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Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)

Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)

Titel: Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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Träne aus dem Gesicht. Talbots grüne Augen verschatteten sich wütend, als er die Einzelheiten erfuhr.
    »Wo ist Jude?«, fragte April und ließ ihren Blick über die Gesichter von Sirhans Männern schweifen, die – noch immer benebelt vom Gas – auf dem Parkplatz umherliefen. »Ist er bei den Ältesten oder so?«
    Ich zögerte. Was sollte ich sagen? »Nein«, erwiderte ich schließlich. »Er wollte in der Pfarrkirche übernachten, aber seit dem Angriff haben wir ihn nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht, ob er weggelaufen ist oder ob ihn die Shadow Kings entführt haben.« Es war sogar möglich, dass er sie hierhergeführt hatte.
    April schlug die Hand vor den Mund. Sie schien die Nachricht nicht verkraften zu können und sank langsam in sich zusammen. Aber Talbot fing sie auf. Sie schwankte und krampfte ihre Hände vor der Brust zusammen. »Dienstag ist sein Geburtstag«, sagte sie. »Ich dachte … endlich …« Ihre Stimme brach ab und verwandelte sich in ein lautes Schluchzen.
    »Wir werden schon rausfinden, was passiert ist«, sagte ich.
    »Wir können nicht ausschließen, dass Jude diesen ganzen Überfall hier inszeniert hat«, fügte Daniel hinzu.
    »Glaubst du das wirklich?« Ich schaute auf meine Hände. Ich hatte zwar gerade genau dasselbe gedacht, hatte diese Möglichkeit aber auch gleich wieder verdrängt.
    »Denk nach, Grace. Die Zellentür ist von innen herausgerissen worden. Man kann es an den Angeln erkennen. Die Shadow Kings wussten sehr genau, wo sich alle anderen im Gebäude aufhielten. Sie hatten einen Angriffsplan, noch bevor sie überhaupt hier waren. Wie hätten sie es sonst wissen können? Ohne einen internen Informanten?«
    »Willst du etwa sagen, dass Jude aus seiner Zelle ausgebrochen ist und dann die Shadow Kings reingelassen hat?«, fragte April. »Das kann ich unmöglich glauben.«
    »Er hat doch darum gebeten, hier in der Pfarrkirche übernachten zu dürfen, nicht wahr, Grace?«, sagte Daniel. »Und dabei hätte er in einem bequemen Bett schlafen können.«
    Ich nickte.
    »Und wir wissen auch nicht, wo genau er sich die ganze Zeit rumgetrieben hat, bevor du ihn wieder eingesperrt hast, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Talbot nickte. »Er könnte den SKs eine Nachricht geschickt haben, dass sie zu einer bestimmten Zeit hier auftauchen sollen«, sagte er. »Vielleicht hat er ihnen gesagt, wo sich Sirhan und die anderen aufhalten. Und ihnen verraten, dass wir die Zeremonie auf eine Zeit nach der Mondfinsternis verschieben wollten.«
    »Nein, das glaube ich nicht«, sagte ich. »Er wollte sich ändern. Er wollte ein besserer Mensch werden.« Unsere Aussprache – unsere Versöhnung – hatte so echt gewirkt, dass ich einfach nicht an einen Verrat glauben konnte. »Vielleicht hat ja dieser Marrock …«
    »Ich habe Jude auch geglaubt«, sagte Daniel. »Wirklich.«
    »Warte mal, ist das da vorne nicht dein Bruder?«, sagte Lisa und zeigte auf jemanden, der ein paar Meter von uns entfernt auf den Parkplatz gestolpert kam.
    »Jude!«, riefen April und ich wie aus einem Mund.
    Er hörte uns und blickte auf. Als er näher kam, wurde sein schwankender Gang zu einem unbeholfenen, abgehackten Spurt. Er lief direkt an April vorbei, die ihn sicher gern mit einer Umarmung begrüßt hätte, und kam auf mich zu. Er hob den Arm, und etwas Metallisches blitzte in seiner Hand auf.
    »Jude …?«, setzte ich an.
    Seine Augen wirkten völlig leblos, als er plötzlich den Arm herunterriss und mit einem Messer direkt auf mein Herz zielte. Im letzten Moment konnte ich ihm ausweichen. April schrie auf. Jude fiel nach vorn, und sein Messer traf auf den Rasen.
    Hatte mein eigener Bruder gerade versucht, mich zu töten? Hatte ich ihn wirklich so falsch eingeschätzt?
    Jude ließ das Messer los. Er wirkte benommen. Dann stand er auf und begann, im Kreis herumzulaufen.
    »Was zum Teufel geht hier vor?«, rief Daniel. Er und Talbot gingen auf Jude zu und wollten ihn festhalten, aber mein Bruder wich ihnen aus und trat mit zuckenden Bewegungen zur Seite.
    Dann sah er mich wieder mit diesen leblosen Augen an und machte ein paar merkwürdig abgehackte Schritte in meine Richtung. Es schien, als wollte ein Teil von ihm auf mich zustürzen, während seine Füße sich weigerten zu gehen. Ich kannte diese seltsamen Bewegungen. Sie erinnerten mich an die tanzenden Mädchen auf der Party. Es war fast so, als …
    Plötzlich kam Talbot in mein Blickfeld. Er hatte einen großen Stein in der Hand und war offenbar bereit,

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