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Vergewaltigung. Und nicht bloß, weil es falsch ist, sondern weil ich in einer Welt, in der Mord und Vergewaltigung soziale Normen sind, nicht leben kann.«
»Genau.«
»Das ist der Zweck von Moral und Loyalität, nicht? Soziale Normen zu schaffen, die eine Welt hervorbringen, in der man leben kann.«
»Genau! Und das ist der Grund, warum persönliche Loyalität so wichtig ist.«
Art lächelte. Die Falle war gelegt und zuge-schnappt. »Gut. Loyalität einer Institution gegen-
über – also solche, die sich auf einen Stamm oder eine Nation bezieht – ist demnach keine wichtige soziale Norm. Wenn’s nach dir ginge, könnten wir auf jede Vortäuschung von Loyalität Institutionen gegenüber verzichten.« Art senkte die Stimme.
»Demnach kann man ruhig für die Jungs in Jersey arbeiten und Virgin/Deutsche Telekom sabotieren, sofern die Jungs bereit sind, einen dafür zu bezahlen. Es hat nichts mit Stammesloyalität zu tun. Es ist nur ein Job.«
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Fede schien sich nicht ganz wohl zu fühlen.
Vermutlich ahnte er schon, dass ich ihn verbal gleich in den Schwitzkasten nehmen würde. Er nickte vorsichtig.
»Was bedeutet, dass die Jungs in Jersey auch keinen Grund haben, sich dir gegenüber loyal zu verhalten. Auch für sie ist es nur ein Job. Wenn sie also eine Gelegenheit hätten, sich einen Vorteil zu verschaffen, indem sie dich austricksen und wie eine Witzfigur behandeln, nun, dann können sie’s doch einfach tun, stimmt’s?«
»Äh …«
»Mach dir keine Sorgen, es ist eine rein rhetorische Frage. Angenommen, die Jungs in Jersey tricksen dich aus. Dann musst du die Suppe für sie auslöffeln und sie sind fein raus. Wenn es in diesem Fall keine wechselseitige Loyalität gibt, könnte die Sache für dich genauso ausgehen, nicht wahr? Und genau das ist die soziale Norm, die du anstrebst.«
»Nein, natürlich nicht.«
»Nein, natürlich nicht. Du wünscht dir eine soziale Norm, die es dem Individuum erlaubt, sich gegenüber dem Kollektiv illoyal zu verhalten, aber nicht umgekehrt.«
»Kann sein.«
»Kann sein, aber Loyalität ist keine Einbahn-straße. Du kannst von irgendeiner Institution keine Loyalität erwarten, wenn du dich ihr gegenüber illoyal verhältst.«
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»Mag sein.«
»Du weißt es. Ich weiß es. Die Loyalität Institutionen gegenüber dient ebenso den eigenen Interessen wie die Loyalität, die man einzelnen Menschen entgegenbringt. Der Stamm sorgt für mich, ich sorge für den Stamm. Wir werden mit den Jungs in Jersey eine separate Bezahlung für dieses Konzept aushandeln – schließlich sprengt es den Rahmen der Arbeit, für die wir bezahlt werden –, und dann teilen wir uns das Geld, jeder bekommt die Hälfte. Wir werden mit Jersey auch die Zahlung weiterer Tantiemen vereinbaren, denn dieses Konzept ist ja nicht nur auf die I-90 anwendbar, sondern lässt sich noch weiter verkaufen, wie du ganz richtig gesagt hast. Die Idee ist wirklich gut und originell, also wird sie sich auch auszahlen. In Ordnung?«
»Fragst du mich tatsächlich nach meiner Meinung oder teilst du mir nur eine beschlossene Sache mit?«
»Ich frage dich. Bei dieser Sache müssen wir Hand in Hand arbeiten. Ich muss mir einen Vorwand ausdenken, um in die Staaten zu fliegen, ihnen das Konzept erklären und die Entwicklung eines ersten Modells überwachen. Du musst hier bei V/DT die Stellung halten und dafür sorgen, dass mir niemand dazwischenfunkt. Und wenn du diese Idee anderswo verkaufen willst, nun, dann bist du auf meine Kooperation angewiesen, zu-177
mindest auf mein Schweigen. Denn wenn ich V/DT darüber unterrichte, werden sie dich wegen Industriespionage einlochen lassen. Also sind wir aufeinander angewiesen.«
Art stand auf und sah auf Fede hinunter, der gut zehn Zentimeter kleiner war als er, blickte auf Fedes Oberlippe, an der sich Schweiß gesammelt hatte, und auf dessen gerunzelte Stirn. »Wir sind ein gutes Team, Fede. Ich will eine solche Gelegenheit nicht zum Teufel gehen lassen, aber ich will sie auch nicht auf Kosten meiner Moral nutzen.
Bist du einverstanden, dass wir in dieser Angelegenheit zusammenarbeiten, und traust du mir zu, die Sache richtig anzupacken?«
Fede blickte auf. »Ja«, sagte er. Als Art später noch einmal darüber nachdachte, hatte er den Eindruck, dieses ja sei allzu schnell gekommen, doch in diesem Moment war er lediglich erleich-tert darüber, dass Fede einverstanden schien.
»Selbstverständlich«, bekräftigte Fede. »Genauso machen wir’s.«
»Wunderbar. Dann
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