Urlaub mit Papa
Sie, meine Freundin und ich reisen sehr viel und sehr gerne, aber bisher haben wir südliche Ziele bevorzugt. Wir sind ja Sonnenkinder.« Sie lachte etwas zu schrill.
Sonnenkinder, dachte ich und betrachtete Frau Klüppersberg. Es war tatsächlich alles gestrickt. Und aus der Nähe noch bunter. Sie wertete meinen Blick als Aufforderung.
»Aber diesen Sommer haben wir uns vorgenommen, die Nordsee zu erobern. Und wenn man gleich am ersten Tag auf so lustige Weise einen so charmanten Menschen wie Ihren Herrn Vater kennenlernt, ist das doch ein gutes Zeichen.«
Ich wollte nicht wissen, auf welch lustige Weise der charmante Herr diese beiden Vollblutweiber aufgerissen hatte, es blieb mir aber nicht erspart. Während ich Dorothea verzweifelt ansah, die aus dem Fenster starrte und sich dabei auf die Fingerknöchel biss, gab mein Vater schon die Erklärung:
»Ja, das war wirklich lustig. Ich habe die Toilettentür aufgemacht, als das Schiff gerade so geschaukelt hat. Da bin ich ins Straucheln gekommen und mit Frau Weidemann-Zapek zusammengeprallt. Sie ist dann umgefallen, ich oben drauf und Frau Klüppersberg hat mir hoch geholfen.«
Dorothea wimmerte leise.
»Ja, genau.« Frau Klüppersberg nickte strahlend. »Mechthild hat sich nicht wehgetan, sie hat ja den dicken Daunenmantel an, der federt ordentlich ab.«
Dorothea bekam einen Hustenanfall. Ich merkte, dass mein Mund offen stand, und schloss ihn schnell wieder.
Mechthild Weidemann-Zapek sah ihre Freundin giftig an. Da schien sich ein kleiner Konkurrenzkampf abzuzeichnen. Mein Vater merkte das natürlich nicht. Er wandte sich an beide.
»Wo wohnen Sie denn auf der Insel?«
Sie antworteten gleichzeitig: »Im Haus Theda. In der Kaiserstraße.«
Dorothea sprang plötzlich auf. »Entschuldigung, ich muss kurz auf die Toilette, darf ich mal durch?«
Frau Weidemann-Zapek stand auf und ließ Dorothea vorbei. Die rannte fast zum Ausgang. Mein Vater sah ihr nach.
»Hoffentlich ist sie nicht seekrank, wo wir schon fast im Hafen sind.«
»Bleib ruhig, Papa, das ist sie bestimmt nicht.«
»Vielleicht Frauenprobleme.« Er sagte das leise, in einem verschwörerischen Ton. »Na, wird schon wieder. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Kaiserstraße. Und wo da?«
»Haus Theda.«
Er dachte kurz nach. Dann erhellte sich sein Gesicht.
»Nein, das gibt es doch nicht. So ein Zufall. Das ist ja Marleens Pension. Wissen Sie, wir sind auf dem Weg dahin, wir müssen ihr alle ein bisschen unter die Arme greifen und ihre Kneipe renovieren. Wir gehören also quasi zu Ihren Gastgebern.«
Jetzt musste auch ich aufs Klo.
Im Vorraum der Toilette stand Dorothea vor dem Waschbecken und ließ sich kaltes Wasser über die Handgelenke laufen. Als sie mich im Spiegel sah, fing sie an zu lachen. Mit meiner Beherrschung war es nun auch vorbei. Wir konnten nicht mehr reden, ließen uns mit dem Rücken an der Wand hinabgleiten und wischten uns die Lachtränen ab. Dann hörten wir die Durchsage.
»Meine Damen und Herren, wir bitten Sie jetzt, sich zu Ihren Kraftfahrzeugen zu begeben, wir werden in Kürze auf Norderney anlegen.«
Dorothea atmete tief durch. »Um Himmels willen. Das glaubt uns doch kein Mensch. So, komm, ich hoffe, wir müssen Heinz nicht noch gewalttätig von diesem Gespann befreien.«
Wir bahnten uns mühsam einen Weg durch die Passagiere, die vor dem Ausgang warteten. Weder Heinz noch seine Groupies waren in der Menge zu sehen. Ich hatte ein ungutes Gefühl, gab Dorothea ein Zeichen und ging in Richtung Autodeck. Mein Gefühl war richtig. Heinz lehnte am Wagen, Frau Weidemann-Zapek, Frau Klüppersberg und ihre drei Koffer standen daneben. Als er uns sah, winkte er fröhlich.
»Da seid ihr ja. Na, Dorothea, geht es dir besser? Hört mal, ihr wisst ja, wie unmöglich alles ist, wenn man ohne Auto kommt. Ich habe den Damen schon gesagt, dass man entweder mit dem Bus oder mit dem Taxi in den Ort fahren muss. Das ist ja unzumutbar mit dem ganzen Gepäck. Wir haben doch sowieso dieselbe Adresse. Wir nehmen die Damen mit.«
Ich war sprachlos. Dorothea betrachtete die Koffer.
»Sag mal Heinz, wie sollen wir die Koffer der Damen denn noch ins Auto kriegen?«
»Schließ den Wagen mal auf, das geht schon.«
Mein hüftkranker Vater öffnete den Kofferraum und die hinteren Türen und jonglierte in einer rasenden Geschwindigkeit mit diversen Gepäckstücken. Nach kurzer Zeit war der Kofferraum wieder zu und die halbe Rückbank bis oben hin beladen.
»So.« Er rieb sich die
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