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Urbi et Orbi

Urbi et Orbi

Titel: Urbi et Orbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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ohne sich umzusehen. Sie fühlte sich noch schlechter als vorher.
    23
    Vatikanstadt, 7.15 Uhr
     
    V alendrea schob sein Frühstück von sich. Kein Appetit. Er hatte kaum geschlafen und so intensiv geträumt, dass es ihm nicht aus dem Kopf ging.
    Er sah sich selbst bei seiner eigenen Krönung, wie er auf der majestätischen sedia gestatoria in den Petersdom getragen wurde. Acht Monsignori hielten einen seidenen Baldachin über den geschichtsträchtigen goldenen Stuhl. Valendrea war von seinem päpstlichen Gefolge umgeben, und alle waren dem ehrwürdigen Anlass entsprechend ausstaffiert. Fächer aus Straußenfedern beschirmten ihn von drei Seiten und betonten seine herausgehobene Position als Stellvertreter Christi auf Erden. Ein Chor sang, Millionen von Menschen jubelten ihm zu, und weitere Millionen sahen ihn im Fernsehen.
    Das Sonderbare an der Szene war, dass er nackt war.
    Keine Kleider. Keine Krone. Vollkommen nackt, aber niemand schien es zu bemerken, obwohl er selbst sich dessen schmerzlich bewusst war. Es war ihm eigenartig unangenehm zumute, während er der Menschenmenge pausenlos zuwinkte. Er hätte seine Blöße gerne bedeckt, doch die Angst fesselte ihn auf den Thron. Wenn er aufstand, würde es vielleicht erst richtig auffallen. Würden die Leute ihn auslachen? Ihn der Lächerlichkeit preisgeben? Dann plötzlich trat ein einzelnes Gesicht aus dem Millionenheer der Zuschauer heraus.
    Jakob Volkner.
    Der Deutsche trug sämtliche päpstliche Insignien. Er trug die Gewänder, die Tiara, das Pallium – all das, was Valendrea eigentlich anhaben sollte. Über dem Jubel der Menschenmenge, der Musik und dem Chor hörte er Volkners Worte so deutlich, als stünde er unmittelbar neben ihm.
    Ich bin froh, dass Sie es sind, Alberto.
    Was meinen Sie damit?
    Sie werden schon sehen.
    Er erwachte in kalten Schweiß gebadet, schlief aber wieder ein; doch der Traum kehrte wieder. Schließlich hatte er eine kochend heiße Dusche genommen und sich etwas entspannt. Beim Rasieren hatte er sich zweimal geschnitten, und beinahe wäre er auf dem Badezimmerboden ausgerutscht. Es machte ihn fassungslos, dass er so die Nerven verlor. Nervosität kannte er sonst gar nicht.
    Ich wollte, dass Sie wissen, was Sie erwartet.
    Der verdammte Deutsche war sich gestern Abend unglaublich klug vorgekommen.
    Und mit einem Mal verstand Valendrea, was los war.
    Jakob Volkner wusste ganz genau, was 1978 passiert war.
     
    V alendrea kehrte in die Riserva zurück. Das geschah auf Anordnung Pauls, und der Papst hatte dem Archivar eigens Anweisung gegeben, seinem Beauftragten den Tresor zu öffnen und ihn dann allein zu lassen. Valendrea zog die Schublade auf und holte die Holzschatulle hervor. Er hatte Wachs, ein Feuerzeug und das Siegel Pauls VI. dabei. Genau wie Johannes XXIII. würde er das Kästchen nun versiegeln und damit klar machen, dass es nur auf päpstlichen Befehl geöffnet werden durfte.
    Er klappte den Deckel auf und vergewisserte sich, das s n och immer zwei Papierpäckchen darin lagen, insgesamt vier zusammengefaltete Blätter. Noch sah er vor sich, was für ein Gesicht Paul beim Lesen des oberen Päckchens gemacht hatte. Valendrea hatte Schreck in seiner Miene gelesen, und so e twas sah man bei Paul VI. äußerst selten. Doch da war noch etwas anderes gewesen, nur einen Moment lang, doch Valendrea hatte es deutlich gesehen.
    Echte Angst.
    Er blickte in die Schatulle. Die beiden Papierpäckchen, die das dritte Geheimnis von Fatima enthielten, lagen noch immer darin. Er wusste, dass er etwas Verbotenes tat, doch keiner würde es jemals erfahren. Und so nahm er das obere Päckchen heraus, das Paul einen solchen Schreck eingejagt hatte.
    Er entfaltete die Seiten, legte das portugiesische Original aus der Hand und überflog die italienische Übersetzung.
    Er erfasste die Lage sofort und wusste, was zu tun war. Hatte Paul ihn vielleicht deshalb hierher geschickt? Vielleicht hatte der alte Mann geahnt, dass er den Text lesen und dann das erledigen würde, was einem Papst unmöglich war.
    Er schob die Übersetzung unter seine Soutane und ließ gleich darauf Schwester Lucias Original folgen. Dann entfaltete er das verbliebene Päckchen und las dessen Inhalt.
    Der war ohne Bedeutung.
    Und so nahm er diese beiden Seiten, legte sie wieder in die Schatulle und verschloss das Kästchen mit Pauls Siegel.
     
    V alendrea erhob sich vom Tisch und schloss die Türen zu seiner Wohnung ab. Dann ging er in sein Schlafzimmer und holte eine kleine,

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