Urbat: Gefährliche Gnade (German Edition)
Gäste überraschen würden.
Bellamy saß auf der Veranda und zeigte ein paar Leuten, wie man Pfähle zurechtschnitzte. Talbot und Jude hielten auf dem Scheunenhof ein Trainingslager für alle ab, die ihre Kampfkünste ein wenig auffrischen wollten. April übernahm die Aufgabe, in ihrem bevorzugten Bastelladen in Apple Valley alle Fackeln aufzukaufen, die sie dann zusammen mit Lisa in regelmäßigen Abständen von drei Metern entlang der Grenze des Kampfrings aufstellte.
Brent vertiefte sich in seine Pläne für den Bombenbau. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, schickten wir ein paar Leute los, um in drei verschiedenen Baumärkten die benötigten Dinge zu kaufen. Danach setzte Brent – mit einem leicht missmutigen Ryan als einzigem Assistent – die Bombe in der Scheune zusammen.
Um mich von meiner immer größer werdenden Angst vor der bevorstehenden Zeremonie sowie meiner tiefen Besorgnis um James abzulenken, versuchte ich mich, so gut es ging, zu beschäftigen. Ich lief zwischen den einzelnen Gruppen hin und her und half, wo es nötig war. Jedes Mal, wenn ich die Stimme des Wolf in meinen Kopf eindringen hörte, machte ich Atemübungen und hielt den Mondstein, den wir in Judes Zelle gefunden hatten, an meine Brust.
Mom und Charity versorgten uns mit einem Mittagessen, das für eine ganze Armee ausgereicht hätte. Meine Mutter hatte die Küche des alten Geisterhauses auf Vordermann gebracht und sich dann selbst in eine wahre Kochorgie gestürzt, um »die Moral der Leute aufzubauen, die mir mein Baby zurückbringen.« Ich stopfte Essen in mich hinein – hauptsächlich, um meine Hände irgendwie zu beschäftigen – und lief dann hinaus auf den Scheunenhof. Ich wollte nachsehen, wie weit Talbot und Jude mit ihrem Vorhaben gekommen waren, ein paar jüngeren Clan-Mitgliedern Kampftechniken beizubringen.
Wie es aussah, war es jedoch nicht so reibungslos gelaufen, wie ich gehofft hatte …
»Aber, nein. Nicht so!«, brüllte Talbot einen seiner Schüler an, einen jungen Urbat mit fast kahl geschorenem Schädel. »Du darfst die Klinge nicht nach unten richten, wenn du jemanden mit einem Messer angreifen willst.«
Jude und die anderen Adepten schauten interessiert zu. Ich gesellte mich zu ihnen auf der Veranda.
»Wenn du es so hältst, dann kann es dir dein Gegner ganz leicht aus der Hand nehmen.« Talbots Hand schoss nach vorne, und im Bruchteil einer Sekunde hatte er seinem Schüler das Messer entrissen. Dann drehte er es so herum, dass die Klinge nach oben zeigte, und stieß damit nach seinem Lehrling. Mit einem Aufschrei wich der junge Urbat zurück.
Talbot mimte einen weiteren Angriff in seine Richtung. »Siehst du? Du kannst es mir nicht aus der Hand reißen. Oder?«
Der junge Mann schüttelte den Kopf. Talbot blickte auf und sah mich auf der Veranda stehen. Er reichte das Messer dem jungen Urbat und legte es ihm auf die richtige Weise in die Hand. »Versuch’s noch mal.«
Talbot sprang beiseite, als der andere das Messer hob und einen ungeschickten Angriffsversuch startete.
Er nahm irgendeinen Gegenstand von einem der Heuballen und kam die Verandastufen heraufgelaufen. Dann lehnte er sich mit dem Rücken an das Geländer, sodass wir uns gegenüberstanden, und lächelte mich so warm und freundlich an, als wolle er mit mir Frieden schließen.
»Für dich«, sagte er, streckte die Hand aus und präsentierte mir ein Schwert in einer hölzernen Scheide. »Ich hab doch gesagt, dass ich dir ein Schwert besorge. Und wenn du am Kampf teilnimmst, dann möchte ich auch, dass du mein bestes Schwert bekommst.«
Wortlos nahm ich es entgegen, zog die Klinge aus der Scheide und sah es mir an. Ich erkannte es aus einer der Trainingsstunden wieder, die ich absolviert hatte, als Talbot noch mein Mentor war. Es war ein Kung-Fu-Breitschwert mit einer leicht gebogenen Stahlklinge und einem Stahlgriff mit Holzintarsien. Ein Puschel aus hellrotem Stoff war am Griff befestigt.
»Weißt du noch, wie man es benutzt?«
Ich nickte und schob das Schwert zurück in die Scheide. Es gefiel mir sehr, aber ich war nicht sicher, ob ich ein Geschenk von Talbot annehmen wollte. Zwar hatte ich zugestimmt, dass er uns in der Zeremonie beistehen würde, aber noch immer fühlte ich mich nicht ganz wohl in seiner Gegenwart.
»Wie läuft’s denn hier draußen?«, fragte ich und deutete auf die Männer, die den Umgang mit dem Messer lernen sollten.
»Ach, weißt du, für ein Rudel, das den Namen Etlu trägt, sind sie ganz schön miese
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