schaffte, gleichzeitig charmant und erschöpft zu wirken.
»Was soll das?« Ich zappelte, als Sal mich zur Tür zog. »Lass mich los! Ich möchte bei Rafe bleiben!« In diesem kurzen Satz stieg meine Stimme um drei Oktaven, was bedeutete, dass ich kurz davor stand, vollkommen auszurasten.
Ich trachtete danach, mich aus Sals Griff zu befreien, was natürlich nicht klappte, und ich hörte ihre Worte, bevor ich auf den Gedanken kam, es mit einem Sprung zu versuchen. »Es ist eine private Angelegenheit«, sagte sie scharf.
»Was ist eine private Angelegenheit? Was geht dort vor?«
»Mircea macht sich daran, Tonys Verbindung mit Raffael zu lösen«, sagte Sal und biss sich auf die Lippe. »Normalerweise wäre das keine große Sache, aber so schwach wie Rafe ist…«
»Wovon redest du da? Welche Rolle spielt es, wer sein Meister ist, wenn sie ihn nicht retten können?«
»Du hast den Krankenpfleger gehört. Der angerichtete Schaden ist so groß, dass sie ihm nicht helfen können, wobei ich glaube, dass sie sich keine besonders große Mühe gaben, bevor wir ihnen Feuer unterm Hintern machten. Vermutlich haben sie einen Blick auf ihn geworfen und ihn abgeschrieben.«
Sal sank auf einen der Stühle, die Alphonse und Marco durch die Tür des Haupteingangs gezogen hatten, und zog mich auf einen anderen. Wir saßen an der Wand, nicht weit vom Eingang entfernt, in einem der wenigen Bereiche, wo keine Feldbetten standen. Dafür leistete uns ein Durcheinander aus medizinischem Gerät Gesellschaft: Rollstühle, Bahren, Infusionsständer und ähnliche Dinge, die derzeit nicht gebraucht wurden. So wie wir.
»Ich begreife einfach nicht, wie ihm ein Wechsel des Meisters helfen soll!« Ich war noch immer aufgebracht und hatte ein seltsam beengtes Gefühl in der Brust, als könnte ich nicht mehr richtig atmen. Alles in mir drängte danach, etwas zu tun.
»Mircea hat Tony gemacht, und Tony machte Rafe«, sagte Sal knapp. »Und das Blut ist das Leben.«
Diese Worte hatte ich oft gehört; bei den Vampiren waren sie eine Art Mantra. Aber mir war nicht klar, welche Bedeutung ihnen hier zukam. »Rafes Blut hilft ihm nicht!«
»Weil es Tony gehört«, sagte Sal langsam, als sei ich schwer von Begriff. »Es hat nicht genug Kraft, um Rafe die Möglichkeit zu geben, so große Verletzungen zu heilen. Aber Mircea ist nicht Tony.«
Alphonse schnaufte. »Das kann man wohl sagen.«
»Unsere Kraft liegt zum einen Teil in unseren Fähigkeiten begründet und zum anderen bei unserem Meister«, erklärte Sal und griff nach einer Zigarette. Dann bemerkte sie zwei Sauerstoffflaschen in der Nähe, verzog kurz das Gesicht und ließ die Zigarette wieder verschwinden. »Je mächtiger der Meister, desto mächtiger seine Diener. Wenn Rafe noch genug Kraft hat, Mirceas Blut zu nehmen und es zur Quelle seines eigenen Lebens zu
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