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Titel: Upload Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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angereist, um für mich auszusagen.«
    »Oh«, seufzte dieser Strippenzieher und schüttelte den Kopf. »Das halte ich für keine sonderlich gute Idee. Schließlich ist sie keine psychiatrische Fachkraft, oder?«
    »Nein, aber sie kennt mich schon ein Leben lang. Sie weiß, dass ich weder für mich noch für andere eine Gefahr darstelle.«

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    »Tut mir leid, aber das ist nicht zweckdienlich.
    Wir alle lieben unsere Familien, aber das Gericht will Personen hören, die zu diesem Thema ein sachkundiges Urteil abgeben können. Selbstverständlich werden Ihre Ärzte zu Ihrem Fall aussagen.«
    »Darf ich auch etwas sagen?«
    »Wenn Sie unbedingt wollen. Aber ich fürchte, auch das ist keine besonders gute Idee. Wenn die Richterin Ihre Meinung hören will, wird sie von sich aus Fragen an Sie richten. Ansonsten sitzen Sie einfach ruhig da, machen keine Faxen und versuchen so gelassen und vernünftig wie möglich zu wirken.«
    Mir war so, als hätte man mir Bleikugeln an Ar-me und Beine gehängt und eine weitere in meinem Kopf versenkt. Die neue Medikation trübte die Welt ringsum so ein, als blickte ich durch Milchglas, stopfte mir Watte in die Ohren und ließ meine Zunge anschwellen. Es dauerte eine Weile, bis seine Worte in mein Gehirn sickerten.
    »Sie wollen also, dass weder meine Großmutter noch ich irgendetwas sagen und das Gericht nur die Ärzte hört?«
    »Seien Sie nicht so störrisch, Art. Das hier ist lediglich eine Anhörung, um den Grad Ihrer Zurechnungsfähigkeit zu bestimmen. Eine Gruppe talentierter, professioneller Psychotherapeuten hat Sie in der vergangenen Woche beobachtet und 284
    ist aufgrund dieser Beobachtungen zu bestimmten Schlussfolgerungen gelangt. Wenn jeder, dessen Zurechnungsfähigkeit vor Gericht geprüft wird, einen Haufen unwichtiger Zeugen mitbrin-gen und lange Reden halten würde, wären die Gerichte für Jahrzehnte im Voraus ausgebucht. Dann würden andere Leute, die zur Beobachtung eingeliefert wurden, vergeblich auf ihre Anhörung warten. Davon hätte niemand etwas. Das verstehen Sie doch sicher, nicht wahr?«
    »Eigentlich nicht. Ich finde, es wäre besser, wenn ich selbst für mich sprechen könnte. Das Recht habe ich doch, oder nicht?«
    Er seufzte erneut und wirkte sehr genervt.
    »Wenn Sie darauf bestehen, kann ich Sie aufrufen.
    Aber als Ihr Anwalt rate ich Ihnen aufgrund meiner Erfahrungen, darauf zu verzichten .«
    »Es wäre mir wirklich lieber.«
    Er ließ sein Komset zuschnappen. »Wir sehen uns dann im Sitzungssaal. Der Gerichtsdiener wird sie reinbringen.«
    »Können Sie meiner Großmutter mitteilen, wo ich bin? Sie wartet wahrscheinlich irgendwo im Gericht.«
    »Tut mir leid, aber ich habe noch andere Fälle zu betreuen – ich fürchte, da bleibt keine Zeit, für Sie den Laufburschen zu spielen.«
    Als er das kleine Büro verließ, fühlte ich mich so, als hätte mir jemand den Strom abgestellt. Die 285
    Medikamente machten mir die Augenlider schwer und dämpften meine Wut und Panik. Später wür-de ich sicher wieder auf hundertachtzig sein, aber im Moment hätte ich meine Arme am liebsten auf dem schmierigen Tisch verschränkt und den Kopf darauf gestützt.
    Die Anhörung war so kurz, dass ich kaum
    etwas mitbekam. Während ich neben meinem Anwalt saß, standen die Ärzte auf und legten ihre Berichte als Beweismittel vor. Ich glaube, die Stellung-nahmen wurden nicht einmal vorgelesen,
    sondern nur an die Protokollantin des Gerichts weitergereicht. Meine Oma hatte hinter mir auf einem Stuhl Platz genommen, der durch eine Schranke vom eigentlichen Gerichtssaal abgetrennt war. Die ganze Zeit über ließ sie eine Hand auf meiner Schulter ruhen, was meine von den Medikamenten eh schon bleischweren Muskeln als zusätzliches Tonnengewicht empfanden.
    »Na gut, Art.« Mein dämlicher Anwalt stupste mich an. »Jetzt sind Sie an der Reihe. Stehen Sie auf, aber fassen Sie sich kurz.«
    »Euer Ehren«, begann ich, wusste aber nicht, wie ich fortfahren sollte. Die ganze wunderbare Rhetorik ließ mich im Stich. Die Richterin sah mich nur kurz an, dann tippte sie wieder auf ihrem Komset herum. Vielleicht spielte sie Solitär oder schaute sich einen Pornofilm an. »Ich habe um kurze Redezeit gebeten, damit ich selbst zu 286
    meinem Fall aussagen kann. Mein Anwalt hat mir davon abgeraten, aber ich habe darauf bestanden.
    Es geht mir um Folgendes: Ich kann hier nicht gewinnen. Wie ich in der Psychiatrie gelandet bin, ist eine lange Geschichte, die ich nur kurz zusam-menfassen will.

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