Unwiderstehlich untot
merkte plötzlich, dass ich einfach nur dagestanden und ihn angestarrt hatte.
»Wie viel Blut hat Rafe dir genommen?«, entfuhr es mir. Mircea lächelte sanft, aber Marco senkte den Kopf, und Sal lachte. »Was ist?«, fragte ich.
»Es gilt als unhöflich, sich nach dem Wechsel von jemandem zu erkundigen«, verkündete Horatiu, der mit einem Klapptisch und einem beladenen Tablett hereinhinkte. Ich eilte zu ihm, um zu helfen, und nicht nur, weil ein herrlicher Duft von dem Tablett ausging. Doch meine Hilfsbereitschaft brachte mir nur einen finsteren Blick ein. »Setz dich, setz sich! Bist du bei Wölfen aufgewachsen, junge Dame?«
»Bei Tony«, sagte Sal.
»Ah, das läuft aufs Gleiche hinaus«, sagte Horatiu und versuchte, das Tablett gerade zu halten, während er mit dem Klapptisch rang.
»Mach dir nichts draus«, sagte Alphonse und rettete mein Essen, bevor es auf dem Boden landete. »Der alte Tattergreis belehrt mich die ganze Zeit über.« Das war mir kaum ein Trost. Alphonses Vorstellung von guten Manieren bestand darin, die Toten zu begraben.
»Der alte Tattergreis hat dich gehört«, sagte Horatiu scharf.
»Das ist eine echte Neuigkeit«, brummte Alphonse und setzte mir mein Essen auf die Knie.
Erst als ich das Roastbeef-Sandwich roch, merkte ich richtig, wie hungrig ich war. Es hatte gebratene Zwiebeln, Pilze und Paprika, und es kam meiner Vorstellung vom Paradies sehr nahe. Die einzige Sache, die es noch besser gemacht hätte, wären Fritten anstelle des Salathaufens daneben gewesen, aber ich wollte mich nicht beklagen.
Ich machte mich darüber her, und Sal beobachtete mich mit gerunzelter Stirn. Ich brauche nicht lange, um den Grund dafür zu verstehen. Sie achtete viel zu sehr aufs Erscheinungsbild, hatte ich immer gedacht, aber jetzt, da ich die Familie besser kannte, ergab ihre Einstellung mehr Sinn. Sie hatte zwar nicht das Alter und die Macht von Mirceas Meistern, aber sie sollten auf keinen Fall besser angezogen sein als sie.
»Ich sehe so aus, weil mich die Konsulin aus meinem Zimmer warf und jemand meine Sachen stahl«, sagte ich zwischen zwei Bissen.
»Deine Sachen sind hier, wo sie hingehören. Wir konnten nur nicht feststellen, wo du warst, da du es nicht für nötig gehalten hast, jemanden zu informieren.«
»Ihr habt mich verwanzt und wusstet die ganze Zeit, wo ich war!«
»Wir wussten, dass du irgendwo im Hotel warst«, sagte Sal, als sei meine Überwachung gar keine große Sache. »Aber wegen der magischen Interferenzen durch die hiesigen Schutzzauber konnten wir deinen genauen Aufenthaltsort nicht feststellen. Marco fand dich erst, als du das Hotel verlassen hast.«
»Um eine Pizza zu holen«, brummte er. »Ganz allein.«
Mircea schwieg, und sein Gesicht verriet nichts. Das machte mich nervös.
»Es hätte schlimmer sein können«, fuhr Alphonse fort. »Den halben Tag dachten wir, dass es schlimmer war. Der Zauber an dir teilte uns mit, dass du am Leben warst, aber dann brachten sie den Wagen…«
Verdammt. Das hatte ich ganz vergessen. »Ist die Konsulin sehr wütend?«, fragte ich. »Worüber?«
»Wegen ihres Wagens. Ich weiß, dass es sich um ein wertvolles Einzelstück handelte…«
»Es war ein Wagen.« Alphonse zuckte mit den Schultern. »Kein Problem. Aber alle würden gern wissen, wie du überlebt hast.«
»Es ist eine lange Geschichte.«
»Kann ich mir denken. Ich habe das Ding gesehen und hätte gewettet, dass es niemand lebend heraus schaffen konnte. Völlig verbrannt.«
Ich runzelte die Stirn. Mit dem Wagen war eine ganze Menge passiert, aber Feuer gehörte nicht dazu. »Er ist nicht verbrannt. Und selbst wenn er in Flammen aufgegangen wäre – das Wasser hätte ihn vor dem Ausbrennen bewahrt.«
Mircea hob den Kopf und sah mich seltsam an. »Welches Wasser?«
»Das Wasser des Sees. Du weißt schon. Der See, in den wir hineingefallen sind.«
Mircea schwieg einige Sekunden. »Nein, Dulceatjä, das weiß ich nicht. Der Wagen explodierte mitten in der Wüste.«
Für einen Moment kaute ich nur, schluckte und trank einen Schluck Wein. »Er explodierte«, wiederholte ich.
»Wir glauben, dass eine Bombe im Auto versteckt war, für die Konsulin bestimmt. Der Bentley zählte zu ihren Lieblingswagen.«
Der graue Wal, den wir am Grund des Lake Mead zurückgelassen hatten, war ein Packard gewesen. Ich hatte den Namen in großen silbernen Buchstaben am runden Heck gesehen, als er gesunken war. Diese ganze Sache ergab überhaupt keinen Sinn.
»Sie ließ uns wissen,
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