Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urgum der Barbar

Urgum der Barbar

Titel: Urgum der Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjartan Poskitt
Vom Netzwerk:
dachte sie, dann wollen wir mal versuchen, diese Geschichte mit ein bisschen Anstand und Würde über die Bühne zu bringen . Also hielt sie den Mund krampfhaft geschlossen, starrte den Wilden an und wartete auf das Schlimmste.
    Zu ihrer Überraschung war der Wilde allein dadurch, dass er angestarrt wurde, so baff erstaunt, dass er wie festgefroren stehen blieb und zurückstarrte. Divina fühlte sich dadurch eigenartigerweise ganz hervorragend. Oder zumindest hätte sie sich so gefühlt, wenn nicht ihr Vater neben ihr gewesen wäre, der nervös herumzappelte und feige Drohungen vor sich hin murmelte.
    Nach einer Weile wurde ihr klar, dass sie sich selbst in das nächstbeste Schwert stürzen musste, wenn sie ihn noch einmal murmeln hörte: »Kapiert dieses Ochsenhirn denn nicht, wer ich bin?« Deshalb beschloss sie, in den letzten Augenblicken ihres Lebens noch irgendwas Nützliches zu tun.

    Das Stöhnen der Sklaven vom Boden rings um das Sänften-Sofa war immer lauter geworden, also schnappte sich Divina die Wasserflasche, kletterte vom Wagen und bot sie den Verwundeten an. Sie hörte, dass ihr Vater erschrocken reagierte (»... nicht auszudenken, dass meine eigene Tochter herumläuft und wertlose Sklaven bedient...«), aber sie kümmerte sich nicht weiter darum. Es kam sehr selten vor, dass die privilegierte Tochter eines Weichlings wahre Freundlichkeit zeigen konnte, und sie war froh, dass sie die Möglichkeit bekam, vor ihrem eigenen Tod ein paar armen Seelen ihr Schicksal ein wenig zu erleichtern. Als sie neben einem von ihnen niederkniete und ihm das Blut vom zerschlagenen Mund wischte, warf sie dem Wilden schnell einen Seitenblick zu. Er hatte sich noch immer nicht bewegt. Er starrte sie immer noch mit unverhohlener Bewunderung an. Sie hatte keine Ahnung warum, aber sie war begeistert und wünschte, dieser Augenblick würde niemals enden. Aber selbstverständlich verdarb ihr Vater ihn komplett.

    »Schau mal her, Wilder«, sagte Gastan und versuchte, sich überlegen anzuhören. Er schüttelte ein paar glänzende Münzen aus einem kleinen Beutel in seine Hand und bot sie Urgum an. »Hier ist etwas Geld. Das sind Gold-Tannas. Die sind mehr wert als alles, was dir je unter die Augen gekommen ist, also warum kommst du nicht her, holst sie dir und gehst dann?«
    In dem Moment hätte Divina ihren Vater umbringen können. Sosehr sie ihn auch liebte, wollte sie in diesem Augenblick lieber als trauernde Tochter neben seinem Grabstein schluchzen als sich im echten Leben mit ihm auseinandersetzen.
    Der Barbar riss mühsam seinen Blick von Divina los und schlenderte dann auf ihren Vater zu. Dann riss er ihm den ganzen Sack mit den Goldmünzen aus der Hand.
    Der alte Mann schnappte empört nach Luft. »Was machst du denn da? Ich hab dir schon mehr angeboten, als du in deinem ganzen Leben jemals ausgeben könntest!«
    Divina zitterte, aber das lag nicht daran, dass sie Angst hatte. Sie war so voller Zorn und Scham, dass sie sich die Fingernägel in die Handflächen bohrte, um nicht die Kontrolle zu verlieren. »Halt den Mund, Vater!«, wünschte sie im Stillen. »Halt den Mund und halt den Mund. Bitte, bitte, bitte halt einfach den Mund, den Mund, den Mund.«

    Aber die Nachricht erreichte Gastan nicht. Der Barbar stand vor ihm, umklammerte den Beutel mit Goldmünzen und hielt ihn sich ganz nahe vors Gesicht. Dann stupste er ihn mit dem Finger an.
    »Ach, na schön, dann nimm eben alles.« Gastan schnaubte und wedelte mit der Hand als Zeichen, dass der Wilde entlassen sei. Dann rief er Divina mit unüberhörbarem Triumph zu: »Siehst du? Diese Leute glauben, sie sind so einzigartig, aber man kann sie genauso kaufen wie alle anderen.«
    Und das war das Letzte, was Gastan für eine ganze Weile von sich gab, weil der Barbar mit einer Hand seinen Hinterkopf festhielt und Gastan mit der anderen den Beutel mit Geldmünzen direkt in den Mund schob. Das war das absolut Coolste, was Divina jemals erlebt hatte.

    »Willst du es denn nicht?«, sagte sie.

    stieß der Wilde aus. Er pfiff nach seinem Pferd, das ein gutes Stück entfernt stand und Gras fraß. Das Pferd blickte auf, um zu zeigen, dass es ihn gehört hatte, dann schaute es wieder weg, um zu zeigen, dass es ihm egal war.
    »Aber es ist Geld!«, sagte Divina. »Du solltest es nehmen. Das geschieht ihm nur recht.«
    »Wozu brauche ich Geld?«, sagte der Wilde. »Lauter kleine Metallkreise mit Gesichtern drauf? Was nutzt mir das in der Verlorenen Wüste? Man kann nicht damit

Weitere Kostenlose Bücher