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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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eine schräg nach oben verlaufende Flugbahn ein und spaltete den kahlen Schädel des Monsters. Perry hörte, wie Markus dahinter nach Luft rang. Die Atmung des Jungen musste unheimlich angestrengt und laut sein, wenn er sie trotz des Lärms der Schüsse wahrnehmen konnte. Das Monster stieß durch den verwundeten Mund ein Knurren aus, setzte sich in Bewegung und schwang immer noch Markus’ Arm wie als Ersatz für seine Keule.
    Plötzlich wurde Perry bewusst, dass Leo direkt neben ihm stand.
    »Zielen Sie nach oben!«, brüllte der Junge und ging auf die Knie. Bevor Perry einen weiteren Schuss abgeben konnte, rammte Leo das Brecheisen direkt in die Mitte des grotesken, entzündeten Gemächts ihres Angreifers. Ein Schwall abscheulicher Atemluft zischte aus den Lungenflügeln des Mutanten. Der fasste sich mit beiden Händen an den verheerten Schwanz und ließ seine grausige Waffe fallen. Blut und Eiter quollen zwischen den wurstähnlichen Fingern hervor. Die schwarzen Kugelaugen verdrehten sich nach oben, dann kippte der Koloss mit einem leisen Winseln nach hinten. Das Brecheisen ragte noch zwischen den Schenkeln hervor.
    »Bleib zurück«, sagte Perry zu Leo.
    Der Junge drehte sich zur Seite und übergab sich.
    Perry beugte sich über den Hünen und feuerte die restlichen Patronen in dessen Schädel. Wieder musste er an zerplatzende Wassermelonen denken. Diesmal empfand er jedoch eher Befriedigung als Entsetzen bei dem Vergleich. Selbst, als das Magazin der Pistole leer war, drückte er noch weiter den Abzug. Er schien einfach nicht aufhören zu können. Vom Hals aufwärts bestand die Kreatur nur noch aus rosafarbenen und weißen Brocken, dennoch rechnete ein kleiner Teil von Perry offenbar immer noch damit, das Monster könnte sich aufsetzen und ihn an den Knöcheln packen. Seine Hände und Handgelenke schmerzten, in seinen Ohren klingelte es. Beißender Pulverrauch erfüllte die Luft. Leere Messinghülsen übersäten den Boden und funkelten im Licht der Taschenlampen.
    »Scheiße ...«
    Perry wirbelte herum und sah, dass Dookie und Jamal noch hier waren und gleichermaßen entsetzt und ungläubig auf die Szene starrten. Leo würgte erneut, und sein Erbrochenes spritzte über die Bodenbretter, vermischte sich mit dem Blut von Chris und Markus. Zittrig ging Perry hinüber und legte behutsam eine Hand auf die Schulter des Jungen. So verharrten sie wortlos, bis Leo fertig war.
    »Scheiße«, wiederholte Dookie. Seine Stimme ging kaum über ein Flüstern hinaus.
    »Sieh nach Markus«, sagte Perry, von Gefühlen überwältigt. »Überprüf, ob er noch atmet.«
    Dookie gab einen erstickten Laut von sich. »Auf keinen Fall ...«
    »Tu’s einfach! Bitte.«
    Perry drückte Leos Schulter. Der Junge drehte sich um und schaute mit Tränen in den Augen und Kotze an den Lippen und am Kinn zu ihm hoch.
    »Geht’s wieder?«
    »Ja«, flüsterte Leo. »Ich ... Markus war ein Arsch, trotzdem ist er auch mein Kumpel gewesen. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Ja.«
    »Und Chris ... Scheiße, ich hab Chris schon gekannt, da haben wir beide noch in Windeln gesteckt. Er kann nicht tot sein. Ist einfach nicht drin.«
    Perry drehte sich zu den Leichen um. Dookie kniete neben Markus und sah ihm ins Gesicht. Markus starrte reg- und blicklos zu ihm empor.
    »Tot?«, fragte Perry.
    Dookie nickte.
    »Scheiße noch mal, was war das für ein Viech?«, fragte Jamal schluchzend. »Ich mein, so was gibt’s ja gar nicht.«
    Niemand antwortete ihm.
    Perry half Leo auf die Beine, dann wandte er sich an die verbliebenen Jungen.
    »Irgendjemand muss die Schüsse gehört haben. Auch wenn die Bullen bislang nicht aufgekreuzt sind, jetzt haben sie keine andere Wahl. Ich schlage vor, wir gehen zurück zum Eingang, sehen zu, dass wir nach draußen kommen und warten, bis sie hier sind.«
    »Was ist mit Markus und Chris?«, warf Leo ein. »Sollen wir die einfach hier liegen lassen?«
    »Im Augenblick können wir nichts für sie tun. Das hier ist ein Tatort. Ist am besten für alle Beteiligten, wenn wir alles so zurücklassen, wie es ist, bis Hilfe eintrifft.«
    Jamal deutete auf den Leichnam des Mutanten. »Sie machen sich Sorgen, dass die Bullen Sie verhaften könnten, weil Sie ihn erledigt haben, richtig?«
    »Nein«, erwiderte Perry. »Tu ich nicht. Das war Notwehr. Jeder Idiot kann sehen, dass Chris und Markus von diesem Freak umgebracht worden sind. Sorgen mache ich mir eher um den Rest von euch. Lasst uns gehen.«
    Er scheuchte sie durch den Flur zurück.

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