Unzertrennlich
kichern und Gudruns Schultern zuckten ebenfalls. Luise war verunsichert und suchte Ines’ Blick. In diesem Moment kam ein Paar an den Tisch, beide sehr groß, sie mit blonden kurzen Haaren, er sehr dunkel. Beide trugen Jeans und Blazer. Bevor Ines aufstehen konnte, rief Dani auch schon: »Lena! Das ist ja schön. Und hallo Jürgen. Wie geht es euch denn?«
Die Antworten gingen im Stimmengewirr unter. Ruth ließ noch drei Gläser bringen und schenkte ein. Als endlich alle saßen, versuchte sie es erneut, indem sie ihr Glas hob und sich laut und vernehmlich räusperte.
»Also, ich möchte kurz was sagen.« Zehn Augenpaare sahen sie erwartungsvoll an.
»Mein Name ist Ruth und ich hatte die Idee. Ich finde es ganz toll, dass wir alle, die wir gesucht, auch gefunden haben. Also erst mal herzlich willkommen.«
»Danke für die Einladung«, riefen alle durcheinander und klopften auf den Tisch, so dass Ruth wieder um Ruhe bitten musste.
»Als wir im April an der Alster saßen – wir, das sind Gabi, Luise und ich – und mit Christine über das Thema Freundinnen gesprochen haben, kam uns die Idee, dieses Fest zu veranstalten.
Anfangs war das nur ein Gedanke, dann haben wir mit der Suche angefangen, die immer spannender wurde und letztlich auch die letzten Skeptiker überzeugt hat. Nicht wahr, Luise und Marleen?«
Beide nickten und lachten.
»Und jetzt haben wir also fast alle zusammenbekommen und das Schönste ist, dass Christine nach wie vor keinen blassen Schimmer davon hat. Sie wird in einer Stunde von Dorothea abgeholt und denkt immer noch, dass sie zu Fuß zu ihrem Italiener um die Ecke geht, wo sie mit ihren Geschwistern und drei, vier Freunden essen wird. Wir anderen erwarten sie im ›Indochine‹. Ich wollte dann noch…«
Ruth wurde von Luise unterbrochen, die plötzlich aufsprang. »Ach du Scheiße, Ruth, ich habe was vergessen. Christine hat doch auch Mathias und Sven eingeladen. An die habe ich überhaupt nicht mehr gedacht, die gehen jetzt zum Italiener. Hast du Mathias’ Handynummer?«
»Wieso Mathias? Und welcher Sven?«, fragte Ruth verblüfft.
»Das ist doch egal, wir müssen sie nur schnell anrufen. Hast du die Nummer?«
Ruth fischte ihr Handy aus der Tasche und suchte das Telefonverzeichnis durch. Das allgemeine Stimmengemurmel setzte wieder ein. Ines beugte sich zu Marleen.
»Wer ist denn Sven? Der Typ von Sylt? Mit dem Christine ein paarmal essen war?«
»Genau der«, flüsterte Marleen zurück. »Hm… dann ist da wohl doch inzwischen mehr passiert.«
Ines grinste. »Toi, toi, toi.«
Ruth war ein paar Schritte zur Seite gegangen, um in Ruhe zu telefonieren. Sie hielt sich mit einer Hand ein Ohr zu und sprach so laut, dass alle es hörten.
»Nein, wir haben den Tisch abbestellt… Im ›Indochine‹… Ja, genau… Nein, natürlich weiß sie das nicht, das ist doch eine Überraschung… Ihr könnt sofort losfahren, wir gehen auch gleich los… Es ist Luise gerade erst eingefallen…
Nein, alle anderen wissen Bescheid… Was?… Bist du blöd? Nein, Dorothea holt sie gleich ab, das ist alles organisiert. O. k., bis gleich.«
Sie kam an den Tisch zurück und steckte das Handy wieder in die Tasche.
»Meine Güte, Luise, das hätte dir auch früher einfallen können. Wieso hat sie die beiden überhaupt eingeladen? Ist da was mit diesem Sven?«
Luise gab sich betont gleichgültig. »Keine Ahnung. Die haben im Sommer mal auf Sylt zusammen gefeiert, vielleicht deshalb.« Sie sah auf ihre Uhr.
»Es ist jetzt gleich sechs. So langsam sollten wir aufbrechen.«
»Gut, dann bezahle ich mal den Sekt, der geht auf mich, dann können wir los.«
Ruth stand auf, zog ihre Jacke an und ging zur Bar. Ines sah in die Runde, alle redeten miteinander und durcheinander. Sie klopfte auf den Tisch.
»Meine Damen, mein Herr, Aufbruch. Ihr habt noch den ganzen Abend Zeit, um euch die Details aus eurem Leben zu erzählen.«
Zehn Minuten später setzten sich die Zeugen von Christines altem Leben in Bewegung.
Das Fest
Hamburg
Christine stand minutenlang fassungslos in dem Raum. Dorothea schob sie schließlich ein Stück nach vorn.
»Los, Christine, sag guten Abend.«
Wie in Zeitlupe schweifte ihr Blick über die Gesichter. Am ersten Tisch war noch alles in Ordnung. Luise, Ines und Georg. Am zweiten Tisch saß Marleen, neben einem Gesicht, das aussah wie Danis. Das konnte doch nicht sein. Wieder vertraute Bilder, Mathias und Sven, ein Glück. Der dritte Tisch: Ruth und Gabi, dann zwei, deren
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