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bin. Ich hab das Gefühl, ganz schön in der Scheiße zu stecken. Wissen Ihre Kollegen eigentlich von dem Wagen?«
»Von welchem Wagen?«
»Ich meine den auf dem Parkplatz, der explodiert ist.«
Doktor Szandor lacht so laut, dass sein Zigaret-248
tenersatz durchs Zimmer fliegt und in einem Eimer für medizinischen Sondermüll landet. »Sie Schweinehund – das waren Sie?«
»Ja.« Ich trommle mit den Füßen gegen die Blechschränke unter dem Untersuchungstisch.
»Mensch, das war mein Wagen!«
»Oh, Scheiße. Tut mir wirklich sehr leid.«
»Nein, nein.« Er fingert in seiner Tasche herum und wickelt ein frisches Substitut aus. »Macht nichts. Die Versicherung bezahlt alles. Ich kauf mir ein Motorrad. Wrumm, wrumm ! Aber trotzdem, was für ein Zufall.«
Zufall. Als er an seinem Schnuller saugt, macht er ekelhafte Geräusche, wie ein mampfender Hamster im Käfig. »Sagen Sie mal, Szandor, verdrücken Sie sich manchmal ins Treppenhaus, um eine Zigarette zu rauchen? Und benutzen Sie dort ein Stückchen Alufolie als Aschenbecher? Und stellen Sie etwas in die Tür, damit sie nicht zu-fällt?«
»Wieso fragen Sie?«
»So bin ich nämlich aufs Dach gekommen.«
»Oh Scheiße.«
»Das bleibt unter uns. Wenn man mich fragt, sage ich einfach, dass ich nicht weiß, wie ich ent-kommen bin. Schließlich bin ich unzurechnungsfähig, nicht?«
»Sie sind ein prima Kerl, Art. Wie, zum Teufel, kriegen wir Sie hier raus?«
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»He, was?«
»Nein, ehrlich. Es gibt doch keinen vernünftigen Grund für Sie hierzubleiben, nicht? Sie belegen nur ein wertvolles Klinikbett.«
»Na ja, ich weiß Ihr Mitgefühl wirklich zu schätzen, aber ich fürchte, sobald Sie mich ziehen lassen, werden Ihre Kollegen mich für eine ganze Weile mit Drogen vollpumpen.«
Er verzieht das Gesicht. »Da könnten Sie recht haben. Die Jungs stehen auf so was. Leben Ihre Eltern noch?«
»Was? Nein, sie sind beide tot.«
»Aha. Plötzlich gestorben?«
»Ja. Papa ist ertrunken. Und Mama ist gestürzt, als …«
»Ja, ja! Psst. Mama ist plötzlich gestorben. Sie hat wahrscheinlich Haldol geschluckt, als es geschah, niedrig dosiert, gegen Angst und Unruhe, stimmt’s?«
»Hä?«
»Vermutlich war es so. Wahrscheinlich hatten die Medikamente bei ihr eine fatale Nebenwir-kung, sie hat allergisch reagiert. Sekundentod-Syndrom. Die allergische Reaktion ist erblich. Und Sie sagen, sie ist gestürzt? Sicher ein Anfall. Wir werden Sie auf die Warteliste für die Computer-tomografie setzen, aber es wird mindestens einen Monat dauern, bis Sie rankommen. Gut möglich, dass Sie ein Epileptiker sind, ohne es zu wissen.
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Mann, es erfordert hier schon eine Woche Papierkram, nur um die radioaktiven Isotope für die Untersuchung zu besorgen. Sie dürfen kein Thorazin schlucken, junger Mann, solange wir nicht mit Sicherheit ausschließen können, dass es Sie auf der Stelle umbringt. Der Rechtsberater der Klinik hat vor nicht einmal einem Monat einen sehr ein-dringlichen Vortrag zu diesem Thema gehalten. Ich werde in Ihre medizinische Vorgeschichte einen entsprechenden Vermerk eintragen.« Er nahm sein Komset und kritzelte irgendetwas.
»Wäre mir nie in den Sinn gekommen. Ich bin beeindruckt.«
»Es gehört zu den Dingen, mit denen ich schon eine ganze Weile herumspiele. Natürlich halte ich psychiatrische Betreuung für einen Segen, aber ich finde, man könnte sie besser umsetzen. Ein guter Anfang wäre es zum Beispiel, den Ärzten in der Psychiatrie die Rezeptblöcke wegzunehmen.«
»Oder man könnte offizielle Statistiken darüber führen, welcher Arzt welche Medikamente wie oft verschrieben hat. Die Liste könnte man dann in den Stationen aushängen, zur Information für die Angehörigen der Patienten.«
»Das ist wirklich fies ! Gefällt mir. Man soll uns haftbar machen können, richtig? Was fällt Ihnen sonst noch ein?«
»Geben Sie den Patienten einen guten Grund, ihre Lokalisierungsmanschetten zu tragen. Am 251
besten modifiziert man diese Manschetten so, dass sie statistische Daten über die Beweglichkeit und die körperlichen Werte liefern. Dann kann man diese Daten mit der Medikation und anderen therapeutischen Maßnahmen abgleichen.
Richten Sie einen Selbsthilfedienst ein, der automatisch Patienten zusammenführt, die auf The-rapien ähnlich reagieren, damit sie ihre Erfahrungen miteinander austauschen können. Oh, und wenn man die Daten des einen Patienten mit den Lokalisierungsdaten anderer vergleicht, er-hält man auch Aufschluss
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