Unzertrennlich
sie den Schlüssel im Schloss drehte. Während sie die Tür öffnete, sagte sie so freundlich wie möglich: »Ich öffne erst um 18Uhr.«
»Hallo, Marleen.«
Die braunen Augen unter den blonden Ponyfransen, das schiefe, etwas verlegene Lächeln, die Stimme, Marleen kramte in ihren Erinnerungen.
»Ich habe deinen Brief bekommen.«
Bei Marleen fiel der Groschen. »Dani! Meine Güte, ich habe dich gar nicht erkannt. Warst du immer schon so schön?«
Sie trat zur Seite, um Dani hereinzulassen, und griff dabei nach ihrer Hand.
»Erst mal hallo, ich habe dich noch nicht mal begrüßt. Das ist ja eine Art, Briefe zu beantworten. Wie kommst du denn hierher?«
»Ich musste sowieso nach Cuxhaven, meine Mutter hat morgen Geburtstag. Meine Eltern leben ja immer noch hier. Gestern Abend beim Packen hatte ich die Idee, früher zu fahren und dir den Fragebogen selbst zu geben. Außerdem bin ich neugierig und wollte mal hören, was das eigentlich für eine Suche ist. Ich weiß ja nur das, was du mir geschrieben hast.«
Marleen schob Dani in den Gastraum. »Setz dich und sag mir erst, was du trinken willst.«
»Och, das ist egal, was hast du denn da?«
Marleen ging hinter den Tresen und lachte. »Ich habe eine Kneipe, also habe ich alles. Was möchtest du also?«
Dani musste auch lachen. »Stimmt. Ich möchte einen Kaffee, bitte.«
Während Marleen die Kaffeemaschine bediente, sah Dani sich in dem Raum um.
»Es ist schön hier. Seit wann hast du dieses Lokal? Hast du nicht damals in einem Hotel gearbeitet?«
»Wann damals?« Marleen füllte Kekse in eine kleine Schale.
»Als Christine geheiratet hat.«
»Ach so, das ist ja schon fünfzehn Jahre her. Stimmt, da war ich noch im Hotel. Ich habe dieses Lokal vor fünf Jahren zusammen mit einem Freund gekauft. Damals war es noch ein Landcafé, das nur am Wochenende geöffnet hatte. Wir haben es renoviert, einen neue Küche eingebaut, einen Koch angestellt und danach wie die Blöden gerackert. Aber es hat sich gelohnt. Es läuft ganz gut.«
Sie kam mit den Kaffeetassen und der Keksschale an den Tisch und setzte sich Dani gegenüber.
»Du und dein Auto, ihr seht aber auch nach flotter Karriere aus. Damals warst du gerade mit deinem Studium fertig und suchtest noch einen Job. Das hat anscheinend geklappt.«
»Ja, das hat ganz gut geklappt. Ich habe damals in einer kleinen Software-Firma in Bremen angefangen, die nach drei Jahren von einer großen Berliner Firma aufgekauft wurde. Ich konnte mit nach Berlin gehen und habe dann richtig Glück gehabt. Jetzt bin ich Personalchefin.«
Marleen pfiff anerkennend. Dani winkte ab.
»Das klingt alles aufregender, als es ist. Es ist ein Haufen Arbeit, aber das Gehalt stimmt und es macht mir auch noch Spaß. Dafür kriege ich mein Privatleben nicht auf die Reihe. Na ja.«
Marleen lachte. »Ich glaube, Christine hat diesen Satz vor kurzem auch gesagt. Ihr habt doch noch einiges gemeinsam.«
Dani sah neugierig hoch. »Ja, komm, erzähl mal. Ich habe seit, warte mal, seit fast acht Jahren nichts mehr von Christine gehört. Nach ihrer Hochzeit gab es noch ab und zu Anrufe, dann haben Bernd und sie das Haus gekauft. Eine Umzugskarte habe ich noch bekommen, dann war Schluss. Vor fünf Jahren hat sie noch die Karte mit der neuen Adresse aus Hamburg geschickt. Und danach war absolute Funkstille.«
»Hast du dich denn mal bei ihr gemeldet?«
Dani lächelte verlegen und wischte unsichtbare Krümel von der Tischplatte.
»Eigentlich nicht… also, nein, ich habe mich nicht gemeldet. Ich wusste auch gar nicht, dass sie getrennt ist, ich sah sie die ganze Zeit mit Bernd glücklich auf dem Sofa sitzen und dachte, dass sie mein Privatchaos nicht mehr verstehen kann. Und irgendwann ist der Zeitpunkt vorbei, an dem man sich einfach so wieder melden kann.«
Marleen hob die Augenbrauen. »Mit Bernd glücklich auf dem Sofa? Da hast du wirklich nicht viel mitbekommen. Und woher hast du dann von der Trennung erfahren?«
»Das war eine völlig absurde Situation.« Dani schüttelte den Kopf. »Ich war letztes Jahr mit meiner Schwester hier auf dem Altstadtfest. Plötzlich stand Bernd vor mir und hat sich wie ein Irrer gefreut, mich zu sehen. Als ich nach Christine fragte, sagte er, sie sei in Hamburg. Da habe ich mir noch gar nichts gedacht. Bis er anfing, mich anzubaggern. Er hätte mich immer schon toll gefunden, ob wir uns nicht mal treffen wollten. Ich dachte, ich spinne. Auf einmal schoss Antje wie eine Furie dazwischen und benahm sich wie eine
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