Unwiderstehliches Verlangen
einigen hundert Farmern und ihren Angehörigen im Tiefflug durch brennende Scheunen gejagt. Es war eine anstrengende Woche gewesen, aber danach machte der Veranstalter den Fehler, Charley das Honorar in einer Kneipe auszuhändigen. Am nächsten Tag brachten dann einige Männer Charley nach Hause. Er war so betrunken, daß er nicht mehr stehen konnte. Und er hatte keinen Penny mehr in der Tasche, weil er eine Runde Drinks nach der anderen gegeben hatte. Nein, Jackie hatte in ihrem bisherigen Leben noch keinen verantwortungsbewußten Mann gehabt.
»Sobald Sie bereit sind, bringen Dad und ich Sie nach Denver. Danach sorgen wir dafür, daß Ihre Maschine abgeholt wird.«
»Vielen Dank. Das wäre toll.« Jackie trank ihren Kaffee aus, stand auf und reckte sich. Ob sie wollte oder nicht, sie mußte lächeln. Gestern abend hatte William ihr versprochen, er werde sich um alles kümmern. Und nun war er schon dabei, es wahrzumachen. Er war nicht nur ein verantwortungsbewußter Mann. Er war auch ein Mann, der sein Wort hielt.
Vor vielen Jahren war Eternity eine aufstrebende Kleinstadt an der Straße nach San Francisco gewesen, nicht weit von der großen Stadt Denver entfernt. Ihre Entstehung verdankte die Stadt den Silberminen, die man hier entdeckt hatte. Ihren Einwohnern ging es glänzend. Sie hatten zwar ziemlich überstürzt gebaut, aber dank eines rumänischen Zimmermanns, der dadurch reich geworden war, waren ihre Häuser solide und gut. Es waren nicht die üblichen dünnwandigen Feuerfallen wie in vielen anderen Städten, die schnell aus dem Boden gewachsen und nach einem Jahrzehnt schon wieder zerfallen waren.
Als die Minen erschöpft waren, zogen die meisten Leute wieder weg und überließen die Stadt einem langsamen Tod. Nur in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebte sie noch eine kurze Wiedergeburt, als sich eine junge Frau aus der außergewöhnlich reichen Montgomery-Familie von der Ostküste hier niederließ. Die junge Frau eröffnete ein Bekleidungsgeschäft, das einen solchen Ruf erwarb, daß wohlhabende Kunden aus Hunderten von Kilometern zu ihr strömten. Aber auch das war nicht von Dauer, denn die junge Frau verliebte sich, heiratete, begann Kinder zu bekommen und verlor darüber jegliches Interesse an der Kleiderfabrikation. Das wirkte sich natürlich auch auf die Qualität ihres Geschäfts aus, und der Glanz der Stadt Eternity begann wiederum zu verblassen. Weitere Einwohner zogen weg. Wer blieb, gründete eine Familie und widmete sich dem Kinderkriegen. Alle, die den Ort verließen, verkauften ihr Haus und ihren Grundbesitz an die junge Frau, die einmal versucht hatte, die Stadt wiederzubeleben, bis zuletzt jedes Haus und alles Land in der Umgebung nur einer Familie gehörte: der Familie Montgomery.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebte niemand mehr in der Stadt. Doch die Häuser, die der erfahrene Zimmermann und seine bis zur Erschöpfung fleißigen Mitarbeiter gebaut hatten, boten dem Zahn der Zeit erbitterten Widerstand.
Vor knapp zwei Jahren, nur wenige Tage nach Charleys Tod, hatte Jackie einen Brief von einem Angehörigen der Familie Montgomery erhalten. Darin teilte er ihr mit, daß seine Familie, die jetzt in der nahegelegenen Stadt Chandler in Colorado wohnte, eine Frachtfluglinie von Chandler über Denver nach Los Angeles einrichten wolle. Wenn sie an der Aufgabe interessiert sei, könne sie die Leitung übernehmen. Sie nahm das Angebot sofort an, doch es dauerte immerhin noch ein halbes Jahr, bis sie alle Verpflichtungen erfüllt hatte und nach Chandler umziehen konnte.
Nach Charleys Tod hatte sie sich in ihrem tiefen Kummer kaum Gedanken um ihre Zukunft gemacht. Mit seinem Ableben hatte sie auch einen großen Teil ihres Ehrgeizes eingebüßt. Möglich, daß nur Charleys Lob sie zu immer kühneren Flugkunststücken animiert hatte. Jedenfalls hatte sie nun keine Lust mehr, rund um die Welt zu reisen und vor atemlos zuschauendem Publikum mit dem Kopf nach unten rumzufliegen.
So schrieb sie auch in ihrem Antwortbrief an Mr. Montgomery, daß sie sein Angebot annehme. Sie legte eine Liste all dessen bei, was sie benötigte: einen Flugplatz, eine Halle für vier Maschinen — damals hatte sie noch große Hoffnungen in die Zukunft — und ein bequemes Haus, in dem sie anfänglich zur Miete wohnen konnte, bis sie genügend Geld verdient hatte, um es zu kaufen. Denn es war ihr Traum, ein eigenes Heim zu haben. Einen Platz, den ihr niemand streitig machen konnte.
Nachdem sie diese
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