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machen wir uns am besten gleich an die Arbeit.«
Sie teilten sich die Arbeit wie üblich auf: Art konzipierte mehrere Pläne, die den jeweiligen Nutzen für die Konsumenten aufzeigten, teilte jeden Plan in Schritte der Umsetzung auf und entwickelte danach Verfahrensweisen für Benutzertests, die prüfen sollten, was sich in der Praxis am besten 178
bewährte. Fede arbeitete an der Logistik, berechne-te die Kosten der Flugtickets, veranschlagte die nötige Arbeitszeit und das einzuplanende Budget und skizzierte Schaubilder, die die Entscheidungs-pfade darstellten. Getrennt voneinander arbeiteten sie Seite an Seite, benutzten aber die bewährten Instrumente der Zusammenarbeit, die Art schon seit frühester Jugend kannte. Diese Instrumente erlaubten es, die von Art und Fede separat erstellten Komponenten in eine übergreifende Pro-jektstruktur einzufügen, Zeitpläne und Abwick-lung optimal aufeinander abzustimmen und not-falls Ausweichmöglichkeiten zu finden. Während sie einander routiniert zuarbeiteten, waren sie so in ihre jeweiligen Eingaben vertieft, dass einer die Gegenwart des anderen im Zimmer kaum bemerkte. Genau das , dachte Art, ist typisch für einen Stammesangehörigen. Es ist eine Norm, eine Vorgehensweise, eine Lebensweise, die nicht zwischen Kommunikation von Angesicht zu Angesicht und Kommunikation über große Entfernungen hinweg unterscheidet. Aus diesen Gedanken riss ihn der Anruf der Empfangsdame, die ihm über Komset mitteilte, eine gewisse Linderrr (diese bekloppten Engländer mit ihrer noch bekloppteren Aussprache!) wolle ihn sprechen.
»Linderrr?«, fragte Fede, der mitgehört hatte, und zog eine Augenbraue hoch.
»Ich hab sie mit dem Wagen angefahren.«.
»Aha. Wie gerissen.«
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Art winkte ungeduldig ab und ging ins Foyer hinüber, um Linda abzuholen. Die Empfangsdame vergeudete ungern Zeit mit privaten Besuchern, und Linda, in Trainingshose und Kapuzenpulli, war ganz offensichtlich nicht zu einem Geschäfts-termin hier. Deshalb starrte die Empfangsdame ihn finster an, als er ins Foyer eilte und Linda eine Hand entgegenstreckte. Linda legte sich seine Hand auf die Schultern, tätschelte seinen Hintern, drückte ihre Hüfte gegen seine und schob ihm die Zunge ins Ohr. »Du hast mir gefehlt«, hauchte sie ihm direkt in die Ohrmuschel. Er zuckte zusammen. »Und ich trage heute kein Höschen«, fuhr sie so laut fort, dass die Empfangsdame es nicht überhören konnte. Art spürte, wie ihm Gesicht, Hals und Ohren rot anliefen.
Verdammt noch mal, wieso dachte er in diesem Augenblick nur an die blöde Empfangsdame? »Linda«, sagte er und ging auf Abstand. Stell sie vor , dachte er. Stell sie einander vor, dann wird’s nicht ganz so peinlich. Die Engländer können peinliche Situationen nicht ausstehen. »Linda, darf ich dir …« Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment fiel ihm ein, dass er gar nicht wusste, wie die Empfangsdame hieß.
Ihr grellroter Schopf, zu einem kurzen Bubikopf geschnitten, war so mit Haarlack überzogen, dass er an einen glasierten Zuckerapfel denken musste.
Während sie ihn finster musterte, kniff sie die überaus dramatisch umrandeten Augen zusam-180
men. Sie sah aus, als wäre sie einem Kubrick-Film entsprungen.
»Ich heiße Tonaishah «, fauchte sie. Vielleicht hatte sie aber auch Tanya Iseah oder Taneesha gesagt. Er war genauso schlau wie zuvor.
»Und das ist Linda«, erklärte er mit dünner Stimme. »Wir gehen heute Abend aus.«
»Und werden bestimmt einen Mordsspaß miteinander haben, nicht?«, fragte Tonaishah.
»Ganz bestimmt.«
»Na denn.«
Art eilte zur Tür, griff erst an der Klinke vorbei, bekam sie dann doch noch zu fassen, packte Lindas Hand und zog sie auf den Gang.
»Ich bin heute ein bisschen geil«, raunte sie ihm direkt ins Ohr. »’tschuldigung.« Sie kicherte.
»Ich muss dir erst noch jemanden vorstellen.«
Er langte nach unten und rückte seine Hose zurecht, damit niemand seine Latte bemerkte.
»Was, gleich hier in deinem Büro?« Linda legte ihre Hände auf seine, die noch am Schritt fum-melten.
»Jemanden mit zwei Augenschlitzen.« Er schob ihre Hand höher hinauf, auf seine Hüfte.
»Oh, was für eine Enttäuschung.«
»Ich mein’s ernst. Ich möchte, dass du meinen Freund Fede kennenlernst. Ich glaube, ihr zwei werdet euch wirklich gut verstehen.«
»Halt mal. Ist das nicht ein schwerwiegender 181
Schritt? Mir deine Freunde vorzustellen? Sind wir denn schon so weit? Ist es schon so ernst mit uns beiden?«
»Ich
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