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denke schon.« Art schlang ihr einen Arm um die Schulter und legte die Fingerspitzen auf ihren Brustansatz, doch sie duckte sich unter seinem Arm weg und blieb wie angewurzelt stehen.
»Also, da bin ich anderer Meinung. Hab ich denn kein Wörtchen mitzureden?«
»Wobei?«
»Bei der Frage, ob die Zeit schon reif ist, deine Freunde kennenzulernen. Werde ich gar nicht gefragt?«
»Linda, ich will dich doch nur mit einem Kollegen bekanntmachen, ehe wir ausgehen. Er sitzt in meinem Büro – und ich muss dort sowieso noch meine Jacke holen.«
»Moment mal, ist er ein Freund oder ein Kollege?«
»Er ist ein Freund, mit dem ich zusammenarbeite. Komm schon, was ist denn schon dabei?«
»Also, erst überfällst du mich damit, dann er-zählst du mir eine andere Geschichte und be-hauptest, er sei nur ein Kollege, und plötzlich ist er wieder ein Freund. Ich will nicht, dass du mich deinen Freunden einfach so vorführst. Wenn wir uns mit deinen Freunden treffen, will ich mich entsprechend anziehen und schminken. Das hier ist einfach nicht fair.«
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»Linda …«
»Nein, scheiß drauf! Ich bin nicht hier, um deine Freunde kennenzulernen. Ich bin durch die ganze Stadt gefahren, um dich in deinem Büro abzuholen, weil du nach der Arbeit in deine Wohnung gehen wolltest, und jetzt treibst du solche miesen Spielchen mit mir?«
»Na gut. Dann bring ich dich eben zurück ins Foyer und du kannst bei Tonaishah warten, während ich meine Jacke hole.«
»Red nicht in diesem Ton mit mir!«
»Was soll das denn heißen? Mein Gott noch mal! Du kannst nicht einfach hier auf dem Gang warten, das verstößt gegen die Betriebsvorschrif-ten. Du hast weder einen Dienstausweis noch einen Besucherausweis, also musst du mich entweder begleiten oder im Foyer warten. Es ist mir scheißegal, ob du Fede kennenlernst oder nicht.«
»Ich sag’s nicht noch einmal, Art. Mäßige deinen Ton. Ich lass mich nicht gern anschreien.«
Art versuchte das Gespräch zu rekapitulieren, um herauszufinden, wieso sie einander inzwischen dermaßen anmotzten, doch es gelang ihm nicht. Verhielt Linda sich wirklich so bescheuert?
Oder hatte er sie einfach falsch verstanden, vielleicht auch ohne böse Absicht provoziert?
»Noch mal von vorn.« Er griff nach ihren Händen. »Ich muss meine Jacke aus dem Büro holen.
Du kannst mich begleiten, falls du möchtest, und 183
meinen Freund Fede kennenlernen. Wenn nicht, kannst du im Foyer warten, es dauert nicht lange.«
»Na gut, dann stell mich Fede vor. Ich hoffe nur, er hat nichts Besonderes erwartet, denn ich bin nicht richtig dafür angezogen.«
Er verkniff sich eine schnodderige Bemerkung.
Nach all dem Theater wollte sie Fede jetzt doch noch kennenlernen? Warum, zum Teufel, hatten sie dann überhaupt miteinander gestritten? Wenigstens hatte er sich in diesem Streit durchge-setzt! Er nahm sie bei der Hand und führte sie zu seinem Büro. Hinter jeder offenen Tür, an der sie vorbeigingen, saß irgendein Erlebnis-Designer der V/DT, der so tat, als hätte er sie gar nicht bemerkt, obwohl dank der vertrackten Akustik in den Ge-bäuden des O’Malley-Komplexes vermutlich jeder den ganzen Streit mitbekommen hatte.
»Fede«, sagte Art steif. »Das ist Linda. Linda, das ist Fede.«
Fede stand auf und begrüßte Linda mit einem breiten, charmanten Grinsen. Fede mochte zwar etwas kurz geraten sein und an paranoiden Einbildungen leiden, aber er war fit und sehr gepflegt, bis hin zu dem adretten Schnauzbart. (Wenn man einen solchen Bart nicht jeden Morgen stutzt, sieht er aus wie eine verwesende Raupe.) Er trieb viel Sport, hatte eine schmale Taille, einen Wasch-brettbauch und trug gern enge Hemden, die seinen durchtrainierten Körper betonten und ihn da-184
mit zu einer Ausnahmeerscheinung unter den schwabbeligen Maus-Akrobaten der Geschäfts-welt machten. Art hatte nie viel darüber nach-gedacht, aber jetzt, als er mit Fede und Linda in seinem winzigen Büro stand, Fedes Rasierwasser-düfte ( Lilac-Vegetal ) und den Neuwagen-Geruch von Lindas Shampoo einatmete, fühlte er sich un-gepflegt und fett um den Bauch.
»Ah.« Fede griff nach Lindas Hand. »Die Dame, die du angefahren hast. Ist mir ein Vergnügen.
Sieht so aus, als hätten Sie sich gut erholt.«
Linda lächelte und gab ihm ein Küsschen auf die Wange. Als sie den Kopf wieder zurückzog, ver-fingen sich Strähnen ihres kinnlangen Haars wie Spinnweben in seinem Schnurrbart.
»War ja nicht viel schlimmer als ein Knutschfleck«, erwiderte sie. »Kein
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