Unzertrennlich
war nervig gewesen, deshalb brauchte sie viele Blumen. Der Blumenverkäufer hatte bereits zwei Sträuße für sie eingepackt, hinter ihr standen fünf Leute, langsam wurde er bei Christines verträumtem, vor allen Dingen unentschiedenem Blick ungeduldig.
»So, jetzt nehmen Sie noch einen Bund Rosen dazu, dann kriegen Sie alles für 15Euro.«
Er wickelte den Strauß ein, reichte ihr das Blumenpaket und streckte gleichzeitig die andere Hand aus. Christine fühlte sich zwar gehetzt, wollte aber keine Diskussionen. Sie drückte ihm die beiden Scheine in die Hand und machte sich mit ihren drei Sträußen auf den Heimweg. Sie hätte vielleicht doch lieber weiße Lilien gehabt, sie traute sich aber nicht wieder zurück. Außerdem war die Schlange zu lang.
Sie überlegte, ob sie zur Feier des Tages noch einen Kaffee trinken gehen sollte. Oder einen Wein beim Italiener, es war ja schon mittags. Aber die Blumen mussten ins Wasser. Also doch erst nach Hause. Obwohl, bei den Preisen sollten sie es eine Stunde trocken aushalten. An der Fußgängerampel, die Rot zeigte, blieb Christine stehen und sah zur anderen Straßenseite hinüber. Vor dem Italiener standen Stühle und Tische auf dem Bürgersteig, zwei Tische waren noch frei. Also Wein.
»Christine, warte.«
Die Ampel sprang auf Grün, gegenüber setzten sich zwei junge Männer an einen der freien Tische. Dann wurde die Ampel wieder Rot.
Christine drehte sich um. Atemlos kam Ruth auf sie zu.
»Ich habe schon zweimal gerufen, ich dachte schon, du hörst mich nicht.«
Sie hatte eine Stimme wie ein Reibeisen, hustete und schob sich ihre Sonnenbrille auf den Kopf. Die Ampel war wieder Grün, der Tisch war noch frei, Christine verlor keine Zeit.
»Komm schnell, da drüben ist ein Tisch frei, ich will was trinken.« Sie erreichte den Tisch mit einem kleinen Endspurt, ein paar Sekunden vor zwei anderen Frauen, die dasselbe Ziel gehabt hatten. Christines Blumen lagen schneller auf dem Stuhl als die Kartoffeltüte der Konkurrenz. Die Tütenbesitzerin nahm ihre Kartoffeln wieder weg, warf Christine einen zornigen Blick zu, bevor sie sich zu ihrer Begleiterin umwandte.
»Dann gehen wir eben rein, hier draußen ist es sowieso zu laut.«
Christine setzte sich lächelnd und wartete auf Ruth, die die beiden Gegnerinnen erst passieren lassen musste.
»Sag mal, ist das der einzige freie Tisch in der Gegend?«
»Nein, aber meine Entscheidung für ihn war bereits unabhängig von dir gefallen und deshalb nicht mehr zu ändern.« Sie sah Ruth an, die sich schwer atmend auf den Stuhl fallen ließ.
»Was machst du eigentlich hier?«
Ruth knöpfte sich ihre Jacke auf, fuhr sich mit den Händen durch die Haare und rückte ihre Sonnenbrille zurecht. Sie wirkte hektisch und angestrengt.
»Ich hatte einen Termin.«
»Aha.« Zweisilbige Antworten geben dem Gegenüber das Gefühl, dass man ihn nicht ganz ernst nimmt, aber trotzdem zuhört. Das hatte Christine mal in einem Seminar gelernt. Sie blätterte schnell in der Karte, als sie den Kellner auf den Tisch zukommen sah.
»Hallo, ich möchte ein Glas Rotwein und ein Wasser. Und du, Ruth?«
»Dasselbe.«
Christine hatte damit gerechnet, dass Ruth sich die Weine aufzählen ließ. Eine so schnelle Bestellung war für sie ungewöhnlich. Irgendetwas an Ruth war anders, Christine fiel das Mittagessen mit Gabi ein, die etwas von einem Liebhaber erzählt hatte. Sie hatten sich seit Wochen nicht gesehen. Ruth hatte vorgeschlagen, die Kolumnen in der ›Kult‹ auszusetzen, und Christine war für den Vorschlag dankbar gewesen.
»Deine ›Zickenkrieg‹-Kolumne in der ›Femme‹ hat mir übrigens gut gefallen. Ellen Wagner ist richtig begeistert von eurer Zusammenarbeit, ich habe sie neulich getroffen.«
»Es macht auch Spaß und Ellen als Chefin finde ich klasse. Aber ich brauche mehr Zeit, als ich dachte.«
»Na ja, das kriegst du bestimmt irgendwie hin.«
Christine hatte nicht den Eindruck, dass das Ruth wirklich interessierte.
»Hast du bei dieser Uschi eigentlich ein Vorbild gehabt?«
»Welche Uschi?«
»Die in der Kolumne. Die mit dem Liebhaber in der Sauna.« Christine ahnte, was Ruth umtrieb. »Ruth, ich muss dir doch nicht ernsthaft erklären, dass alles ausgedacht ist. Man kann doch nicht reale Leute verbraten.«
»Hast du in letzter Zeit mal mit Gabi gesprochen? Über mich?«
Christine log. »Nein, warum sollten wir das tun?«
»Manchmal ergibt sich so ein Gespräch, hätte ja sein können.« Ruth starrte auf ihre
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