Unwiderstehliches Verlangen
Mietställen der Stadt waren weitläufige Flugzeughallen mit großen Falltoren geworden. Hier konnten die Maschinen auch bei schlechtem Wetter gewartet werden. Die Schmiede hatte man in eine Maschinenhalle verwandelt, deren funkelnagelneuen Werkzeuge Pete fast Tränen der Rührung in die alten Augen trieben.
Vor den Toren der Stadt aber hatte Mr. Montgomery für Jackie den schönsten Flugplatz bauen lassen, den sie je gesehen hatte. Er hatte tatsächlich keine Kosten gescheut. Und auf dem Feld dahinter standen drei ausgediente Flugzeuge, die ausgeschlachtet werden konnten.
Noch nie im Leben hatte sich Jackie so wohl gefühlt wie in dieser Stadt. Sie lag nahe genug bei Chandler, so daß sie sich nicht isoliert fühlte, und war andererseits weit genug entfernt, um ihr ein Privatleben zu garantieren. Zum erstenmal hatte sie das Gefühl, ein Heim gefunden zu haben.
Als sie zu Mr. Montgomery ging, um ihr Gehalt auszuhandeln, rechnete sie damit, daß die Sache irgendwo einen Haken haben mußte, und war auf eine harte Auseinandersetzung gefaßt. Im Geist hörte sie Charley sagen: »Halt die Ohren steif, Kindchen! Laß dich nicht aufs Kreuz legen! Fordere das höchste Gehalt, das du dir denken kannst! Danach kannst du dir immer noch etwas abhandeln lassen.« Als sie Mr. Montgomery erblickte, den sie von Kind auf kannte, brach ihr trotz aller mutigen Vorsätze der Schweiß aus. Sie wünschte sich so sehr, in dieser hübschen kleinen Geisterstadt wohnen zu dürfen, daß sie noch Geld dazu gezahlt hätte.
Eine halbe Stunde später verließ sie sein Büro wie in Trance. Er hatte ihr dreimal soviel geboten, als sie von ihm verlangen wollte. Dazu noch einen Bonus, wenn sie einen Zweijahresvertrag unterzeichnete. Jetzt würde sie sich endlich anständige Möbel kaufen können. Und viele anderen Dinge, die ihr gehören würden!
Ein Jahr war seitdem vergangen. Sie saß im Wohnzimmer ihres hübschen Hauses beim Tee mit Terri Pelman.
»Was in aller Welt ist mit dir los?« fragte Terri, als ihre Freundin mit dem Teetablett in den Händen in das prachtvoll ausgestattete Zimmer kam. Im vergangenen Jahr hatte Jackie jeden Cent, den sie verdient hatte, dafür ausgegeben, um das Haus zu verschönern. Sie hatte sich bequeme Polstermöbel, eine moosgrün und rot gemusterte Couch, eine Kelimbrücke, einen Mahagonischreibtisch und zahlreiche antike Gegenstände angeschafft.
»Nichts ist los«, erwiderte Jackie und stellte das Tablett mit der schönen Teekanne und den hübschen Tassen auf dem Tisch vor dem Sofa ab. Keiner von Jackies Bekannten hatte geahnt, wie sehr es sie nach hübschen Gegenständen verlangte. Mit Charley hatte sie immer von der Hand in den Mund gelebt. Charley war ja der Ansicht gewesen, daß Besitz einen Menschen erniedrige. »Alles ist in bester Ordnung.«
»Mich kannst du nicht anlügen, Jacqueline O’Neill. Ich bin keine Journalistin, der du etwas vormachen kannst. Ich kenne dich, solange ich denken kann. Irgendwas hat sich bei dir verändert.«
Lächelnd ließ sich Jackie auf einem Sessel nieder, der einen mit Blumen und Famen bedruckten Schonbezug aus Baumwolle trug. An ihrem Tee nippend, betrachtete sie ihre Freundin. Sie waren gleichaltrig, beide achtunddreißig. Doch wer sie zusammen sah, wäre nie auf diese Idee gekommen. Nach dem Abgang von der High-School war Jackie davongegangen und hatte alle Winkel und Ecken der Welt kennengelemt, während Terri schon am Tag danach ihren Freund geheiratet hatte. Sie bekam drei Kinder in ebenso viel Jahren, aus denen inzwischen große, kräftige Burschen von neunzehn, achtzehn und siebzehn Jahren geworden waren. Mit jedem Kind hatte Terri zugenommen und sich irgendwann damit abgefunden, schon eine alte Frau zu sein. Wenn Jackie ihr vorwarf, daß sie nicht auf ihr Äußeres achte, pflegte Terri zu erwidern: »Die Kinder und Ralph achten nur darauf, was ich ihnen auf den Tisch stelle. Was ich dabei anhabe, ist ihnen egal. Ich könnte wie Jean Harlow aussehen, und sie würden es nicht einmal bemerken.«
»Los, komm, erzähl es mir!« drängte Terri schweratmend, mit vor Neugier weit aufgerissenen Augen. »Du hast einen Mann kennengelernt! Das ist es, nicht wahr? Wir Frauen sind doch so dumm, daß wir uns immer wieder verlieben, auch wenn wir schon ewig verheiratet sind. Und wen selbst die Ehe nicht von der Liebe kuriert, dem ist nicht mehr zu helfen. Also, wie sieht er aus? Wo hast du ihn kennengelemt?«
Jackie hätte ihr gern von William erzählt, wollte sich aber vor
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