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tun.«
»Du willst ihnen das Konzept verkaufen?«
»Na ja, verkaufen will ich’s schon. Aber an wen, ist eine andere Frage.«
Art fuchtelte verwirrt mit den Händen herum.
»Das soll doch wohl ein Witz sein, nicht?«
Fede kauerte sich neben Art hin und sah ihm in die Augen. »Nein, Art, ich meine es todernst. Das ist eine große Sache, und für Projekte in dieser Größenordnung haben wir keinen Vertrag unterzeichnet. Wir beide, du und ich, können mit dieser Sache richtig Kohle machen. Aber nicht, indem wir 171
den denkfaulen Typen in Jersey dieses schlaue Konzept auf dem Silbertablett servieren und dann um einen Bonus betteln.«
»Von was redest du? Wer sollte sonst dafür bezahlen?«
»Da fragst du noch? V/DT zum Beispiel. Jeder, der an einem Angebot für die I-90, für TollPass, FastPass oder EuroPass arbeitet.«
»Aber wir können das doch nicht an jeden verkaufen, Fede!«
»Wieso nicht?«
»Himmel, wieso nicht? Wegen der Stämme.«
Fede lächelte ihn verschmitzt an. »Klar, wegen der Stämme.«
»Was soll das denn heißen?«
»Art, du weißt doch, dass dieser Kram zu vier Fünfteln Blödsinn ist, nicht? Es ist nur ein Spiel.
Wenn es um dein persönliches Wohlbefinden geht, kannst du dich nicht auf Zeitzonen verlassen.
Weißt du, das hier ist eher ein Job als eine Berufung.«
Art zuckte zusammen und lief im Gesicht rot an. »Viele von uns nehmen diesen Kram aber ernst, Fede. Es ist nicht bloß irgendein Psycho-spielchen. Bedeutet dir Loyalität denn gar nichts?«
Fede lachte fies. »Loyalität! Wenn du all das aus Loyalität machst, warum kassierst du dann einen Gehaltsscheck? Hör mal, ich hätte auch nichts dagegen, wenn wir dieses Konzept nach Jersey 172
schicken. Die Leute sind ja ganz anständig und im Laufe der Jahre habe ich bei denen gut abkassiert, aber für diese Sache haben sie nicht bezahlt. Sie würden uns ja auch keinen Freifahrtschein geben, warum also sollten wir ihnen einen schenken? Ich will damit sagen: Natürlich können wir das Konzept Jersey anbieten, aber sie müssen dafür auf dem freien Markt auch ihrerseits ein Angebot machen. Ich möchte sie ja gar nicht übers Ohr hauen.
Ich will nur einen fairen Marktpreis für unsere Waren.«
»Willst du damit sagen, dass du niemandem gegenüber eine grundsätzliche Loyalität empfin-dest, Fede?«
»Genau das will ich damit sagen.«
»Und du meinst, dass ich ein Trottel bin, wenn ich Loyalität über persönlichen Gewinn stelle –
denn so dumm ist ja sonst keiner, nicht?«
»Genau.«
»Wie ist diese Idee dann überhaupt zu unserer Idee geworden, Fede? Eigentlich hatte ich sie doch.«
Fedes fieses Grinsen verschwand. »Es gibt solche und solche Loyalität.«
»Aha.«
»Nein, wirklich. Wir beide sind ein Team. Ich verlass mich auf dich, du verlässt dich auf mich.
Unsere Loyalität bezieht sich auf etwas Konkre-tes – auf uns beide. Dagegen ist der Stamm der Östlichen Zeitzone eine Abstraktion. Es zählen 173
sehr viele Leute dazu, und die meisten mögen wir beide nicht einmal. Er ist nett und nützlich, aber man darf Institutionen nicht vertrauen – sonst landet man beim Nazismus.«
»Und Patriotismus.«
»Blindem Patriotismus.«
»Und eine Alternative gibt es nicht? Nur den Hurrapatriotismus? Loyalität darf man nur gegen-
über seinem engen Freundeskreis empfinden, an-dernfalls ist man ein verblendeter Trottel?«
»Nein, das hab ich nicht gesagt.«
»Aber wo hört begründete Loyalität auf und wo fängt blinder Patriotismus an? Wenn ich über die Loyalität zum Stamm rede, reagierst du herablassend. Und V/DT oder den Leuten in Jersey gegen-
über verhältst du dich ganz gewiss nicht loyal.
Empfindest du überhaupt für irgendetwas oder irgendwen Loyalität, wenn’s nicht gerade um deinen eigenen Bauchnabel geht?«
»Ja, der Menschheit gegenüber, zum Beispiel.«
»Ach ja? Und was ist das, wenn’s drauf an-kommt?«
»Hä?«
»Wie drückt man Loyalität gegenüber etwas so Großem und Abstraktem wie der ›Menschheit‹
aus?«
»Ich würde sagen, das ist eine Frage der Moral, nicht? Indem man nichts tut, was die Welt ver-giftet. Indem man Steuern zahlt. Bettlern Klein-174
geld gibt. Wohlfahrtseinrichtungen Geld spendet.«
Fede trommelte mit den Fingern auf seinen Ober-schenkeln herum. »Indem man nicht mordet oder vergewaltigt. Du weißt schon, was ich meine. Indem man ein anständiger Mensch ist, ein Mensch mit Moral.«
»Gut, das ist ein schöner Verhaltenscodex. Ich bin auch gegen Mord und
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