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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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hoch wie das Tor im Garten der Engel.«
    »Da hab ich mir ja auch fast den Hals gebrochen«, keuchte ich zwischen meinen zitternden Armen hervor.
    »Und da hab ich dich ja auch sicher aufgefangen.« Daniels Stimme schien jetzt näher zu sein. »Vertrau mir.«
    »Okay.«
    Ich stieß mich ab und ließ mich fallen. Daniel schlug seine Arme um meinen Oberkörper und fing mich auf, bevor ich den mit Felsbrocken übersäten Boden erreichte. Er zog mich fest an sich.
    Ich konnte nicht atmen.
    »Also, welchen Teil von ›Bleib hier‹ hast du nicht verstanden?«, flüsterte er. Sein warmer Atem strich mir über den Nacken wie zärtliche Finger. Mein ganzer Körper war von Wärme umhüllt.
    »Tja, ich bin nun mal kein Golden Retriever …«
    Vorsichtig setzte Daniel mich ab. Ich drehte mich zu ihm, meine Beine zitterten. Seine blaues Hemd und seine Hose waren immer noch blitzsauber. Nur seine Unterarme,mit denen er mich aufgefangen hatte, waren von Schmutz bedeckt.
    »Wie hast du …?«
    Doch dann sah ich, was er in der Hand hielt: klein, braun, pelzig und sehr vertraut. Einer von James Äffchen-Pantoffeln.
    »Wo hast du das gefunden?«, fragte ich, und riss es ihm aus der Hand. Seltsamerweise war der Pantoffel fast völlig sauber, nicht von Schmutz überzogen, wie es meine Schuhe von der gehetzten Wanderung im Wald waren.
    »Da drüben«, sagte Daniel und deutete auf ein Büschel vermoderter Farne zwischen zwei Felsbrocken, ungefähr sieben Meter von uns entfernt. »Ich war mir sicher, dass …« Daniel wich zurück und betrachtete aufmerksam den Boden, so als ob er nach einer Spur suchte.
    »James!«, rief ich. Meine Stimme hallte wie hundert verzweifelte Schreie durch die Schlucht. »James, bist du hier?«
    Daniel suchte weiter den Boden ab. Sein Gesicht wurde vor lauter Verzweiflung ganz starr. Ich folgte ihm auf die andere Seite der Schlucht, gegenüber der Stelle, an der ich heruntergerutscht war. Er ging in die Hocke, schob ein paar Farne zur Seite und atmete tief ein. »Ich war mir sicher, dass ich auf der richtigen Fährte war.«
    »Bist du etwa seinem Geruch nachgegangen?«, fragte ich.
    Daniel drehte seinen Kopf ganz leicht zur Seite, als ob er lauschte. Dann schoss er nach oben, drehte sich herum und starrte wieder auf die Schluchtwand zurück, ungefähr dreißig Meter von da entfernt, wo wir jetzt standen.Dann hörte auch ich etwas. Ein weit entferntes Heulen irgendwo oberhalb der Felskante. Der Äffchen-Pantoffel fiel mir aus der Hand. Und mir blieb fast das Herz stehen, als ich hinter ein paar Felsen eine kleine weiße und geisterähnliche Gestalt im Zwielicht auf den Rand der Schlucht zuschwanken sah.
    »James!«
    »Gwa-cie!«, heulte er und hielt mir seine kleinen Ärmchen entgegen.
    »Stopp!«, schrie ich. »James, bleib stehen!«
    Doch seine kleinen Beine stampften weiter. »Gwa-cie, Gwa-cie!«
    Dann setzte sich Daniel in Bewegung und rannte über den Grund der Schlucht auf James zu, schneller als ich es jemals für möglich gehalten hätte.
    James machte einen weiteren Schritt, rutschte im Schlamm aus und stürzte über die Kante.
    »James!!!«, schrie ich, als er wie eine schlaffe Puppe herunterfiel.
    Daniel ließ sich auf alle viere fallen und sprang wie ein Puma von einem Felsblock ab. Er segelte durch die Luft und auf James zu – mindestens sechs Meter hoch. Vor Erstaunen gelähmt sah ich, wie er James mitten in der Luft auffing, seine Arme um ihn schlang und sich gleichzeitig herumdrehte. Dann knallte sein Rücken mit halsbrecherischer Kraft gegen den schroffen Felsen der Schluchtwand. In diesem Sekundenbruchteil verzerrte sich Daniels Gesicht vor Schmerz, doch er drückte Baby James fester an sich, während sie von der Wand abprallten, dieKontrolle zu verlieren schienen und sechs Meter in die Tiefe zu stürzen drohten.
    »Nein!«, schrie ich, presste meine Augen fest zusammen und sandte so schnell wie nie zuvor ein Stoßgebet zum Himmel. Ich wartete auf die grauenvollen Geräusche des Aufpralls, der ihnen sicher alle Knochen brechen würde. Doch stattdessen hörte ich lediglich das Geräusch rollender Steine und zerbrechender Äste, so als wäre jemand nur kurz vom Boden hochgesprungen.
    Ich öffnete die Augen und sah Daniel auf dem Grund der Schlucht
stehen
, wobei James wie ein kleiner Vielfraß an seiner Brust hing. Mir klappte die Kinnlade herunter.
    »Heilige Sch…«
     
    Der Heimweg
     
    »Hübsches Wort, das du deinem Bruder da beibringst«, sagte Daniel, als ich James aus seinen Armen nahm.

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