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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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dunkel, und ich hatte mich eben uneingeladen in die Wohnung eines Typen geschlichen. Und das war nicht irgendein Typ, sondern ein junger Mann mit Superkräften, den mein Bruder des Mordes bezichtigte.
    Ich schob den Gedanken beiseite und legte meinen Rucksack auf den Küchentisch. Ich steckte den Schlüssel in meine Tasche. Maryanne hatte ihn mir zwei Wochen zuvor gegeben, als ich ihr nach dem Auszug ihres letzten Mieters geholfen hatte, die Wohnung zu putzen. Ich hatte nicht daran gedacht, ihn ihr zurückzugeben, bevor sie gestorben war.
    Ich sah mich in dem kleinen Apartment um. Die einzigen Spuren von Daniel waren der Kleidersack und die schmutzige Wäsche, die über einem taubenblauen Bettsofa verstreut lagen, etwas Geschirr im Abwaschbecken und eine offene Kiste mit Plastikutensilien auf der Arbeitsplatte. Alles andere im Raum war der Inbegriff von
großmütterlich
: ein Teppich in einer Farbe, die Maryanne ›Altrosa‹ genannt hatte, mir aber immer wie ›Kotzrosa‹ vorgekommen war, sowie Tapeten mit einem Muster aus kleinen Gänseblümchen in derselben Schattierung. Und egal, wie heftig ich damals auch gescheuert hatte, diese Wohnung roch ganz überwältigend nach altem Mensch – wie Staub und Fäulnis.
    Ich kramte aus meinem Rucksack eine braune Papiertüte und zwei Tupperdosen hervor. Dann öffnete ich den Kühlschrank. Er war leer. Hoffentlich war das ein Vorteil für mich. Ich nahm ein paar Teller aus dem Küchenschrank über der Mikrowelle und überlegte, wie lange ich warten sollte, bevor ich anfing, alles zu arrangieren. Dann tauchte plötzlich ein Schatten vor dem Fenster auf. Ich setzte mich an den Tisch, versuchte ganz natürlich auszusehen – und mit aller Kraft die Tatsache zu verbergen, dass meine Knie ganz wabbelig geworden waren.
    Vielleicht war es ein Fehler. Vielleicht sollte ich gehen. Ich hörte einen Schlüssel im Schloss.
Zu spät.
    Die Tür ging auf und schloss sich wieder. Daniel warf seine Schlüssel auf das Bettsofa und kickte seine Schuhe weg. Dann streifte er seinen Mantel ab und zog sich das Hemd über den Kopf.
    Ich schnappte nach Luft.
    Daniel wirbelte herum und duckte sich, als wäre er bereit, auf den vermeintlichen Eindringling loszustürzen. Seine Augen leuchteten auf, als er mich sah. Dann ließ er sein Hemd fallen und richtete sich auf. »Grace?«
    »Hi.« Meine Stimme zitterte.
    Seine Bauchmuskeln spannten sich. Er strich über den Steinanhänger, der zwischen seinem ausgeprägten Brustkorb baumelte. Ich bemerkte, dass seine langen, schlanken Muskeln und sein zottiges Haar ihn wie ein wildes, kraftvolles Tier aussehen ließen. Für eine winzige Sekunde wünschte ich mir, er wäre auf mich losgestürzt.
    Doch dann fiel mir wieder ein, weswegen ich gekommen war, und ich zitterte bei diesem Gedanken.
    »Was tust du hier?« Daniel klang nicht sehr begeistert.
    Ich stand auf. »Ich habe dir was mitgebracht«, entgegnete ich und deutete auf die braune Papiertüte.
    Er zog eine Augenbraue hoch.
    »Leinöl und Firnis.« Wieso klang meine Stimme so zittrig? »Du versprichst mir dauernd zu zeigen, wie man diese Technik anwendet, aber bis jetzt ist nichts draus geworden.«
    »Du solltest nicht hier sein«, sagte er, legte seine Hand über den Anhänger und presste ihn fest an seine Brust. »Nicht nachdem … Und deine Eltern? … Weiß irgendwer, dass du hier bist?«
    Ich schluckte. »Ich habe auch Abendessen mitgebracht«, fuhr ich fort und zog die Deckel von den Tupperdosen ab. »Es gibt Schweinekoteletts und Reis und Moms Truthahn à la King.«
    Daniel kam näher. »Wirklich lieb von dir, Grace«, erwiderte er und trat wieder einen Schritt zurück, »aber du solltest gehen.«
    »Möchtest du das eine oder das andere? Oder ein bisschen von allem?«
    Daniel öffnete die Papiertüte und nahm die Fläschchen heraus. Ich war erstaunt, dass er sein Hemd nicht wieder angezogen hatte, doch irgendetwas rührte sich in mir, gerade weil er es nicht tat.
    »Also von jedem etwas?«, fragte ich und schöpfte die Reste aus den Dosen. »Ich dachte, wir könnten was essenund dann anfangen. Ich hab auch ein paar Holzfaserplatten in der Tasche.«
    Daniel legte seine langen Finger um den Hals des Ölfläschchens. Es sah aus, als ob er es würge.
    Ich nahm die Teller und trat an die kleine Küchenzeile zurück. Dann stellte ich einen Teller auf die Arbeitsplatte und drehte mich mit dem anderen zur Mikrowelle hin. Doch diese Mikrowelle stammte aus den Kindertagen der modernen Technologie und hatte

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