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Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)

Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)

Titel: Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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aus? Diese Mischung aus Mensch und Wolf?«
    Lisa zuckte mit den Schultern. »So was passiert eben, wenn die Urbats ihr neunhundertneunundneunzigstes Lebensjahr erreichen. Sie altern nicht nur schnell – ihr Körper verändert sich auch in anderer Hinsicht. Auch wenn sie noch ihre menschliche Gestalt haben, scheint sich der Wolf äußerlich durchzusetzen. Einer der Ältesten glaubt, dass deswegen die Werwölfe in den Mythen der Menschen als anamorphe Mischwesen dargestellt werden. Irgendwer muss einmal den Körper eines kurz vorher verstorbenen uralten Werwolfs entdeckt haben.« Lisa zog ein Gesicht. »Wirklich schade. Sirhan war echt ein heißer Typ. Sah fast so aus wie sein Enkel hier.« Sie drückte Daniels Arm.
    Daniel blickte auf sie herunter und schüttelte leicht den Kopf. Auf seinen perfekten Gesichtszügen erschien ein verwirrter Ausdruck. »Was hast du gerade gesagt?«
    »Ich glaube, sie hat dich gerade Sirhans Enkel genannt«, sagte ich, als ihre Bemerkung zu mir vorgedrungen war.
    »Oh Mist.« Lisa legte eine Hand vor den Mund. »Ich hab ganz vergessen, dass du das gar nicht wissen dürftest«, flüsterte sie zwischen ihren Fingern hindurch. Vorsichtig blickte sie sich nach der Gruppe der grün gewandeten Wächter um. Zwei von ihnen starrten sie an. Sie hatten offenbar zugehört. Ich fragte mich, wie viel Ärger sie jetzt wohl bekommen würde, nachdem sie das Geheimnis verraten hatte. Lisa drehte sich wieder zu uns. »Aber da die Katze schon mal aus dem Sack ist«, fuhr sie fort und winkte Daniel zu, »kann ich dir ja auch erzählen, dass dein richtiger Name gar nicht Kalbi ist. Er lautet Etlu. Wie Sirhan Etlu vom Etlu-Clan.«
    »Wirklich?« Daniels Stimme war kaum zu hören. Er hatte seinen Nachnamen immer verabscheut. Kalbi bedeutete Hund . Kalbi verband ihn mit Caleb. Und erinnerte ihn an alles, was er nicht sein wollte.
    »Etlu bedeutet Krieger «, sagte Lisa. »Caleb hat seinen Nachnamen geändert, als er von Sirhan verbannt wurde – seinem eigenen Vater.«
    Daniel wirkte völlig schockiert.
    »Du sagst also, dass Daniel Sirhans Enkel ist?«, fragte ich ungläubig. »Das heißt dann also, dass Sirhan seinen eigenen Enkel zurückgewiesen hat, als Daniel im letzten Jahr nach einem Zuhause suchte? Das ist doch einfach … Grrr …«
    »Denk mal darüber nach, Grace«, sagte Daniel gedehnt, so als würden sich seine Gedanken erst beim Aussprechen formen. »Wenn ich Sirhans Enkel bin, dann ist Caleb sein Sohn. Er war es zumindest, bis er ausgestoßen wurde. Er war Sirhans Sohn, bis er den Tod von Rachel verursachte … seiner eigenen Mutter. Stell dir vor, wie verraten sich Sirhan gefühlt haben muss. Seine Ablehnung mir gegenüber ergibt also durchaus einen Sinn.«
    »Aber du bist nicht wie Caleb.«
    »Sirhan sieht das wohl anders.«
    »Aber dann müssen wir …«
    Die Unterhaltungen um uns herum verebbten, und mir wurde klar, dass ich die Einzige war, die noch sprach. Alle in Roben gewandeten Urbats hatten ihre Aufmerksamkeit auf die Tür gerichtet. Drei der Männer in blauen Gewändern betraten den Raum. Einer von ihnen trug Sirhan, der zweite folgte mit einer Sauerstoffflasche dichtauf, während der dritte einen Stuhl aus dem Eingangsbereich der Pfarrkirche hereintrug.
    Er stellte den Stuhl in die Mitte des Raums, und die beiden anderen Männer setzten Sirhan auf ihm ab. Sie stellten sich hinter ihn und legten ihm jeweils eine Hand auf die Schulter. Alle anderen Robenträger knieten sich auf einem Bein nieder, beugten den Kopf vor Sirhan und stützten sich dabei mit geballter Faust auf dem Fußboden ab. Auf den ersten Blick wirkte Sirhan – der eine burgunderrote Samtrobe trug – wie ein König, der Hof hielt. Doch bei näherer Betrachtung wurde mir klar, dass die beiden Männer ihm nicht aus Respekt die Hand auf die Schulter gelegt hatten – sie taten es, um Sirhan aufrecht auf seinem Stuhl zu halten.
    Dennoch betrachtete ich dies nicht als Zeichen von Schwäche. Nein, Sirhan mochte vielleicht über keine physische Kraft mehr verfügen, aber aufgrund des Respekts und der Ergebenheit seines wehrhaften Rudels war Sirhan noch immer die gefährlichste Person im Raum. Mit einer einzigen Handbewegung hätte er alle auf uns hetzen können.
    Ein weiterer Mann in einer blauen Robe betrat mit Gabriel in seinem Gewahrsam den Raum. Wie alle anderen ließen sich die beiden auf ein Knie herunter – sogar Gabriel tat es freiwillig, ohne von seinem Wächter dazu gezwungen zu werden. Angesichts der Behandlung,

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