Unzertrennlich
Unbekümmertheit, die sie in Svens Nähe empfand. Und an das Versteckspiel und die Alibis mit Richard. Sie war es so leid.
»Nein, ich habe keine Angst vor einer neuen Beziehung. Und schon gar keine vor Verantwortung. Ich hatte vielleicht immer noch Hoffnung, dass es irgendwann doch noch mal mit Richard passiert.«
Luise winkte ab. »Das kannst du dir abschminken, darauf wette ich. Falls das Wunder doch noch geschieht, wird das doch niemals entspannt, nach diesem anstrengenden Hin und Her. Lass dir Zeit mit Sven… Weiß er eigentlich von Richard?«
»Ich habe es ihm gesagt. Und er hat ziemlich gut reagiert«, erwiderte Christine. Sie trank ihren Kaffee aus und stellte die Tasse resolut auf den Tisch. Dann sah sie Luise entschlossen an. »Du hast vermutlich recht und ich habe mich lang genug zum Affen gemacht. Ich werde mit Richard reden. Dann werde eben ich eine Entscheidung treffen… Eigentlich ist sie schon getroffen.«
»Eigentlich?«
Christine sah nachdenklich auf den Tisch. »Nein, nicht eigentlich. Ich habe sie soeben getroffen. Das hat auch nichts mit Sven zu tun, er macht es mir nur viel leichter.«
Luise drückte Christines Hand. »Gut so. Du musst das mit der neuen Liebe auch nicht überstürzen. Für den Übergang hast du ja uns.«
»Wie uns?«, fragte Christine überrascht.
»Na, deine ganzen Freu… na ja, mich und Dorothea und Ines und so. Deine letzte Trennung haben wir doch auch gewuppt.«
Luise drückte ihre Fingernägel in die Handballen, um sich selbst zu bestrafen. Christine hatte den Versprecher jedoch nicht bemerkt. Sie stand auf, um das Fenster zu öffnen.
»Wie auch immer, lass uns jetzt das Thema wechseln. Bist du eigentlich am Wochenende hier?«
Luise bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck. »Am Samstag? An deinem Geburtstag, meinst du? Ja, da bin ich hier. Was willst du denn machen?«
»Ich habe beim Italiener einen Tisch bestellt, für 19Uhr. Nicht so viele Leute, wir beide, Dorothea, Ines, Georg, vielleicht noch Mathias und… Sven.«
Oh Gott, denen müssen wir noch Bescheid sagen, dachte Luise und antwortete laut:
»Schön, da freue ich mich drauf.« Sie sah auf die Uhr. »Es ist schon so spät, ich muss los.« Sie küsste Christine auf die Wange. »Danke für den Kaffee und Glückwunsch zu deiner privaten Veränderung. Bis Samstag dann, ich freue mich.«
Als Christine ihr hinterhersah, wunderte sie sich, dass kein Kommentar zu Sven oder Mathias gekommen war. Sie schloss die Tür. Vermutlich war ihr Geburtstag auch nicht sonderlich wichtig, es war nur ein ganz normales Abendessen mit ein paar Bekannten.
Das Putzwasser im Eimer war kalt geworden, Christine kippte es ins Klo. Es reichte sowieso mit dem Putzen, sie hatte ihre Entscheidung getroffen.
10. November
Berlin-Hamburg
Dani klappte das Buch zu und legte es auf den freien Sitz neben sich. Sie sah aus dem Fenster, Novemberwetter, grau in grau, Nebel und Sprühregen. Der Zug würde um 14.20Uhr am Hamburger Hauptbahnhof eintreffen, sie hatte noch eine knappe halbe Stunde Fahrtzeit vor sich.
Dani suchte in ihrer Tasche nach dem Umschlag, den Ines ihr letzte Woche geschickt hatte. Sie zog eine Klarsichtfolie hervor, die einen Hotelprospekt, die Visitenkarte des Restaurants, eine Wegbeschreibung und eine Namensliste enthielt. Sorgfältig war alles mit verschiedenfarbigen Stiften markiert, Danis Name war gelb unterstrichen. Christines Schwester hatte wirklich alles generalstabsmäßig organisiert. Um 17Uhr sollten sich alle in der Hotelbar treffen, dort gab es einen Sekt, danach würden sie zusammen in das Restaurant gehen. Dani lächelte bei der Vorstellung, dass Christine immer noch keine Ahnung hatte von dem, was sich da zusammenbraute.
Sie hatte die Liste überflogen, einige Namen sagten ihr gar nichts. Luise, Gabi, Ruth, das waren wohl die Hamburger Freunde, die erst nach Christines Umzug dazugekommen waren. Aber an Lena konnte sie sich erinnern. Lena, die alles konnte und immer Zeit hatte. Ohne sie hätten Christine und Dani ihr altes Haus nie in der kurzen Zeit renovieren können.
Dani erinnerte sich an einige Szenen: Lena auf der Leiter, Christine, die die Tapetenbahnen eingekleistert hatte, die ihr beim Zureichen auf den Kopf rutschten, Dani, die im Vorbeigehen kurz darüber strich, Lena, die vor Lachen fast von der Leiter fiel. Christine und Lena, die auf Knien mit Terpentinlappen im ganzen Haus gelbe Katzenpfotenabdrücke wegwischten, nur weil Dani die Farbdeckel herumliegen lassen hatte, über
Weitere Kostenlose Bücher