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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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abplatzende Zimmerdecke.
    »Zed, das ist Grace. Grace, das ist Zed«, sagte Daniel, auf den Typen deutend. Zed rührte sich nicht. Daniel lief weiter.
    Ich blickte nach oben zur Decke, um zu sehen, was so faszinierend daran war.
    »Grace«, bellte Daniel.
    Ich zuckte zusammen und folgte ihm. Bevor ich mich versah, befand ich mich in etwas, das offenbar sein Schlafzimmer war. Der Raum war ungefähr so groß wie der Wandschrank im Schlafzimmer meiner Eltern, und eine zusammengeknautschte graue Decke lag auf einer in die Ecke gequetschten Matratze, neben einer Kommode, auf der mehrere Holzfaserplatten übereinandergestapelt waren. Daniel schob mit dem Fuß die Tür zu. Kleine kribbelnde Stiche liefen mir durch die Wirbelsäule.
    Es sah aus, als hätte jemand einen großen Hund in diesem Wandschrank/Zimmer gehalten. Die Tür war mitmehreren klauenartigen Kerben übersäht. Sie sahen aus wie die Kratzer, die Daisy immer an meiner Schlafzimmertür hinterlassen hatte, wenn ich nicht zu Hause war, nur dass diese Kratzer viel größer und tiefer waren. Der Türrahmen war stellenweise zersplittert und gerissen. Welches Tier auch immer hier drinnen gehalten worden war, anscheinend war es herausgekommen.
    Ich wollte Daniel gerade danach fragen, als er sich auf die Matratze fallen ließ. Er zog seine Schuhe aus und fing an, den Reißverschluss seines Overalls aufzuziehen. Panik durchströmte mich. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und wandte den Blick ab.
    »Keine Angst, meine Teuerste«, sagte Daniel. »Ich werde deine jungfräulichen Augen schon nicht schänden.«
    Seine zusammengeknüllte Arbeitskluft landete im hohen Bogen vor meinen Füßen. Ich schielte zu ihm hinüber, natürlich ganz vorsichtig, und sah, dass er seine abgetragene Jeans und ein helles T-Shirt darunter trug.
    »Also, was könnte es denn sein, das Eure Majestät unbedingt mit mir bereden muss?« Er streckte sich quer über der Matratze aus und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Und Euch noch dazu veranlasst, an einem Wochentag hier abends aufzutauchen?«
    »Vergiss es.« Ich hätte ihm am liebsten meinen schweren Rucksack an den Kopf geworfen. Doch stattdessen öffnete ich ihn und ließ den Inhalt auf den Boden fallen: Müsliriegel, Suppendosen, getrocknetes Rindfleisch, Studentenfutter, ein halbes Dutzend Hemden und drei Hosen, dieich aus den gespendeten Sachen herausgefischt hatte, die übers Wochenende im Pfarrhaus gelandet waren. »Iss was. Du siehst aus wie ein verhungernder Hund.«
    Daniel beugte sich vor und durchsuchte den Stapel. Ich wandte mich zum Gehen.
    »Hühnersuppe mit Sternchennudeln«, sagte er und hielt eine Dose in der Hand. »Das war immer mein Lieblingsgericht. Deine Mom hat sie oft gekocht.«
    »Ich weiß. Ich hab’s nicht vergessen.«
    Daniel riss die Packung eines Müsliriegels auf und verschlang das Ding mit zwei Bissen. Dann ging er zu einem Stück getrockneten Rindfleischs über. Er sah so gierig aus, dass ich beschloss, ihm die guten Nachrichten nun doch mitzuteilen.
    »Ich habe heute mit Mr Barlow gesprochen. Er sagt, dass er dir vielleicht eine zweite Chance gibt, wenn du morgen früh bei ihm erscheinst. Aber du musst vor sieben Uhr zwanzig da sein«, sagte ich und baute damit ein kleines Zeitpolster ein. »Und du solltest etwas Anständiges anziehen.« Ich deutete auf den Klamottenstapel. »Dort findest du eine Baumwollhose und ein richtiges Hemd. Wenn du dich nicht allzu dumm anstellst, lässt er dich bestimmt wieder in seinen Unterricht.« Ich warf mir den leeren Rucksack über die Schulter und wartete auf seine Reaktion.
    »Hm.« Daniel griff sich einen weiteren Müsliriegel und lehnte sich an die Wand. »Vielleicht komme ich vorbei.«
    Ich weiß nicht, was ich eigentlich erwartet hatte: dasser vielleicht aufsprang, mich umarmte und eine Wundertätige nannte? Oder zumindest ein ›Dankeschön‹? Allerdings konnte ich die Dankbarkeit in seinen dunklen, vertrauten Augen sehen – was er aber ums Verrecken nicht zugegeben hätte.
    Ich umklammerte die Riemen meines Rucksacks. »Tja … dann zieh ich mal wieder los.«
    »Willst wohl das gute alte Divine-Abendessen nicht verpassen.« Daniel warf eine Verpackung auf den Fußboden. »Gibt’s Hackbraten heute?«
    »Reste. Aber ich hab noch was anderes vor.«
    »Bibliothek«, brachte er es mit einem einzigen abschätzigen Wort auf den Punkt.
    Leicht eingeschnappt verließ ich sein Zimmer und ging zurück in den Wohnbereich. Zed lag immer noch auf der Couch, und zwei

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