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Urlaub mit Papa

Urlaub mit Papa

Titel: Urlaub mit Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Spachtelmasse?«
    Er rieb sich die Hände an seiner Jeans ab. »Soll ich mich umziehen? So doll sieht man das doch gar nicht. Oder? Christine, muss ich?«
    Ich schob ihn zum Ausgang. »Wir gehen erst in die Wohnung. Also, bis später.«
    Als mein Vater mir die Tür aufhielt, flüsterte er: »Ich hoffe, dieser Nils ist sauber. Der hat Dorothea so komisch angeguckt. Wir müssen da ein Auge drauf haben. Fandest du, dass er große Pupillen hatte? Du musst noch dein Bein waschen, bevor wir gehen. Oder eine lange Hose anziehen.«
    Ich dachte darüber nach, Nils zu fragen, ob er vielleicht doch Drogen hatte. Für Notfälle.
     

Ein Freund, ein guter Freund
    – H.Rühmann & W.Fritsch & O.Karlweis –
    Zwei Stunden später saßen wir im Surfcafé, vor uns zwei Eisbecher und das Meer. Ich hatte meinen Vater in einem Höllentempo durch den Ort getrieben. Wir hatten eine Zeitung gekauft, auf dem Weg zum Kiosk hatte er gesehen, dass es sowohl eine Friedrich- als auch eine Strandstraße gab, genau wie in Westerland. In der Buchhandlung verwickelte er die Inhaberin in eine Diskussion, in der er ihr vorwarf, dass die Straßennamen geklaut seien.
    »Das ist ja hier irgendwie Sylt für Arme.«
    An dieser Stelle verließ ich demonstrativ den Laden und setzte mich draußen auf eine Bank, um eine Zigarette zu rauchen. Er kam erst eine Viertelstunde später heraus, setzte sich neben mich auf die Bank und erklärte, dass die Inhaberin Helga heiße und ihm einen Reiseführer von Norderney geschenkt habe. Sie wolle übrigens Silvester auf Sylt verbringen. Er habe ihr angeboten, für sie eine Führung zu machen.
    »Sehr aparte Frau«, sagte er anerkennend, »sie ist nicht auf Norderney geboren. Zugereist. Sag mal, hier riecht das irgendwie verkokelt. Wollen wir weiter?«
    Aus Angst vor Ladenverboten zog ich das Tempo an. Wir liefen an den zahlreichen Geschäften vorbei, ich zeigte ihm die Post, die Bank, den Bäcker und ließ ihn nirgends rein. Mein Vater wurde stiller, dann fing er an zu humpeln und blieb plötzlich stehen.
    »Mir tut meine Hüfte weh. Ich soll nicht so schnell laufen.«
    »Wollen wir ein Eis essen?« Ich hatte Seitenstechen. Er nahm seine Schirmmütze ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »O ja. Pistazie. Mit Sahne.«
    »Schaffst du es noch, ein Stück am Strand entlang zu laufen? Dann gehen wir ins Surfcafé und gucken aufs Wasser.«
    »Natürlich. Strand geht immer. Wir müssen ja nicht so rennen.«
    Wir gingen schweigend am Wasser entlang. Mein Vater hakte mich unter, sah selig aufs Meer.
    »Das mit dem Strand können sie, es sieht aus wie zu Hause.«
    Ich war beruhigt. Im Surfcafé bekamen wir einen Tisch in der Sonne, es gab Pistazieneis mit Sahne, dazu Kaffee, mein Vater fand die Bedienung freundlich und hatte zufrieden bemerkt, dass das Eis zwei Euro billiger war als in seinem Lieblingscafé in Kampen.
    »So schlecht ist es hier gar nicht.« Er sah sich zufrieden um. »Wirklich gar nicht schlecht.« Er löffelte mit Hingabe. »Und gutes Eis haben sie.«
    Er faltete seine ›Bild‹-Zeitung auseinander und fing an zu lesen. Ich sah aufs Meer und überlegte, ob Dorothea was mit dem hübschen Hippie anfangen würde. Die Anzeichen waren zu erkennen gewesen. Ich nahm mir vor, nicht neidisch zu werden. Wobei langhaarige Blonde sowieso nicht in mein Beuteschema passten, wie Dorothea es ausdrücken würde. Auch wenn er einen hübschen Hintern hatte.
    »Sag mal, Kind…«
    Ich zuckte zusammen, fühlte mich bei meinen unanständigen Gedanken ertappt.
    »Ja?«
    »Das ist doch ganz schön, dass wir zusammen Ferien machen, oder?«
    Ich sah meinen Vater an. Er hatte grünes Eis an der Nase und etwas Sahne am Kinn. Er legte seinen Kopf schief und lächelte.
    »Hattest du eigentlich eine schöne Kindheit?«
    »Hast du die Zeitung schon durch?«
    »Steht nicht viel drin. Und man kann sich doch auch mal unterhalten. Die Leute sprechen viel zu wenig miteinander.«
    »Und jetzt willst du mit mir über meine Kindheit sprechen?«
    »Ich wollte nur wissen, ob du deine Kindheit schön fandest. Meine war ja nicht schön, so nach dem Krieg, die schlechte Zeit, wir hatten ja nichts. Aber ihr seid doch gut aufgewachsen, wir hatten doch alles, schönes Zuhause, ein Auto, Ferien, jeden Sonntag Kuchen.«
    Ich erinnerte mich an meinen jungen Vater, der mir das Schwimmen beibrachte, der mir einen Brief schrieb, als ich gerade lesen konnte, der mein Fahrrad reparierte und den Schiedsrichter anpöbelte, weil der mich wegen groben Fouls

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