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Titel: Upload Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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springst du zu einem anderen Wagen und lädst einen Datenstrom von seiner Festplatte.« Fede wollte etwas sagen, doch Art streckte abwehrend die Hand hoch. »Und wenn du alle verfügbaren Wagen erschöpft hast, beginnt der Vorgang von vorn. Nur fragt das System diesmal seine Peers nach Dateien ab, die aus anderen Quellen stammen. Vielleicht gefallen dir die Songs nicht, die ich von Al runtergeladen habe, aber die Songs, die ich von Bennie habe, sind genau nach deinem Geschmack. Das Rückgrat des ganzen Systems sind die Piratenfahrer. Sie besitzen die größten Sammlungen auf der Schnellstraße und verfügen noch am ehesten über sorgfältig durchdachte Abspielli-sten. Sie haben ganze Genre-Archive auf der Festplatte – beispielsweise die gesamte Geschichte des Blues, angefangen vom Bottleneck Blues. Deshalb unterstützen wir sie. Wenn du an einer Zahlstelle
    – einem Mauthäuschen – vorbeifährst, berechnen wir dir das Zeug, das du nicht mit der Vorspultaste übersprungen hast, also die Musik, die du dir angehört und behalten hast. Es sei denn, du hast mehr als 10.000 Titel geladen. Dann kostet es nichts. Ich weiß, es widerspricht dem gesunden Menschenverstand, aber sieh dir nur die Zahlen an.«

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    »Gut, gut. Ein Radio mit einer Vorspultaste. Ich glaube, ich hab’s kapiert.«
    »Aber?«
    »Aber wer will so was benutzen? Es ist unvor-hersehbar. Man hat keine Garantie, dass man die Songs bekommt, die man hören will.«
    Art lächelte. »Genau!«
    Fede forderte ihn mit einer Geste zum Weiter-reden auf.
    »Verstehst du denn nicht? Das ist es, was das Heroin zum Crack macht! Der Nervenkitzel der Jagd. Niemand hat Spaß daran, auf einer Neben-straße, die kaum befahren ist, Stoff zu geben. Aber wenn man nach einem harten Arbeitstag auf die M-5 biegt und zwei Stunden lang mit 100 km/h fahren kann, ohne einmal aufs Bremspedal treten zu müssen, ist es so, als hätte Gott das Rote Meer für einen geteilt. Man hat das Gefühl, vorwärts zu kommen! Die meiste Zeit spielt die Stereoanlage im Wagen denselben Mist, den man immer hört, nur als Hintergrundmusik, aber manchmal, ah!
    Manchmal findet man eine Sahnestelle und bekommt die besten Songs, die man je gehört hat.
    Wenn man eine Ratte in einen Käfig mit einem Hebel steckt, der kein Futter hergibt, drückt sie den Hebel ein paar Mal und gibt dann auf. Wenn man es so einrichtet, dass bei Betätigung des Hebels stets Futter auftaucht, wird sie den Hebel immer drücken, wenn sie hungrig ist. Wenn er nur 169
    manchmal Futter spendet, drückt sie so lange auf dem Hebel herum, bis sie das Bewusstsein ver-liert.«
    »He, guter Vortrag.«
    »Und?«
    »Und es ist wirklich cool.« Fedes Blick verlor sich kurz in der Ferne. »Funk plus Vorspultaste.
    Das ist wirklich stark. Enorm. Super!« Er schnapp-te sich den Axtkopf aus dem Kästchen auf Arts Schreibtisch und vollführte unter lautem Geschrei einen kleinen Kriegstanz. Art verfolgte den Tanz von seinem ergonomischen Stuhl aus und
    schwenkte hin und her, während die Puffer an der Unterseite bei dem Versuch, seine diversen Knochen und Muskeln fest abzustützen, wie Vögel-chen zwitscherten.
    Da Arts Arbeitszimmer eher einem Modell im Dreifünftel-Maßstab als einem richtigen Büro glich, ein typisches Beispiel des in London bevor-zugten Liliputaner-Stils, war der Tanz nicht ganz so eindrucksvoll, wie ihn Fede in einem Zimmer mit größeren Entfaltungsmöglichkeiten vielleicht hinbekommen hätte. »Der Plan gefällt dir also«, sagte Art, als Fede die Luft ausgegangen war.
    »Gefällt mir, gefällt mir, gefällt mir!«
    »Wunderbar.«
    »Wunderbar.«
    »Also …«
    »Ja?«

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    »Also, was machen wir jetzt damit? Soll ich einen offiziellen Vorschlag ausarbeiten und ihn nach Jersey schicken? Wie detailliert? Mit Skizzen?
    Codefragmenten? Soll ich das Interface und das Netzwerkmodell nachbauen?«
    Fede hob eine Augenbraue. »Wovon redest du?«
    »Ist doch klar, wir schicken’s nach Jersey, sie reichen den Vorschlag ein und holen sich den Vertrag, nicht? Das ist doch unsere Aufgabe, oder?«
    »Nein, Art, das ist nicht unsere Aufgabe. Wir sollen nicht dafür sorgen, dass Jersey einen guten Vorschlag einreicht, sondern V/DT einen schlechten. Dein Konzept ist eine große Sache. Wenn wir es richtig aufziehen, weit größer als das I-90-Projekt. Wir können dieses System auf jeder verdammten Mautstraße der Welt etablieren! Jersey wird nichts dafür bezahlen – jedenfalls jetzt noch nicht –, aber irgendjemand sollte es

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