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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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widersprochen. Wenn Ambrosi sich schon um all seine Bedürfnisse kümmern sollte, war es das Mindeste, dass er freie Hand bei der Auswahl seiner Mitarbeiter hatte.
    Seit dem Vormittag war Ambrosi Valendrea kaum von der Seite gewichen, und er hatte während der Ansprache an die Menschenmenge auf dem Petersplatz pflichtschuldig an der Schwelle zum Balkon gewartet. Anschließend hatte er die Rundfunk- und Fernsehberichte ausgewertet, die, wie er meldete, überwiegend positiv klangen. Gerade auch Valendreas Papstname hatte es den Kommentatoren angetan, die miteinander übereinstimmten, dass dies ein bedeutender Papst werden könnte. Vermutlich, so stellte Valendrea sich vor, hatte selbst Tom Kealy einen Moment lang gestockt, bevor er den Namen Petrus II. aussprach. Während seiner Amtszeit würde es keine Bestseller schreibenden Priester mehr geben. Der Klerus würde tun, was man ihm sagte. Andernfalls würde Valendrea die Leute rausschmeißen – angefangen bei Kealy. Er hatte Ambrosi schon aufgetragen, dem Idioten bis Ende der Woche das Priesteramt zu entziehen.
    Es würde noch mehr Veränderungen geben.
    Der Papst würde wieder die Tiara tragen, und Valendrea würde einen Krönungstermin ansetzen. Bei seinem Eintrit t w ürden Trompeten erklingen. Während der Liturgie würde man ihm mit Fächern und gezogenen Säbeln zur Seite stehen. Und er würde dem Tragesessel wieder zu seinem Recht verhelfen. Paul der VI. hatte die meisten dieser herrschaftlichen Rituale abgeschafft – vielleicht aufgrund einer kurzzeitigen Verwirrung, vielleicht auch als Reaktion auf den damaligen Zeitgeist –, doch Valendrea würde sie alle wieder einführen.
    Inzwischen waren fast sämtliche Mitarbeiter ihre Glückwünsche losgeworden, und Valendrea winkte Ambrosi zu sich. »Ich muss etwas erledigen«, flüsterte er. »Beenden Sie die Audienz.«
    Ambrosi wandte sich der Menge zu. »Hören Sie, der Heilige Vater hat Hunger. Er hat seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Und wir alle wissen ja, wie viel ihm an einer guten Mahlzeit liegt. «
    In der Halle ertönte Gelächter.
    »Wer jetzt nicht mit ihm sprechen konnte, wird noch heute eine Gelegenheit dazu erhalten.«
    »Der Herr segne euch«, sagte Valendrea.
    Er folgte Ambrosi in sein Büro im Staatssekretariat. Die Papstwohnung war vor einer halben Stunde entsiegelt worden, und viele von Valendreas Sachen wurden jetzt aus seinen Räumen im zweiten Stock in die Wohnung im dritten Stock gebracht. In den kommenden Tagen würde er die Museen und die Lagerräume im Keller aufsuchen. Er hatte Ambrosi bereits eine Liste der Gegenstände gegeben, die er zu Dekorationszwecken haben wollte. Er war stolz auf seine Planung. Die meisten der in den letzten Stunden gefällten Entscheidungen hatte er schon seit langem bedacht, und nun wirkte er wie ein Papst, der alles unter Kontrolle hat und im richtigen Moment das Richtige tut.
    Als sie in seinem Büro waren und die Tür hinter sich geschlossen hatten, wandte er sich Ambrosi zu. »Suchen Sie den Kardinalarchivar. Sagen Sie ihm, dass ich ihn in einer Viertelstunde vor der Riserva erwarte.«
    Ambrosi verbeugte sich und ging.
    Valendrea trat ins Badezimmer neben seinem Büro. Er war noch immer wütend über Ngovis Arroganz. Der Afrikaner hatte Recht. Valendrea konnte ihm nicht viel anhaben. Er könnte ihm irgendwo in weiter Ferne einen Posten zuweisen, aber selbst das wäre unklug. Der Camerlengo – bald nur noch Ex-Camerlengo – hatte erstaunlich viel Unterstützung gewonnen. Es wäre unklug, ihn sofort anzugreifen. Hier war Geduld gefragt. Aber das hieß keineswegs, dass er Maurice Ngovi vergessen hatte.
    Valendrea klatschte sich Wasser ins Gesicht und trocknete sich mit einem Handtuch ab.
    Draußen ging die Bürotür auf, und Ambrosi kam zurück . » Der Archivar erwartet Sie.«
    Valendrea warf das Handtuch auf die Marmorplatte. »Gut. Gehen wir. «
    Er stürmte aus dem Büro und ins Erdgeschoss hinunter. Der verblüffte Blick der Schweizergardisten ließ erkennen, dass sie nicht daran gewöhnt waren, den Papst ohne Vorwarnung auftauchen zu sehen.
    Er betrat das Archiv.
    In den Lese- und Dokumentensälen war niemand. Seit Clemens ’ Tod war das Archiv gesperrt. Er trat in den Hauptsaal und ging über den Mosaikboden zur Tür mit dem Eisengitter. Davor erwartete ihn der Kardinalarchivar. Sonst war nur noch Ambrosi zugegen.
    Er trat auf den alten Mann zu. »Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, dass Ihre Dienste nicht länger benötigt werden. Ich

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