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Titel: Upload Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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sondern um mich.«
    Während Fede kurz schweigt, spürt Art, dass sein Partner immer noch kocht und lediglich neue Munition sammelt. »Das ist mir alles scheißegal, Art. Wenn du nicht ins Büro kommst, hast du mir vorher Bescheid zu sagen, kapiert? Der Leiter der Personalabteilung ist am Ausrasten, und ich weiß auch, warum. Er hat uns auf dem Kieker, hast du mich verstanden? Mit jedem Tag, an dem du nicht erscheinst und ich mir irgendeine Ausrede für dich einfallen lassen muss, verstärkt sich sein Verdacht. Wenn du mit dieser Scheiße nicht sofort aufhörst, sind wir beide erledigt.«
    »Ach, du kannst mich mal, Fede.« Art ist selbst überrascht, diese Worte aus seinem Mund zu hören. Aber da er sie nicht zurücknehmen kann, beschließt er, zu seiner Äußerung zu stehen. »Du darfst ja ruhig nach Herzenslust in deinem Verfolgungswahn schwelgen, aber lass mich dabei au-
    ßen vor. Ich bin gestern Abend überfallen worden und hatte vor zwei Wochen einen fast tödlichen Verkehrsunfall. Wenn der Leiter der Personalabtei-116
    lung wissen will, warum ich nicht im Büro erschienen bin, kann er mir ja eine E-Mail schicken.
    Dann erzähl ich ihm in allen Einzelheiten, was passiert ist. Und wenn ihm das nicht gefällt, kann er mich am Arsch lecken. Aber dir bin ich keine Rechenschaft schuldig. Wenn du auf eine Diskussion aus bist, kannst du mich anrufen und dich endlich mal wie ein menschliches Wesen aufführen. Morgen früh. Bis dann, Fede.« Art beendet das Gespräch, knurrt das Komset an, schaltet es aus, deaktiviert auch die Notüberbrückung für Anrufe höchster Dringlichkeitsstufe und überlegt kurz, ob er das Komset nicht einfach aus dem Fenster schmeißen soll, auf die kostbaren englischen Pflastersteine da unten. Stattdessen schleudert er es in die weichen Polster des Sofas.
    Während er sich wieder zu Linda umdreht, gibt er sich alle Mühe, das Zähnefletschen in ein Lächeln umzuwandeln. »Tut mir wirklich leid. Das war das letzte Mal, ich schwör’s.« Auf allen vieren krabbelt er zu ihr hinüber, doch sie hüllt sich noch fester in ihren Hausmantel. Als er ihr einen Finger unter den Kragen schiebt, ihn herunterzieht und mit den Lippen auf die Mulde ihres Schlüsselbeins zielt, fährt sie zurück und lässt die Wange auf seine Schulter sinken, um ihn an weiteren Avancen zu hindern.
    »Ich bin jetzt nicht …«, murmelt sie. »Wir haben den richtigen Moment verpasst. Lass uns einfach nur kuscheln, ja?«

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    Am nächsten Tag saß Art an seinem Schreibtisch in O’Malley House, als Fede an seine Tür klopfte. Fede trug einen kleinen Geschenkbeu-tel – eine raffinierte Kombination aus grobem, handgeschöpftem Papier und glattem Polymer. Art blickte von seinem Komset auf und winkte zur Tür hinüber.
    Als Fede eintrat und Art das Päckchen auf den Schreibtisch legte, sah Art ihn misstrauisch an, doch Fede gab ihm mit einem Wink zu verstehen, dass er es einfach aufmachen sollte. Art tastete nach dem Verschluss, um das Geschenk zu öffnen, ohne das Material zu zerreißen, fand ihn aber nicht gleich. Sofort griff er reflexartig nach seinem Komset und notierte sich, wie man eine verbesserte Version des Beutels schaffen konnte, indem man ihn mit optischen Hinweisen versah, damit man den Verschluss leichter fand. Fede erwischte ihn dabei, und sie grinsten sich gegenseitig an.
    Nachdem Art noch ein bisschen an der Öffnung herumgefummelt hatte, entdeckte er den Verschluss. Der Beutel öffnete sich mit einem Ge-räusch, das wie ein Seufzer klang, fiel zu drei Blü-

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    tenblättern auseinander und enthüllte seinen Inhalt: ein mit Leder überzogenes Kästchen, das mit einem einfachen Messingriegel verschlossen war.
    Art löste den Riegel und spähte in das Kästchen: In einem maßgeschneiderten Schaumstoffpolster lag ein grauer Stein.
    »Es ist ein Axtkopf«, erklärte Fede. »200.000 Jahre alt.«
    Art hob ihn vorsichtig aus dem Kästchen, drehte ihn und bewunderte die sauberen Spuren, die vom Behauen und Bearbeiten des Steins zeugten.
    Er hatte ein gewisses Gewicht und wirkte überaus schlicht. Eine Verdünnung im Stein wies auf die Stelle hin, an der früher vermutlich ein Schaft festgezurrt worden war. Art fuhr mit den Fingerspitzen über die glatten Schlagspuren und über die abgeflachte Seite, an der man den Stein in mühsamer Arbeit zu einer Schneide behauen hatte. Einfach perfekt.
    Jetzt, da er das Ding in der Hand hielt, war es unübersehbar eine Axt. Man konnte es für nichts anderes

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