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Unzertrennlich

Unzertrennlich

Titel: Unzertrennlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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altem Dorf und hat ihr wohl sehr mit dem Umzug und der Trennung geholfen, sie ist auch öfter mal hier. Und wir treffen uns ja auch häufig.«
    Ruth unterbrach sie. »Dorothea habe ich mal kennen gelernt, das ist doch die Kostümbildnerin, die mal mit Christines Bruder liiert war, oder?« Luise nickte.
    »Das ist ja fast Familie. Aber hat sie denn sonst überhaupt keine jahrelangen Beziehungen? Keine Freundinnen, die sie seit der Schule kennt?«
    »Wir haben irgendwann mal über Sentimentalitäten gesprochen«, sagte Gabi nachdenklich. »Christine meinte, daran würde sie merken, dass sie älter wird. Ihr würden immer öfter Leute einfallen, von denen sie seit Jahren nichts mehr gehört hätte. Plötzlich müsste sie an sie denken.«
    »Und warum hat sie sie nicht mehr gesehen?« Ruths Gesichtsausdruck war neugierig. Luise antwortete.
    »Wenn du nach einer zehnjährigen Ehe Hals über Kopf wegziehst, trennst du dich ja auch von deinem Freundeskreis. Und damit können viele nicht umgehen. Außerdem ist Christine Bundeswehrkind, ihre Eltern sind relativ viel umgezogen. Da sind Freundschaften wahrscheinlich immer schwer zu pflegen gewesen. Das ist schon blöd. Sie hat auch mal gesagt, dass sie bei jedem Ortswechsel fast alle Freundschaften zurückgelassen hat. Deshalb bräuchte sie sich auch nicht mit Sehnsüchten und Erinnerungen rumzuschlagen. Das fand ich ganz furchtbar.«
    Ruth dachte nach. »Wie alt ist sie jetzt, Luise?«
    »Sie wird im November 44.«
    »Schnapszahl.« Ruth überlegte konzentriert. »Ich finde das traurig. Ich habe neben Hanna noch drei Freundinnen, die ich wirklich seit über zwanzig Jahren kenne. Das ist was sehr Schönes. Wir könnten doch versuchen, Christines alte Weggefährtinnen ausfindig zu machen. Die laden wir dann als Überraschung zu ihrem Geburtstag ein.«
    Luise war skeptisch. »Ich weiß nicht. Zum einen mag sie keine Überraschungen und zum anderen weiß ich nicht, wie wir irgendwelche ehemaligen Freundinnen ausfindig machen sollen, von denen sie selbst seit Jahren nichts mehr gehört hat. Vielleicht will sie die ja überhaupt nicht mehr sehen.«
    Gabi begeisterte sich jedoch langsam für die Idee. »Du kennst doch ihre Schwester ganz gut. Ines hat die sicher alle gekannt. Oder wir können ihre Eltern oder ihren Bruder fragen.«
    Luise blieb skeptisch. »Ich weiß wirklich nicht. Das kann auch nach hinten losgehen. Dann bricht sie den Kontakt zu uns auch noch ab.«
    »So ein Blödsinn.« Ruth war jetzt richtig in ihrem Element. »Ich finde das klasse. Und sie hat doch selbst gesagt, sie würde in letzter Zeit viel an alte Freunde denken. Man kann nur oft keinen Anfang mehr machen. Das kennt doch jeder. Irgendwann ist der Moment verpasst, an dem man an alte Zeiten anknüpfen kann. Das machen 
wir
 jetzt eben für sie.«
    Luise gab nach. »Also gut, ich kann ja mal mit Ines reden. Mal sehen, wie sie die Idee findet.«
    Ruth lächelte zufrieden. »Wunderbar! Ich liebe solche Geschichten. Ich glaube, Christine wird begeistert sein. Und einige dieser alten Weggefährtinnen auch, wer und wo immer sie sein mögen. Wir werden ihnen eine Einladung schicken und einen Fragebogen dazulegen. Wann sie Christine kennen gelernt haben, die schönsten Erinnerungen, was das Beste an ihr ist, so ein paar Dinge zum Einstimmen. Ich entwerfe da mal was. Das wird großartig.« Sie hob ihre Kaffeetasse. »Prost, ihr Lieben, wir machen die Welt schöner. Auf uns und auf die Frauenfreundschaften.«
    Luises Blick war unsicher. Gabi lächelte.
     

Meine erste Freundin
    1968 war das Jahr, das mein Leben veränderte. Es hatte nichts mit dem Attentat auf Dutschke zu tun, nichts mit den Olympischen Spielen in Mexiko und auch nichts mit der Tatsache, dass der 1.FC Nürnberg Deutscher Fußballmeister wurde und der 11-jährige Heintje seine erste Langspielplatte veröffentlichte. Das Wichtigste war etwas anderes: Ich wurde eingeschult und meine drei größten Wünsche erfüllten sich.
    Der erste Wunsch war ein Paar rote Lackschuhe, vorne mit kleinen Löchern, hinten mit Riemchen. Ich hatte sie in einem Schuhgeschäft gesehen und wollte nicht mehr ohne sie leben. Meine Mutter sah das anders. Sie legte Wert auf vernünftiges Schuhwerk, geschlossene Schuhe mit ordentlichem Fußbett, sie hatte Photos von deformierten Kinderfüßen gesehen, von denen sie wahrscheinlich nachts träumte. Ihr Gegenvorschlag bestand aus einem Paar hellroter Hush Puppies aus Wildleder zum Schnüren. Ich weigerte mich, sie anzuprobieren,

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