Urban Gothic (German Edition)
einen anderen Weg aus den Tunneln zu suchen. Es musste noch andere Zugänge geben, sonst wären diese Wesen schon vor langer Zeit verhungert. Sie konnten unmöglich allein von der Beute leben, die sich in das Haus verirrte.
»Kannst du mich hören, Weibsstück? Gib einfach auf, dann mache ich es schnell. Ich blute dich aus, bevor du merkst, was mit dir passiert. Sonst machst du es nur umso schlimmer für dich!«
Mittlerweile befand sich die Stimme ganz in der Nähe und klang deutlicher. Mit weniger Widerhall und Verzerrung, doch genauso furchteinflößend wie zuvor.
Schlimmer, dachte Heather. Wie kann es noch schlimmer werden? Meine Freunde sind inzwischen vermutlich allesamt tot und ich sitze unter den Straßen von Philadelphia mit einer Horde inzüchtiger Mutantenfreaks fest.
Die Babys erholten sich von Heathers Angriff und begannen, sich neu zu formieren. Ihr durchdringendes schrilles Geschrei schwoll an. Der Gürtel schnalzte abermals, das Geräusch hallte aus dem Tunnel herein. Heather preschte nach vorn, packte ein gesplittertes Tischbein und positionierte sich in Schlagdistanz. Mehrere der wagemutigeren Kreaturen krallten nach ihr, spuckten in ihre Richtung und fauchten zornig. Der Geruch, der von ihnen ausging, ließ Heathers Augen brennen und tränen.
Sie schwang das Tischbein und sprang zurück, bremste den Vormarsch der Wesen. Das Licht wurde immer heller – mittlerweile befand es sich so nah, dass sie den runden Strahl einer Taschenlampe und die schattige Gestalt dahinter ausmachen konnte.
Es musste einen Ausweg geben. Nichts anderes zählte. All die Freaks und Monster, all der Dreck und Tod und Gestank dieses Ortes spielten keine Rolle mehr, wenn sie nur aus dieser Falle entkam. Das redete sich Heather ein, während sie angesichts des Gestanks in der Luft würgte und ihre Angreifer im Auge behielt. Die Missgeburten hopsten, platschten und zuckten, als sie abermals versuchten, sie zu umzingeln.
Eines der Geschöpfe, ein ausgemergeltes Ding mit teigiger Haut zwischen all dem Dreck und Lehm, vorstehenden Augen und zu großen, gebleckten gelben Zähnen griff sie an, streckte beide dürren Hände nach ihr aus. Brüllend schwang Heather ihre Keule. Das Tischbein klatschte gegen feuchte Haut und verursachte einen Schmatzlaut, der Heather an einen in Schlamm versinkenden Schuh erinnerte. Die Kreatur grunzte erst, dann schrie sie und die langen knochigen Finger umfassten Heathers Fußgelenk, bevor sie zurückweichen konnte.
Die kalten, zierlichen Finger erwiesen sich als widernatürlich stark, und bevor Heather wusste, wie ihr geschah, thronte das Monster auf ihr. Kraftvolle Hände packten ihr Bein und das totenbleiche Gesicht schoss auf sie zu. Die zu großen Zähne schnappten nach ihrem Knöchel und bissen heftig zu, drangen durch den Jeansstoff und bohrten sich in die Haut, schabten über den Knochen und rissen Fleischfetzen weg. Heather stöhnte auf, als sich Schmerzen rasend durch ihr Bein ausbreiteten. Sie holte mit der Keule aus und schlug dem Monster damit auf den Rücken und auf die Schulter. Halb fürchtete sie, das morsche Holz könnte in ihren Händen zerbröseln, doch es blieb ganz und vibrierte unter der Wucht ihrer Hiebe. Jeder Schlag verpasste der teigigen weißen Haut der Kreatur hässliche violette und rote Striemen. Schließlich ließ das Monster von ihrem Bein ab, hopste zurück, kreischte und fuchtelte durch die Luft. Heather stieß ein freudiges Zischen aus, während sich die Kreatur vor offensichtlichen Schmerzen krümmte. Der Rest des Schwarms, der schon zum Angriff angesetzt hatte, hielt sich zurück. Heather erkannte Scheu und Unsicherheit in den Augen der Mutanten.
Doch all das verflog kurz darauf, als die Gestalt mit der Taschenlampe die Kammer betrat.
»Oh mein Gott ...«
Die Gestalt lächelte. »Dir gefällt wohl mein Anzug, was? Findest du ihn hübsch? Nur zu, sieh ihn dir genau an. Du wirst mein neues Sonntagskleid.«
Die Gestalt trug die Haut einer toten Frau über dem Körper. Grobe schwarze Nähte verliefen über die Beine und den Unterleib, wanden sich um die Taille und den Hals. Die flachen Brüste hingen tief hinab. Die glatte, glänzende Haut spannte sich straff über die Brust und die Arme des Wahnsinnigen. Heather konnte seine Muskeln sehen, die sich unter der zweiten Haut abzeichneten und spannten. Am verstörendsten fand sie das Gehänge des Mörders. Sein Schwanz ragte vollständig erigiert aus der toten, gegerbten Vagina hervor. Heather hob den Blick zu
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