Unwiderstehliches Verlangen
bißchen Ordnung geschaffen.«
Jackie sprang auf und riß die Schubfächer der Küchenschränke auf. Sie war so stolz darauf gewesen, in ein Haus einzuziehen, das ihr gehörte, und hatte alle Sachen mit Bedacht eingeordnet. Gegenstände, die sie beim Kochen brauchte, kamen in ein Regal am Herd. Gegenstände, die sie beim Abwaschen brauchte, kamen neben das Abwaschbecken. Was öfter gebraucht wurde, stand vorn in den Regalen. Was sie seltener benutzte, wie zum Beispiel den Eierschneider, wurde weiter nach hinten gestellt.
William hatte alles umgeräumt. Wo bisher ein kreatives, freundliches Durcheinander geherrscht hatte, war nun militärische Ordnung eingekehrt. Sämtliche Löffel, bisher überall in der Küche verteilt, lagen jetzt, sorgfältig nach Größe und Material geordnet, in einem Fach. Hier Holzlöffel, da Emaillelöffel, dort rostfreie Stahllöffel. Ohne Rücksicht darauf, daß sie bestimmte Löffel zum Kochen verwendete, andere zum Färben von Socken und wieder andere zum Herausfischen von Haaren aus dem Abflußsieb. Jetzt lagen sie alle beieinander. Das gleiche mit den Messern: Das Schnitzmesser lag neben dem Brotmesser. Die Blumen- und Kräutertöpfe auf der Fensterbank waren der Größe nach aufgestellt, so daß sie an einen Satz russischer Puppen in der Puppe erinnerten. Da standen duftende Geranien neben Küchenkräutern, so daß sie in Zukunft immer erst die Etiketten lesen mußte, wenn sie nur mal ein Sträußchen Basilikum brauchte.
Was er sich damit herausgenommen hatte, war, milde ausgedrückt, im höchsten Grade ärgerlich. Es würde Stunden dauern, alle Regale wieder in den alten Zustand zu versetzen. Auf der Stelle würde sie ihm zeigen, was sie von seiner männlichen Arroganz hielt. Von wegen, er wüßte besser zu organisieren als sie! Nur sie hatte das Recht, ihr persönliches Eigentum nach eigenem Gutdünken einzuordnen!
Mit einem hinterhältigen Lächeln öffnete sie ein Fach nach dem anderen und brachte mit der gesunden Hand den Inhalt völlig durcheinander.
Beim dritten Fach sprang William mit Zornesfalten auf der Stirn auf. »Das machst du nur aus Trotz! Dabei weißt du selber, daß eine ordentlich organisierte Küche die Arbeit erleichtert. Übrigens auch ein ordentlich eingeteilter Tagesablauf. So wie ich alles eingeräumt habe, kann man selbst als Blinder jeden Gegenstand finden.«
»Ich bin aber nicht blind.«
Sie zog das vierte Fach auf. William packte ihre Hand. »Hör damit auf!« Sie wollte ihm die Hand entreißen, aber er hielt sie fest und zog Jackie an sich.
»Es gibt keine Entschuldigung für Unordnung!« sagte William scharf. Jackie fing an zu lachen. Er wurde davon angesteckt, beharrte aber weiter auf seinem Standpunkt. »Ich lasse nicht zu, daß du alles wieder auseinanderreißt«, sagte er. »Du hast ja keine Ahnung, wie lange ich gebraucht habe, um alle Sachen gut sortiert in die verschiedenen Fächer und Regale zu legen.«
»Nicht so lange, wie ich gebraucht habe, sie nach meiner Manier einzusortieren.« Innerhalb von Sekunden entwickelte sich ihre Diskussion zu einem spielerischen Handgemenge. Immer wenn sie nach einem Schubfach griff, zog er ihre Hand zurück.
»Du bist ein Idiot, weißt du das?« sagte sie lachend, während sie ihre Hand zu befreien suchte. »Deine Ordnung ist mir viel zu dumm. Ich lege die Sachen dorthin, wo ich sie brauche.«
»Da kann ich nur lachen! Zu Anfang mag es ja so gewesen sein. Aber jetzt legst du sie einfach immer da ab, wo du gerade stehst. Neunundneunzig Prozent von allem lag in einem Regal, und zwar in dem neben dem Spülbecken, weil du es dort nach dem Abwaschen rausgenommen hast. Deine Ordnung ist Faulheit.«
Damit hatte er wohl nicht ganz unrecht. Na und? Es ist ausgesprochen blöd, dachte sie, wenn mich jemand so gut kennt, daß er meine Fehler sieht. Viel angenehmer wäre es, wenn er mich für vollkommen hielte.
»Laß mich los!« sagte sie und kämpfte mit ihm. Auf einmal lag sie in seinen Armen und konnte sich nicht mehr rühren.
»Das hab’ ich gern«, sagte er und schnupperte an ihrem Hals. »Du riechst gut. Wie nach Parfüm zum Träumen.«
»Wonach?«
William war schon dabei, ihren Hals zu küssen. Seine Hände lagen auf ihrem Rücken, nur von dem dünnen Stoff des Bademantels, unter dem sie den leichten Pyjama trug, von ihrer Haut getrennt.
»Ich... ich glaube, es ist besser, du hörst damit auf.« Sie hatte den Kopf zurückgelegt und die Augen geschlossen. Ich muß ihm Einhalt gebieten, dachte sie. Aber
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