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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Soviel bleibt, ich schwanke nach wie vor hin und her, was ich eigentlich daraus machen soll. Manchmal glaub ich in meiner Annahme raffiniertester Komödianterei ganz sicher zu sein; dann aber seh ich wieder hohe Mienen, vollkommene ›Airs‹, und wenn ich auch sehr wohl weiß, daß man hohe Mienen aufsetzen kann, so bringen sie mich doch immer wieder ins Unsichere. Da gibt es beispielsweise eine wundervolle Geschichte von dem Kaiser von Siam, mit märchenhaften Huldigungen und Geschenken und sogar einer prachtvollen Perlenschnur. Ist das nun Wahrheit oder Lüge? Vielleicht ist es Größenwahn. Die Tochter ist sicherlich eine sehr schöne Person, und wer um seiner Schönheit willen, wie ich nicht zweifle, gelegentlich große Triumphe feiert und dann doch auch wieder stillsitzen und brüten und abwarten muß, der spinnt sich in seiner Einsamkeit seine Triumphe leicht weiter aus, und da haben wir denn einen Kaiser von Siam mit Perlenschnur und Elefanten, wir wissen nicht wie.«
    Pentz lächelte vor sich hin, aber schwieg weiter, weil er wohl sah, daß Holk, mit dem, was er sagen wollte, noch nicht voll am Ende war. Dieser fuhr denn auch weiter fort: »So kann denn alles Halluzination sein, Ausgeburt einer erhitzten Phantasie. Wenn ich dann aber an das Augenaufleuchten und Kichern, was beides gelegentlich vorkommt, und zugleich an die Worte denke, die Sie gleich den ersten Abend bei Vincent gegen mich äußerten, Bemerkungen, in denen so was von ›Sicherheitsbehörde‹ vorkam, so kommt mir, ehrlich gestanden, ein leiser Märchengrusel. Und wenn es bloß Märchengrusel wäre, nein, eine richtige Angst und Sorge. Denn, lieber Pentz, was heißt Sicherheitsbehörde? Sicherheitsbehörde heißt doch einfach Polizei, deren geschickteste und dienstbeflissenste Mitglieder mitunter Mitglieder einer unsichtbaren politischen Loge sind. Und das macht mir einigermaßen Herzensbeklemmungen. Ist da wirklich was von Beziehungen zwischen einem Sicherheitsassessor und der Tochter oder gar zwischen dem Polizeichef selbst und der Mutter – denn auch das kommt vor, und Polizeichefs sind unberechenbar in ihrem Geschmack –, so bin ich da bei dieser Hansensippe nicht viel anders untergebracht als in einer Spelunke. Daß Goldleisten und türkische Teppiche da sind und Mutter und Tochter einen Tee zubereiten, der, weit über Siam hinaus, direkt aus dem himmlischen Reich kommen könnte, kann mich für die Dauer nicht trösten. Es schien mir auch, als ob die Prinzessin, wie sie den Namen der Frau Hansen hörte, nicht gerade erbaulich dreinblickte. Kurzum, was ist es damit? Und nun heraus mit der Sprache.«
    Pentz, mit seinem Sherryglase leise anklingend, lachte herzlich und sagte dann: »Ich will Ihnen was sagen, Holk, Sie sind bis über die Ohren in diese schöne Person verliebt, und weil Sie sich vor ihr fürchten oder, was dasselbe ist, sich persönlich nicht recht trauen, so wünschen Sie, daß ich Ihnen eine furchtbare Geschichte zum besten gebe, die Sie jederzeit als Sicherheitsvademekum aus der Tasche holen und wie einen Schirm zwischen sich und der schönen Frau Hansen aufrichten können. Mit solch furchtbarer Geschichte kann ich Ihnen aber beim besten Willen nicht dienen. Und bedenken Sie, wie würd ich es, als Sie vor zwei Jahren das erste Mal, auf meine Empfehlung hin, bei der Frau Hansen Wohnung nahmen, wie würd ich es gewagt haben, Sie, den Grafen Holk und Kammerherrn unserer Prinzessin, in einer Chambre garnie unterzubringen, für die Sie, frisch, fromm und frei, das Wort ›Spelunke‹ dem Sprachschatz deutscher Nation entnommen haben...«
    »Sie dürfen nicht empfindlich werden, Pentz. Um so weniger, als Sie mit Ihren Anspielungen eigentlich schuld an meinem Argwohn sind. Warum sprachen Sie von ›Sicherheitsbehörde‹?«
    »Weil es sich so verhält. Warum soll ich nicht von Sicherheitsbehörde sprechen? Warum soll ein Mitglied dieser Behörde die schöne Frau Brigitte nicht ebenso schön finden, wie Sie sie finden? Er ist vielleicht ein Vetter von ihr oder auch von der Alten, der ich beiläufig noch weniger traue als der Jüngeren...«
    Holk nickte zustimmend.
    »Im übrigen dürfen Sie sich über dies und vieles andere nicht den Kopf zerbrechen. Das ist so Kopenhagensch, das war hier immer so; schon vor dreihundert Jahren hatten wir die Düveke-Geschichte, Mutter und Tochter, und ob nun Hansen oder Düveke, macht keinen rechten Unterschied. Beiläufig, daß Düveke nicht Name, sondern bloß Epitheton ornans war, werden Sie

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