Unzaehmbares Verlangen
Krankenhaus genau angesehen. Alle medizinischen Geräte sind auf dem. neuesten Stand. Die Ärzte dort sind auf alle Schwierigkeiten, die sich ergeben könnten, bestens vorbereitet.«
»Dann wirst du Matthew Christopher also nicht mit Hilfe einer Hebamme zu Hause bekommen?« Letty bedauerte
ihre scherzhafte Bemerkung sofort, nachdem sie sie ausgesprochen hatte.
Stephanie sah sie entsetzt an. »Meine Güte, nein. Dieses Baby wird die beste und fortschrittlichste Betreuung haben, die es auf der Welt gibt.«
Das erstaunte Letty nicht im geringsten. Sie fragte sich, was Matthew Christopher wohl dazu sagen würde, wenn er wüßte, wieviel Geld und Zeit investiert wurde, um ihm eine Geburt Erster Klasse zu bieten.
Morgan kam mit einer Tasse Kaffee in der Hand herein. »Bist du fertig mit deiner Meditation, Liebes?«
»Ja.« Stephanie ließ sich von Morgan auf die Beine helfen. »Es ist schon drei Uhr - Zeit für meine Proteine.«
»Sollen wir einen kleinen Spaziergang machen, während Stephanie ihre Zwischenmahlzeit zu sich nimmt?« Morgan sah Letty fragend an.
»Sehr gern«, erwiderte Letty lächelnd. Sie war erleichtert, für kurze Zeit aus dem Haus zu kommen. Stephanies übertriebener Sinn für Ordnung und geregelte Lebensplanung ging ihr ein wenig auf die Nerven.
Zum ersten Mal, seit sie zu Großonkel Charlies Beerdigung angereist war, hatte sie Gelegenheit, allein mit ihrem Vater zu sprechen. Sie freute sich darauf, ihn eine Weile nur für sich zu haben. Es erinnerte sie an die Zeit, bevor Morgan die verhängnisvolle Reise nach Seattle angetreten hatte. Das war nun schon zwei Jahre her.
Er war zu einer akademischen Konferenz zum Thema Logik bei Sprachstudien gebeten worden, und Letty hatte sich darüber sehr gefreut, weil sie sich große Sorgen um ihren Vater machte. Seit dem Tod ihrer Mutter schien er plötzlich rasch zu altern und keinen Lebensmut mehr zu haben.
Nach Seattle hatte sich das schlagartig geändert. Letty freute sich, daß er anscheinend seinen Lebensmut wiedergefunden hatte, war aber sehr überrascht, als er ihr mitteilte, er werde eine Stellung am Ridgemore College annehmen.
Drei Monate später fiel sie aus allen Wolken, denn Morgan erzählte ihr am Telefon, daß er wieder heiraten wolle.
Und jetzt war ein Baby unterwegs.
Hätte sie sich mit Stephanie besser verstanden, wäre es ihr wohl leichter gefallen, sich damit abzufinden. Aber Stephanie war so unnahbar wie eine Amazone und hatte keinerlei Ähnlichkeit mit Lettys Mutter.
Mary Thornquist war die perfekte Ehefrau gewesen -warmherzig, offen und charmant. Sie hatte zwar keinen Doktortitel vorzuweisen gehabt und auch nie beeindruckende Artikel geschrieben, aber eine Begabung dafür besessen, ein gemütliches Heim zu schaffen. Außerdem hatte sie genau gewußt, wie sie mit Morgan umgehen mußte, wenn er sich einmal steif oder wichtigtuerisch verhielt. Im Haus der Thornquist war oft und herzlich gelacht worden.
»Wie gefällt dir Ridgemoor?« fragte Letty ihren Vater, während sie langsam die Straße entlanggingen, auf der sich Joel in der Nacht abgekühlt hatte.
»Sehr gut. Ich muß nicht allzu viele Vorlesungen halten, sitze in einem Büro mit einem großen Fenster und habe viel Zeit, um an meinen Abhandlungen zu schreiben. Und es gibt glücklicherweise am Freitagnachmittag keine obligatorischen Treffen, bei denen man gemeinsam ein Glas Sherry trinkt.«
»Ich weiß, daß du so etwas noch nie leiden konntest.«
Morgan lächelte. »Ich hatte einfach die Nase voll von Eliteuniversitäten und zum Aussterben verurteilten Traditionen. Ich denke, dir geht es ebenso. Es tut mir leid, daß Dixon so ein Mistkerl ist - aber ich bin froh, daß du das noch rechtzeitig vor der Hochzeit herausgefunden hast.«
»Ja, ich auch.«
Morgan schwieg einen Augenblick. »Hast du ihn wirklich in seinem Büro überrascht, während er...«, fuhr er dann fort.
»Bitte sprich es nicht aus«, murmelte Letty verlegen, und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. »Ja. Ich wünschte nur, ich hätte Joel Blackstone nichts davon erzählt. Was ist nur letzte Nacht in mich gefahren?«
»Du brauchtest wahrscheinlich jemanden, mit dem du darüber sprechen konntest. In Vellacott hast du dich sicher niemandem anvertraut.«
»Nein. Das ist keine Sache, die man gern mit seinen Kollegen bespricht. Ich habe keine Ahnung, warum ich es ausgerechnet Joel Blackstone gesagt habe. Wahrscheinlich war ich mitten in der Nacht einfach zu müde, um richtig nachzudenken. Auf
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