Unzaehmbares Verlangen

bringen. Du bist auf der Suche nach Abenteuern und Leidenschaft. Dieses Unternehmen soll dir dabei helfen.«
    Letty warf ihm einen entsetzten Blick zu. »Das stimmt nicht, Joel.«
    »O doch. Verdammt, leugne es nicht. Wir wissen doch beide, daß du Thornquist Gear übernommen hast, weil dich dein Leben in Indiana gelangweilt hat.«
    Letty hatte plötzlich ein unangenehmes Gefühl im Magen. »Ich möchte dich etwas fragen, Joel.«
    »Nur zu. Du bist der Boß«, sagte er sarkastisch.
    Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich möchte wissen, warum du gestern zum Abendessen zu mir gekommen bist.« Sie überlegte kurz und fuhr dann fort. »Hast du mich nur geküßt und mich in dem Glauben gelassen, du wärst an einer Beziehung mit mir interessiert, weil du dachtest, du könntest so Kontrolle über mich ausüben?«
    »Meine Güte«, murmelte Joel und drehte sich um.
    »Ich muß das wissen, Joel. War es nur ein weiterer Schachzug? Vergleichbar mit den Anweisungen, die du meinem Sekretär gegeben hast? Wenn ja, muß ich dir leider sagen, daß das bei mir nicht funktioniert.«
    »Ach, wirklich?« Er warf ihr über die Schulter einen eisigen Blick zu.
    »Ja. Frag Philip, wenn du mir nicht glaubst.« Letty stand rasch auf. Sie befürchtete, jeden Moment in Tränen auszubrechen, wollte sich aber vor Joel keine Blöße geben.
    Als sie zur Tür ging, lief Joel ihr nach und packte sie am Arm. »Was, zum Teufel, soll das heißen?«
    »Vergiß es.« Sie wünschte, sie hätte dieses Thema nicht angeschnitten.
    »Du wirst das Büro nicht verlassen, bevor du mir diese Bemerkung erklärt hast.«
    Letty schob ihre Brille zurecht und sah ihn an. »Ich meinte es genauso, wie ich es sagte. Auf diesem Gebiet bin ich nicht sehr empfänglich. Sex gehört nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.« Sie spürte, wie ihre Wangen sich röteten.
    Joel warf ihr einen ungläubigen Blick zu. »Und das soll ich glauben? Nach dem Kuß gestern abend?«
    »Ich behaupte ja nicht, daß ich daran nicht interessiert bin«, erklärte sie steif. »Aber ich finde, die ganze Sache wird ziemlich überbewertet. Das heißt, es wird dir nichts nützen, mit deinem Boß zu schlafen, Mr. Blackstone. Das solltest du wissen.«
    »Danke für den Hinweis. Ich werde daran denken.«
    Letty fühlte sich jetzt besser - stärker. Sie wußte, daß sie nicht anfangen würde zu weinen. »Du solltest dir auch darüber im klaren sein, daß sich hier in der Firma einiges ändern wird.«
    »Ach, wirklich?«
    »Ja.«
    Letty straffte die Schultern, ging zum Schreibtisch und nahm den Computerausdruck in die Hand, den sie mitgebracht hatte. »Ab sofort möchte ich über alles informiert werden. Und als erstes möchte ich wissen, warum Thornquist Gear einundfünfzig Prozent einer Firma mit dem Namen Copeland Marine Industries besitzt, die kurz vor der Pleite steht.«

6
    Er haßte diese Stadt. Wie sehr, hatte er erst heute begriffen.
    Vor fünfzehn Jahren hatte er Echo Cove verlassen und war seitdem nicht mehr hier gewesen. Soweit er feststellen konnte, hatte sich nicht viel verändert.
    Echo Cove war immer noch Victor Copelands Königreich.
    Während er seine Krawatte band, hörte er Letty im Nebenzimmer herumlaufen. Wahrscheinlich zog sie gerade eines der geschäftsmäßig aussehenden Kostüme an, die bei ihr schon nach kurzer Zeit unglaubliche Knitterfalten aufwiesen.
    Es war allein ihre Schuld, daß er sich jetzt in diesem verdammten Motelzimmer zum Dinner mit Victor Copeland umzog. Letty hatte das sorgfältig vorbereitete Feuerwerk vorzeitig gezündet, und Joel mußte achtgeben, daß es nun nicht in seinen Händen explodierte.
    Er verzog das Gesicht, als er an die Szene in seinem Büro dachte.
    »Warum besitzt Thornquist Gear einundfünfzig Prozent von Copeland Marine Industries?« hatte sie gefragt.
    Natürlich hatte Joel diese Frage erwartet. Es war unvermeidlich, daß Letty früher oder später davon erfuhr und neugierig wurde.
    Leider war Joel genau an diesem Morgen vor zwei Tagen nicht genügend vorbereitet gewesen. Erst hatte sie ihm an den Kopf geworfen, sie würde es ab sofort nicht mehr dulden, daß er ihrem Sekretär Befehle erteilte. Dann hatte sie ihn auch noch bezichtigt, sie mit Sex manipulieren zu wollen.
    Während er noch darüber nachdachte, was Letty mit ihren Bemerkungen gemeint hatte, sprach sie schon das Thema Copeland Marine Industries an.
    Joel versuchte, sich an die vorbereitete Antwort zu erinnern. »Copeland Marine Industries ist eine kleine