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Unwiderstehlich untot

Unwiderstehlich untot

Titel: Unwiderstehlich untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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Arm gelegt, aber ich fühlte sie kaum und hörte gar nichts mehr. Die Macht des Meisters füllte mein Gehirn, kroch an den Nervenbahnen entlang und blockierte alles andere. Ich vergaß, was ich gerade gesagt hatte und warum es so wichtig war. In einigen wenigen Sekunden würde ich noch viel mehr vergessen – wo ich mich befand und vielleicht auch, wer ich war –, bis schließlich nur noch eins übrig blieb: der Wille zu gehorchen.
    Halt deine Erinnerungen fest, forderte ich mich auf und bohrte die Fingernägel in die Handballen. Der Schmerz dämpfte die Stimme in meinem Hinterkopf ein wenig. Ich sah in alte, fremde Augen und war zu leer für irgendwelche Spielchen. »Nur zu, zeigen Sie allen Ihre Macht«, brachte ich hervor. »Aber wenn Sie fertig sind, will ich verdammt noch mal, dass eine Krankenschwester hierher kommt.«
    Der Blick hielt mich noch ein oder zwei Sekunden lang fest. Dann blinzelte der Meister und wandte sich ab. Damit verflüchtigte sich die Anspannung, es wurde wieder hell, und ich hatte nicht mehr das Gefühl, gleich zu ersticken. Marco fluchte. Noch immer schmeckte ich Galle, brennend und dunkel, aber ich wusste wieder, wer ich war.
    »Das sollten Sie besser lassen«, sagte Marco zu jemandem und hielt mich gleichzeitig so fest, dass ich nicht fiel. »Sie gehört dem Boss.«
    Der Wächter kniff die Augen zusammen. »Sie ist ein Mensch.« Er wirkte verwirrt und ein wenig angeekelt. »Ich habe nichts davon gehört, dass er…«
    »Ja. Der Meister ist beschäftigt gewesen. Ich bin sicher, früher oder später kommt er dazu, euch offiziell einander vorzustellen. Bis dahin sollten Sie ein wenig vorsichtiger sein, in Ordnung?« Marco zog mich weg von dem verblüfften Wächter und in Richtung Wohnzimmer.
    Wir erreichten den Flur, und ich blieb stehen – ich brauchte einen Moment, um mein Gesicht in Ordnung zu bringen, bevor wir vor die anderen traten. Marco seufzte und sah mich an, die Arme verschränkt, die Stirn gerunzelt. Ich dachte mir: Da er ohnehin sauer war, konnte ich die Gelegenheit nutzen und etwas klarstellen.
    »Hören Sie auf, mich auf diese Weise vorzustellen«, sagte ich ernst. »So von mir zu reden, als wäre ich der Besitz von jemandem…«
    »Es ist die einzige Sache, die einige von ihnen verstehen.«
    »Von wegen. Ich bin am Hof eines Vampirs aufgewachsen; ich kenne das Protokoll, und so etwas gehört nicht dazu.«
    »Sie sind am Hof eines unbedeutenden, an Größenwahn leidenden Ganoven aufgewachsen«, erwiderte Marco. »Sie sollten sich besser an die Tatsache gewöhnen, dass Mirceas Bedienstete älter und traditioneller sind als jene, die Sie während Ihrer Kindheit kennengelernt haben. Und nach dem, was ich bisher von Ihnen weiß, haben Sie keinen blassen Schimmer vom Protokoll.«
    »Ich wollte doch nur, dass sich eine Krankenschwester um Rafe kümmert!«
    »Es geht nicht darum, was Sie sagen, sondern wie Sie es sagen. Mit einem alten Familienmeister redet man nicht wie mit einem ganz neuen Vampir oder einem Menschen.«
    »Ich bin vielen alten Vampiren begegnet!«, sagte ich. »Ich kenne den Senat…«
    »Und wenn Sie nicht mit dem Meister in Verbindung stünden und die Pythia wären…« Marco schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht.«
    »Die Vorurteile anderer Leute sind nicht mein Problem«, stieß ich wütend hervor. Ich fand es unglaublich, dass mir ausgerechnet Marco einen solchen Vortrag hielt. Ein Typ, der sich wie jemand aus Der Pate aufführte, erzählte mir, dass ich mir bessere Manieren zulegen musste?
    »Wenn Sie nicht mehr Respekt lernen, wird man Ihnen Respekt beibringen«, sagte Marco klar und deutlich. »Viele der alten Vampire sind empfindlich. Seit fünf- oder sechshundert Jahren warten sie darauf, den Status der ersten Stufe zu erreichen und als Meister selbst über ihr Schicksal bestimmen zu können. Aber sie warten und warten, und die meisten von ihnen haben eingesehen, dass sich ihr Wunsch nie erfüllen wird.«
    »Was hat das mit allem anderen zu tun?«, fragte ich mit ehrlichem Erstaunen.
    »Einige unserer Vampire haben nicht mit uns begonnen«, sagte Marco. »Manche von ihnen, wie Nicu hier, hatten drei oder vier Meister. Über Jahrhunderte hinweg hat man sie wie Vieh immer wieder verschachert, ohne dass sie Einfluss darauf nehmen konnten, wem sie dienten und was sie tun mussten. Sie hatten überhaupt keine Kontrolle. Alles, was sie haben und jemals haben werden ist Respekt, wegen ihres Alters und ihrer Fähigkeiten. Und wenn sie glauben, dass es Ihnen an

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