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Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition)

Titel: Urbat - Der verlorene Bruder: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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die Straße fuhren, schnallte ich mich an. »Äh … und du verfolgst mich nicht oder so was?«
    »Bist du vielleicht ein bisschen egozentrisch?« Talbot kicherte.
    Der Klang seines Lachens ließ wieder diese warmen Wellen durch meinen Körper strömen. Ich bekam Gänsehaut.
    »Ich sollte dich das wohl fragen, was?«, sagte Talbot.»Klopfst du demnächst an meine Zimmertür im Wohnheim?«
    Ich wurde rot. »Nein, ähm, es ist nur seltsam, dich wiederzutreffen.«
    Talbot blieb an einer roten Ampel stehen. »Gruselig seltsam oder angenehm seltsam?«
    Er lächelte mich wieder an. Seine Grübchen traten deutlich hervor. Wieso fühlte ich mich in seiner Anwesenheit so, als hätte ich mich an einem kalten Winterabend in eine warme Decke gekuschelt? Und weshalb war dieses Gefühl tröstlich und gleichzeitig verstörend? Ich blickte zur Seite, damit er die Röte in meinem Gesicht nicht sehen konnte. »Angenehm seltsam, schätze ich mal.«
    Talbot setzte den Blinker und lenkte den Van auf die Schnellstraße. Wir fuhren in Richtung Innenstadt. Angesichts der Möglichkeit, vielleicht nach Jude Ausschau halten zu können, überkam mich ein Anflug gespannter Erwartung.
    »Du hast mir übrigens eine Menge Arbeit erspart«, sagte Talbot.
    »Inwiefern?«
    »Na, jetzt muss ich nicht nach deiner Telefonnummer suchen. Aber so viele Divines wird’s ja da draußen auch nicht geben.«
    Mist, jetzt errötete ich noch mehr. Was war bloß los mit mir? »Du wolltest meine Nummer rauskriegen?«
    »Deine Freundin hat im Club ihr Armband verloren. Ich dachte mir, dass sie es gern zurück hätte. Aber sie hat mir ihren Nachnamen nicht genannt. Deinen konnte ichmir allerdings leicht merken. Ich hab das Armband da hinten in meinem Rucksack. Erinnere mich daran, bevor du nachher wieder fährst.«
    »Oh, okay.« Eine gewisse Erleichterung dämpfte das Glühen meiner Wangen. Natürlich hatte er mich nicht meinetwegen anrufen wollen. »Wo fahren wir eigentlich hin?«
    »Ich hab da ungefähr zwanzig Kisten mit gespendeten Büchern im Wagen. Wir bringen sie zur Leihbücherei in der Tidwell Street. Die meisten Bücher dort sind so alt, dass sie schon vor zehn Jahren auseinandergefallen sind.«
    »Das ist alles?«
    »Wie, ist das nicht aufregend genug?«
    »Ich weiß nicht. Ich hab wohl mehr praktische Arbeit erwartet. Ich verstehe nicht wirklich, wieso ich dabei helfen soll, ein paar Bücher auszuliefern.«
    »Du bist hier, weil ich dir die Feinheiten beibringen soll, wenn’s darum geht, anderen zu helfen. Wohltätigkeitsarbeit ist oft nichts Außergewöhnliches. Klar, manchmal bekommen wir den Auftrag, Essen an Bedürftige zu verteilen oder am Wochenende bei einem Hausbau mitzuhelfen. Aber die Hälfte meines Jobs besteht aus Lieferfahrten.« Er richtete seine Mütze. »Aber mach dir keine Sorgen, wir werden schon noch ganz praktische Arbeit machen müssen.«
    Obwohl mein Gesicht jetzt noch heißer wurde, blickte ich ihn erstaunt an.
    »Was?« Er grinste. »Du hast doch wohl keine Angst, dir die Hände schmutzig zu machen? Denn wenn du zudiesen Kids gehörst, die sich vor Obdachlosen ekeln oder Angst haben, sich beim Hämmern einen Fingernagel abzubrechen, dann sollte ich besser direkt umkehren und um eine andere Partnerin oder einen Partner bitten.«
    »Wie bitte? Nein. Also erst mal: Ich bin kein Kind mehr. Ich werde in drei Monaten achtzehn. Und ich fürchte mich ganz bestimmt nicht davor, mir die Hände schmutzig zu machen.« Ich weiß nicht wieso, aber plötzlich verspürte ich das Bedürfnis, mich Talbot gegenüber zu rechtfertigen – mich irgendwie zu beweisen oder so was. Vielleicht lag es daran, dass Gabriel nach unserer ersten Begegnung so viele Vermutungen über mich angestellt hatte und ich nicht wollte, dass Talbot dasselbe tat. »Wohltätigkeitsarbeit ist mir durchaus nicht fremd. Mein Vater ist Pastor. Wir haben solche Sachen die ganze Zeit gemacht. Weißt du eigentlich, wie viele Stunden ich damit verbracht habe, Essen auszuliefern und im Obdachlosenheim auszuhelfen?«
    »Verbracht
habe
? Warum sagst du verbracht habe?«
    Ich starrte aus dem Fenster und beobachtete die Fußgänger auf der Straße. Wir waren jetzt in der Innenstadt, deshalb wollte ich Ausschau nach Leuten halten, die vielleicht wie Jude aussahen. »Die Dinge waren in letzter Zeit nicht so einfach. Es ist eine Weile her, dass ich was Besonderes für jemanden getan habe.«
    »Tja, jetzt bekommst du deine Chance.« Talbot stoppte auf einem ausschließlich für Lieferungen

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