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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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sich gedrückt.
    Ich entschloss mich, ihr nicht vom Arbeitszimmer zu erzählen. Ich wusste nicht, in welchen Modus sie womöglich umschalten würde, wenn ich irgendetwas Beunruhigendes zu ihr sagte. Ich wollte Dad später fragen.
    Doch die Person, die ich wirklich sehen wollte, war Daniel. Was wusste er von alldem? Wieso schien er so verängstigt? Hatte es irgendwas mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten zu tun?
    »Das Bad gehört dir«, sagte Mom zu mir. »Mach dich erst mal sauber, bevor du irgendwas anderes tust.« Angesichts meines verschmutzten Pullis und meiner Hose schüttelte sie missbilligend den Kopf.
    »Du stinkst wie ein Hund, der durch den Regen gelaufen ist«, sagte Charity und verzog angewidert das Gesicht.
    »Hei’ge Scheise«, gurrte James.
    Mom blinzelte mich an. »Was hat er gerade gesagt?«
    »Keine Ahnung«, gab ich zurück und scheuchte alle aus dem Badezimmer.
    Ich duschte mich schnell ab – zumindest schnell genug, um meine verbundene Hand nicht nass werden zu lassen.
    Was wäre bloß, wenn Daniel schon damit fertig war, Dad zu helfen, und ich es vorher nicht schaffte, zu ihm zu kommen?
    Ich wickelte mich in ein Handtuch, wischte über das beschlagene Badezimmerfenster und blickte durch die verschmierte Scheibe. Alles, was ich sehen konnte, war die schmale Lücke in der Kontur des weißen Zaunes. Ich machte das Licht aus und konnte jemanden erkennen, der offenbar mein Dad war und auf dem Rasen neben den verwelkenden Rosenbüschen kniete. Es sah aus, als ob er betete. Vielleicht dankte er Gott für James’ sichere Rückkehr. Doch dann schwankte er auf den Knien hin und her und schlug die Hände vors Gesicht. Seine Schultern zuckten seltsam auf und ab.
    Ich nahm meinen Bademantel. Dad brauchte mich jetzt. Doch dann trat eine andere Person nahe dem Zaun aus dem Schatten. Sie kniete sich neben meinen Vater, zögerte einen Moment und legte dann lange schlanke Arme um Dads zitternde Schultern. Ich trat einen Schritt zurück und blinzelte; dann war das Fenster wieder vom Dampf vernebelt.
    Ich zog den Gürtel fest um meinen Frotteebademantel, sprang die Treppe hinunter und stieß unversehens mit meiner Mutter zusammen.
    »Wo willst du denn in diesem Aufzug bitteschön hin, junge Dame?« Sie sah mich spöttisch an und deutete aufs Esszimmer, wo Don Charity gerade etwas über seinen Großvater erzählte. »Wir haben immer noch Gäste im Haus.«
    »Aber Da…« Ich sah den verärgerten Ausdruck auf ihrem Gesicht und erinnerte mich daran, wie sie Dad so sarkastisch angeraunzt hatte, als er sich selbst für den Tod von Maryanne Duke verantwortlich gemacht hatte. So etwas brauchte er jetzt wirklich nicht. »Ich muss nur schnell was erledigen.«
    »Dann zieh dir was Ordentliches über.«
    Ich grummelte in mich hinein und lief wieder die Treppe hoch, um mich schnell umzuziehen.
    »Und hast du deine schmutzigen Sachen in den Waschraum gebracht oder liegen sie noch im Badezimmer rum?«
    »Ich erledige es gleich. Ich muss nur …«
    »Ich kann dir sagen, was du musst. Zieh dich an und pack deine Sachen in die Waschmaschine, bevor sie völlig ruiniert sind. Bei uns fällt das Geld auch nicht wie Manna vom Himmel.«
    »Aber …«
    »Sofort!« Und ich schwöre, dass sie mich dabei ansah, als wisse sie ganz genau, dass ich etwas vorhatte, was sie nicht guthieß.
    »Ist ja gut.«
     
    Meine schmerzenden Beine protestierten, als ich in mein Zimmer hinaufwankte. Das Herumrennen im Wald forderteseinen Tribut. Ich zog mir die erstbesten Sachen über, die ich finden konnte; ein langärmeliges T-Shirt und einen farbverschmierten Overall, der meiner Mutter besonders zuwider war. Dann hob ich meine schmutzige Wäsche vom Badezimmerboden auf und humpelte hinunter in den Keller.
    In meinem Kopf machte ich gerade Mom dafür verantwortlich, dass ich womöglich nicht mit Daniel und meinem Vater reden konnte, als ich laute Stimmen aus Judes Zimmer hörte. Ich konnte Judes düstere Stimme erkennen sowie Aprils jaulende beschwichtigende Laute. Ich presste mein Wäschebündel an mich und trat näher an die Tür heran.
    »Es ist so ungerecht«, hörte ich ihn sagen.
    »Wieso?«, fragte April.
    »Du verstehst das nicht. Sie verstehen es nicht.« Judes Stimme wurde leiser. »Wie können sie bloß übersehen, was er tut?«
    April erwiderte etwas, das ich nicht verstand.
    »Es ist alles falsch. Er ist falsch. Alle an ihm ist falsch«, fuhr Jude fort. »Ich bin der Gute. Ich bin derjenige, der alles macht, was diese Familie

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