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Titel: Upload Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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er in die Trägheit, die so oft auf ein üppiges Mahl folgt. Das Einzige, was er noch herausbrachte, war ein zufriedenes Rülpsen.
    Währenddessen plapperten Oma und Linda wie alte Freundinnen, schmiedeten Pläne für die kom-mende Woche und einigten sich auf einen Besuch 256
    im Zoo, einen Ausflug zur Insel, eine Tagesreise zu den Niagarafällen, eine Fahrt zur Spitze des CN
    Tower. Es war das komplette touristische Programm, das Art schon in der Grundschule hinter sich gebracht hatte.
    Als Art sich endlich ins Bett legte, den Bauch voll mit unverdautem Fleisch, fühlte er sich wunderbar und mit der ganzen Welt ausgesöhnt. Linda stieg zu ihm ins Bett, klaute ihm ein Kopfkissen und eine Decke und kuschelte sich an ihn.
    »Das ist gut gelaufen«, bemerkte Art. »Ich bin froh, dass ihr zwei so toll miteinander aus-kommt.«
    »Ich auch, Schatz.« Linda küsste seine mit einem T-Shirt bedeckte Schulter. Art hatte die Skrupel, unter dem Dach seiner Oma ein Bett mit seiner Freundin zu teilen, schließlich beiseitege-schoben, aber irgendwie kam es ihm ungehörig vor, wenn er dabei nackt war.
    »Das wird eine tolle Woche«, sagte er. »Ich wünschte, sie würde nie zu Ende gehen.«
    »Tja.« Gleich darauf begann Linda, den Kopf an seinen Hals geschmiegt, zu schnarchen.
    Als er am nächsten Morgen aufwachte, war Art stocksteif, aber bester Laune. Er streckte sich auf dem Bett aus, nahm beiläufig zur Kenntnis, dass Linda aufgestanden war, und watschelte ins Bad, um seine Blase zu entleeren. Er war schon drauf und dran, wieder ins Bett zu kriechen, als er einen 257
    schon vertrauten, nervtötenden Wortschwall hör-te: Wieder einmal stritt Linda via Komset mit jemandem herum. Er öffnete die Tür zu seinem alten Schlafzimmer, und da stand sie mit dem Komset, ins Licht der Morgensonne getaucht, splitternackt und bildschön, den Blick ins Leere gerichtet, und brüllte wie eine Irre.
    »Nein, verdammt noch mal, nein! Nicht hier.
    Mein Gott, hat dir jemand ins Gehirn geschissen?
    Ich hab nein gesagt!«
    Als Art eine Hand nach ihr ausstreckte, fiel ihm auf, dass ihr Rücken bebte und sichtlich verkrampft und angespannt war. Er zog die Hand zu-rück und kramte stattdessen leise in seiner Reise-tasche herum, um Klamotten zum Wechseln
    herauszusuchen.
    »Es geht im Moment wirklich nicht. Ich bin bei Arts Großmutter zu Besuch, kapiert? Ich ruf dich später noch mal an.« Sie warf das Komset aufs Bett und wirbelte herum.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Art zaghaft.
    »Nein, verflucht, es ist nicht alles in Ordnung.«
    Art zog seine Hose an und betrachtete dabei Lindas Komset, das von hunderttausend wütend abgebrochenen Gesprächen ganz zerbeult und zerkratzt war. Es gefiel ihm überhaupt nicht, wenn sie sich so aufregte und eine Wut ausstrahlte, als wollte sie am liebsten auf jemanden einschlagen.
    »Ich fürchte, ich muss fahren«, erklärte sie.

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    »Wohin?«
    »Nach Kalifornien. Das war wieder mein bescheuerter Ex. Ich muss die Sache endlich mal mit ihm klären.«
    »Dein Ex weiß, wer ich bin?«
    Sie sah ihn ausdruckslos an.
    »Du hast ihm doch gesagt, dass du bei meiner Großmutter zu Besuch bist. Weiß er, wer ich bin?«
    »Ja, er weiß es. Ich hab’s ihm gesagt, damit er mich in Ruhe lässt.«
    »Und du musst wirklich nach Kalifornien?«
    »Ja. Ich muss heute noch nach Kalifornien.«
    »Aber wieso denn heute? Wir sind doch gerade erst angekommen!«
    »Hör mal, du hast deiner Oma und deinen
    Freunden hier doch so viele Neuigkeiten zu erzählen. Du wirst mich gar nicht vermissen. Ich bin nur ein paar Tage unterwegs, dann komme ich zu-rück.«
    »Wenn’s denn unbedingt sein muss.«
    »Es muss sein.«
    Während Linda ihre Sachen wieder in den
    Rucksack packte, erklärte er Oma, so gut er konnte, die neue Situation. Später begleitete er Linda zum Taxi. Schon wieder malträtierte sie ihr Komset, um kurzfristig ein Ticket nach Los Angeles zu ergattern. Nach Lindas Aufbruch blieb er in der Einfahrt zum Haus seiner Großmutter stehen und rief Fede an.

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    »He, Art! Wie ist es in Toronto?«
    »Woher weißt du denn, dass ich in Toronto bin?«, fragte Art, aber er kannte die Antwort bereits. In diesem Moment wusste er Bescheid, auch wenn er nicht hätte erklären können, woher und warum. Er wusste einfach, dass Linda mit Fede telefoniert hatte. Er wusste, dass Linda sich heute früh mit Fede gestritten hatte und nicht mit ihrem bescheuerten Ex (meine Güte, sogar er nannte dieses arme Schwein schon den bescheuerten Ex

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