Urlaub mit Papa
Brotscheibe nach der anderen, schnitt sie in der Mitte durch, klappte sie zusammen und wickelte sie in Servietten ein. Zwischendurch biss sie in ihr Mohnbrötchen mit Heringssalat. Jetzt bemerkte sie Heinz’ fassungslosen Blick.
»Das haben wir ja alles bezahlt. Da braucht man sich nachher nicht für teures Geld belegte Brötchen zu kaufen. Das sollten Sie auch tun, Seeluft macht hungrig.«
Das war selbst meinem höflichen Vater zu viel. Er schob seine leere Kaffeetasse beiseite und stand auf.
»Es wird Zeit für mich, meine Damen. Leider müssen Sie auf meine Dienste verzichten, ich bin ja hier, um Frau de Vries unter die Arme zu greifen. Versprochen ist versprochen, da müssen die Annehmlichkeiten zurückstehen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und viel Vergnügen.«
Er nickte kurz, dann zog er mich am Arm und ging vor. Ich war beeindruckt, wie charmant er eine Abfuhr verpacken konnte. Ich sah in die enttäuschten Gesichter und auf den verwüsteten Frühstückstisch und lächelte zufrieden. »Tschüss.«
Als ich in die Küche kam, stand mein Vater neben Marleen und erzählte ihr von den Flecken und der Proviantbeschaffung.
»Alles übereinandergeklatscht. Und wie kann man überhaupt so verfressen sein?«
Marleen räumte die Geschirrspülmaschine ein und verkniff sich das Lachen. »Lass sie, Heinz, es ist doch egal, ob sie alles sofort essen oder mitnehmen.«
»Aber ich finde es so unelegant. Wir sind doch nicht auf dem Campingplatz.«
»Papa, du fandest die beiden doch so nett. Ist der Zauber schon verflogen?«
Er sah mich missbilligend an. »Quatsch, Zauber. Man kann doch mal freundlich sein. Ich muss ja nicht gleich mit ihnen spazieren gehen. So. Und, was ist jetzt? Gehen wir gleich rüber?«
In diesem Moment kam eine junge Frau herein. Lange blonde Haare, fröhliches Lächeln, Jeans und T-Shirt.
»Hallo, Marleen. Ach, guten Morgen.« Sie streckte uns ihre Hand entgegen. »Ich bin Gesa und Sie sind bestimmt Christine. Und Sie sind der Vater? Ich habe leider den Namen vergessen.«
Mein Vater legte den Kopf schief und schüttelte ihr die Hand. »Na, das macht doch nichts. Ich bin Heinz, ich glaube, das Personal sollte sich duzen.«
Gesa lachte. »Gern. Also, auf gute Zusammenarbeit, Heinz.«
Gesa studierte in Oldenburg. Ihre Eltern wohnten zwei Häuser neben der Pension. Seit sie Schülerin war, half sie im »Haus Theda« aus. Jetzt verbrachte sie die Semesterferien zu Hause und verdiente sich so ein bisschen Geld dazu.
Marleen trocknete sich die Hände ab und warf das Handtuch über einen Stuhl.
»Gut. Gesa, du kannst nachher mit Christine im Frühstücksraum anfangen, wir haben heute keine An- und Abreise, also alles ganz normal. Ihr macht das schon. Ich gehe jetzt mit Heinz rüber. Ach so, ihr könntet vorher noch im Garten gucken, ob alles in Ordnung ist.«
Sie zwinkerte mir zu und schob meinen Vater aus der Küche.
»Bis später, ich komme dann nach.«
Ich drehte mich zu Gesa um, die sich einen Kaffee einschenkte.
»Möchtest du auch noch einen? Ich muss vor Dienstbeginn erst im Strandkorb einen Kaffee trinken und eine Zigarette rauchen.« Sie lächelte verlegen. »Meine Eltern wissen nicht, dass ich rauche, albern nicht wahr, dabei bin ich schon 24.«
Mein Herz wurde leicht. »Ja, ich möchte gerne noch einen Kaffee. Ich bin übrigens 45 und mein Vater will nicht, dass ich rauche. Und wir machen zwei Wochen zusammen Ferien.«
»Und deshalb rauchst du jetzt nicht mehr?«
»Doch. Aber nur heimlich. Ich riskiere da nichts. Du kennst meinen Vater noch nicht.«
Nach einer herrlichen Viertelstunde mit Morgensonne und Zigarette im Strandkorb zeigte Gesa mir, was ich die nächsten zwei Wochen morgens zu tun hatte. Ich würde mich um das Frühstück kümmern, sie sich um die Zimmer.
»Normalerweise macht Kathi, meine Schwester, das, aber die hat sich eine Muschel in den Fuß getreten. Meine Mutter fand, sie solle sich nicht so anstellen, und Kathi hat ihr geglaubt. Na ja, jetzt hat sich das entzündet, sie bekommt Antibiotika und darf nicht auftreten.«
»Wieso ist deine Schwester denn nicht zum Arzt gegangen? Das wäre mir doch egal gewesen, was meine Mutter findet.«
»Meine Mutter ist Ärztin.«
»Ach…«
»Sie hatte immer Angst, uns zu verzärteln.«
Das war natürlich ein Argument. Es gab doch eine Menge schräger Eltern.
Ich hatte drei Tische abgeräumt, vier Kannen Kaffee gekocht, den Aufschnitt nachgelegt und mir schon drei Namen von Gästen gemerkt, als Dorothea zum
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