Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urgum der Barbar

Urgum der Barbar

Titel: Urgum der Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjartan Poskitt
Vom Netzwerk:
möglicherweise gedacht, dass sie nicht existierten, und dann hätte er aufgehört, an sie zu glauben, und dann hätten sie nicht mehr existiert. Darum war Raymond nach all diesen Jahren immer noch da, aber obwohl er sich daran gewöhnt hatte, in verschiedenen Tüten und Säcken zu leben, so sehnte er sich doch danach, eines Tages wieder in einem Stück stehen und einen Hieb austeilen zu können, ohne dass seine Faust dabei abbrach.
    Auf ihre eigene Art waren seine Brüder nett zu ihm. Insbesondere Robbin sorgte stets dafür, dass Raymonds Nase nicht in der gleichen Tüte war wie seine Füße und dass seine Augen nicht schielten. Als sie auf Einhornjagd gegangen waren, hatte Raymond angeboten, zu Hause zu bleiben, aber Urgum hatte nichts davon hören wollen.
    »Stell dich nicht so an!«, sagte Urgum zu dem Sack, in dem sich die Ohren befanden. »Das sind nur ein paar Kratzer. Außerdem können wir, falls wir ein Einhorn fangen, seine Schweifhaare dazu verwenden, dich wieder zusammenzunähen. Es ist erstaunlich, was man mit Einhornhaar alles machen kann.«

    Das hatte bei den Jungs hysterisches Gelächter ausgelöst. Jedermann wusste, dass Einhörner ungeselliges, grunzendes, stachelschädeliges Ungeziefer waren und dass das einzige Bemerkenswerte an einem Einhornschweif die Tatsache war, dass er überleben konnte, obwohl er an einem Einhornhintern baumelte. Ein einziger gasförmiger Ausstoß aus dem Hinterteil eines Einhorns konnte jedes Lebewesen im Umkreis vieler Kilometer vergiften, also war es nicht weiter verwunderlich, dass die Immobilienmakler des Laplace Palastes ein Kopfgeld für jedes gefangene Einhorn bezahlten, das man ihnen mit einem Korken im Hinterteil übergab. Darum war es für die Jungs etwas schwer zu glauben, dass man jemanden mit einem Einhornschweifhaar zusammennähen konnte. Selbst Raymond fand es schwer zu glauben, aber er hatte trotzdem die Hoffnung nicht aufgegeben.
    Als die Tage und Nächte auf der Jagd verstrichen, wurde Raymond schließlich klar, dass sie kein Einhorn fangen würden, also fing er stattdessen an, sich auf zu Hause zu freuen und darauf, einige Zeit ausgebreitet im Freien zu verbringen, statt seine Körperteile getrennt voneinander in Säcken und Tüten vom Sattel eines Pferdes baumeln zu lassen. Womit er keinesfalls gerechnet hatte, war, dass jemand mit seinen dreckigen Fingern in der Tüte herumwühlen würde, in der sich die Teile von Raymonds Kopf befanden.
    »Was macht Ruinn?«, fragte Ruff.
    »Er ist clever«, sagte Urgum bewundernd, als Ruinn Raymonds Gehirn aus dem Sack zog und es weithin sichtbar auf einem Felsen platzierte. »Zieht euch alle zurück und versteckt euch!«
    Das Einzige, hinter dem man sich verstecken konnte, war ein kleiner Kaktus. Hinter ihm drängten sich alle Reiter und Pferde. Nach einer kurzen Weile tauchten in einiger Entfernung am Himmel zwei winzige, zerfledderte Schatten auf.
    »Da sind sie!«, flüsterte Ruinn. »Ich war sicher, es würde funktionieren.«
    »Was ist das?«, sagte Robbin, der größte Sohn. »Es sieht einfach aus wie zwei schwarze Punkte.«
    »Pssst!«, sagten die anderen.
    »Aber warum sollten wir leise sein für zwei schwarze Punkte?«, fragte Robbin.
    »Ruhe!«, sagte Urgum.
    »Ich verstehe noch immer nicht, warum wir leise sein müssen, weil zwei schwarze Punkte...«
    »Ich sorg gleich dafür, dass du leise bist!« Rekk zog einen langen Dolch aus der Tasche.

    »Dad!«, sagte Robbin. »Rekk will einen Dolch in mich reinstecken!«
    »Solange ihr dabei leise seid!«, zischte Urgum.
    »Hey, das ist mein Dolch«, rief Rakk und streckte die Hand danach aus. »Ich hab den schon gesucht. Gib ihn her.«
    »Du hast ihn mir geliehen, weißt du nicht mehr?« Rekk hielt ihn so, dass Rakk ihn nicht erreichen konnte.
    »Tja, und jetzt will ich ihn wiederhaben«, sagte sein Zwilling.
    »Aber ich brauche ihn, um Robbin zu erstechen.«
    »Nun, dann erwürg ihn stattdessen.«
    »Du musst mir aber helfen, wenn ich ihn erwürgen soll«, sagte Rekk.
    »Ich helfe dir nur, wenn ich meinen Dolch zurückkriege«, sagte Rakk.
    »Dad, jetzt wollen Rakk und Rekk mich erwürgen!«, heulte Robbin.
    »Sei leise!«, sagte Ruff. »Ich bin der Anführer und das ist ein Befehl.«
    »Uuuuhh!«, sagten Rekk und Rakk.
    Ruff stöhnte. »Vater! Keiner beachtet mich.«
    »Oi! Ihr alle, benehmt euch!«, schnauzte Urgum sie an. »Bleibt hinter dem Kaktus, seid ruhig, haltet die Köpfe unten und die Augen offen.«
    Schließlich hatte das Schubsen und Drücken ein

Weitere Kostenlose Bücher