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dem Flennen auf, schlucke den Sabber runter und räus-pere mich. ›Das ist wirklich nicht nötig, Sir‹, sage ich wohlerzogen. ›Ich bin keine Diebin. Meine Mutter hat die Verkaufsvertretung. Es war falsch, den Wagen zu nehmen, aber ich bin mir sicher, dass das hier nicht im Sinne meiner Mutter ist. Zumindest brauchen Sie mich hier nicht zu fesseln. Bitte nehmen Sie die Riemen runter – sie schneiden mir die Blutzufuhr ab.‹ Der Sony-Bulle klappt seine alberne kleine Gesichtsmaske hoch und schielt 106
mich an, dann schüttelt er den Kopf und wendet sich wieder dem Papierkram zu. ›Hören Sie!‹, hake ich nach. ›He! Ich bin keine Kriminelle. Das hier ist ein Missverständnis. Wenn Sie meine Personalien überprüfen und meine Mutter anrufen, können wir die Sache schnell klären. Hallo!‹ Das Schild an seiner Brust verrät mir, wie er heißt. ›Hallo, Mister Langtree vom Sicherheitsdienst! Lassen Sie mich doch bitte aufstehen, dann klären wir die Angelegenheit wie Erwachsene. Na los, ich mache Ihnen ja keine Vorwürfe – bin sogar froh über diese Sache! Sie haben das Richtige getan, als Sie mich festnahmen. Schließlich gehört der Wagen zum Verkaufsbestand meiner Mutter. Es ist gut und richtig, dass Sie den Dieb verfolgt und den Wagen sichergestellt haben. Aber inzwischen wissen Sie doch, dass der Wagen meiner Mutter gehört. Lassen Sie mich doch bitte aufstehen, dann können wir die Sache bestimmt klären. Der Geldbeutel mit allen Papieren steckt in meiner hinteren Hosentasche. Holen Sie ihn einfach heraus und sehen Sie sich meinen Ausweis an, ehe Sie weiterma-chen.‹ Aber er füllt einfach weiter seinen Papierkram aus. ›Warum?‹, frage ich. ›Warum nehmen Sie sich nicht einen Moment Zeit, um nachzuse-hen? Warum nicht?‹ Er dreht sich wieder um, sieht mich ziemlich lange an, und ich bin mir schon sicher, dass er nachsehen und alles gut werden wird, aber dann sagt er: ›Ich hab langsam die Faxen 107
dicke mit deinem Blödsinn, Mädchen. Halt die Klappe oder ich muss dich knebeln. Ich will nur raus hier und wieder an meine Arbeit gehen, klar?‹
›Was?‹, frage ich und merke selbst, dass es wie ein Aufschrei klingt. ›Was haben Sie eben zu mir gesagt? Was zum Henker haben Sie zu mir gesagt?
Haben Sie nicht verstanden, was ich Ihnen erzählt habe? Der Wagen gehört meiner Mutter – ihr gehört auch der Parkplatz, wo er gestanden hat. Meinen Sie ernsthaft, sie will, dass Sie mich so behandeln?
Das ist wirklich das Dämlichste, das ich …‹ – ›Das reicht‹, sagt er und löst eine kleine silberne luft-durchlässige Haube von seinem Gürtel, die Art, die man unter dem Kinn einer Person zusammen-schnürt, um sie am Reden zu hindern. Ich wälze mich von ihm weg, flehe ihn an, es nicht zu tun, und mache schließlich den Polizeibeamten am Empfang auf mich aufmerksam. ›Das kann er nicht machen! Verbieten Sie ihm das! Ich bin hier auf einer Polizeiwache – wie können Sie so etwas zulassen?!‹ Und der Polizist lächelt und sagt: ›Du hast ganz Recht, Kleine. Das reicht.‹ Doch der Sony-Bulle schenkt ihm keine Beachtung, packt meinen Kopf, streift mir die Haube über und versucht den Kinnriemen zuzubinden. Ich schüttele den Kopf, soweit mir das überhaupt möglich ist.
Gleich darauf wird mir die Haube wieder vom Kopf gezogen und der Sony-Bulle macht ein Gesicht, als würde er den Polizeibeamten am liebsten an die 108
Wand nageln. Der Polizist bückt sich zu mir herunter, schneidet mir die Fesseln durch und hilft mir auf die Beine. ›Du wirst mir doch keinen Ärger machen, oder?‹, fragt er, als er mich zu einem schönen bequemen Bürostuhl führt. ›Nein, Sir!‹
›Dann bleib einfach hier sitzen. Ich kümmere mich gleich um dich.‹ Also setze ich mich und reibe mir die Hand- und Fußgelenke. Mein linker Knöchel ist aufgescheuert und blutet. Ich kann einfach nicht fassen, dass die liebe Sony-Familie eine süße, kleine Person wie mich so demütigt und er-niedrigt. Damals war ich verdammt selbstgerecht.
Ich weiß noch, dass ich fies gegrinst hab, als der Polizeibeamte den Sony-Bullen zusammenstauch-te und dessen Dienstnummer und weitere Informationen für mich notierte. Doch damit war die Geschichte natürlich noch lange nicht zu Ende.«
Linda holt kurz Luft. »Dem Polizeibeamten dankte ich aus tiefstem Herzen, sogar noch, als er meine Personalien aufnahm, die Daten ausdruck-te und die Verbrecherfotos schoss. Ich machte Scherze und flirtete sogar ein bisschen mit ihm.
Ich war
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