Urlaub mit Papa
bleiben, bis die Luft rein ist. Von mir aus kannst du auch allen erzählen, wo du die letzte Nacht verbracht hast.«
»Entschuldigung. Ich bin irgendwie durcheinander, ich hole dir mal Kaffee.«
In der Küche trat ich einmal mit dem Fuß gegen die Wand, der Schmerz im Zeh hielt, bis ich wieder zurückging. Wir saßen uns gegenüber, ich sah ihm beim Frühstücken zu und fühlte mich sehr leicht und warm. Er rieb meinen Fuß zwischen seinem, immer wenn er an den Zeh kam, fing es an zu pochen.
»Guten Morgen, Herr Thiess. Christine, ich soll dir das hier geben.«
Gesa stand plötzlich am Tisch, ich zuckte zusammen und starrte auf die Packung, die sie mir hinhielt. Augentropfen.
»Wo kommen die denn her?«
Ich zog meinen Fuß unauffällig zu mir und stand auf.
»Ich war schnell in der Praxis meiner Mutter. Heinz hat gesagt, es wäre ein Notfall, wenn du nicht in der nächsten halben Stunde Tropfen bekämst, würdest du blind. Meine Mutter meinte, du solltest besser vorbeikommen. Was ist denn mit deinen Augen? Die sind doch nur ein bisschen dick.«
Ich wich Johanns erstauntem Blick aus und nahm Gesa die Tropfen aus der Hand.
»Es heißt geschwollen, Gesa, man hat geschwollene Augen, keine dicken. Es ist auch nichts, Heinz macht nur immer so einen Aufstand. Aber trotzdem danke.«
»Augen können doch nicht anschwellen, nur die Lider.« Johann trank den Kaffee aus und schob seinen Teller zurück. »Glaube ich wenigstens.«
Gesa sah ihn interessiert an. »Aber sie hat doch dicke Augen, oder?«
Er legte den Kopf schief und betrachtete mich. »Vielleicht müde Augen. Was machst du jetzt? Kommst du mit zum Strand?«
Gesas Augen wurden groß. Ich sah an ihr vorbei.
»Gerne, ich muss aber rüber. Morgen kommen die Möbel und wir sind noch nicht fertig.«
»Schade.« Er stand auf und streckte sich. »Dann leihe ich mir mal ein Fahrrad und mach mich allein auf den Weg. Frohes Schaffen.«
Er ging zur Tür und warf mir hinter Gesas Rücken eine Kusshand zu.
»Sag mal, Christine, habe ich da was verpasst? Ich dachte, du hältst ihn für einen Heiratsschwindler?«
»Heinz und Gisbert tun das. Ich nicht.«
»Aber dann musst du ihnen doch sagen, dass sie sich irren. Ich war gerade drüben, die sitzen alle am Tisch und Heinz teilt sie zum Beschatten ein.«
Ich stapelte das Geschirr auf ein Tablett. »Ich rede nachher in Ruhe mit meinem Vater. Gisbert von Meyer kann sich von mir aus auf eine Düne setzen und Johann mit dem Fernglas beim Sonnen beobachten. Dann geht er uns hier wenigstens nicht auf die Nerven.«
Gesa folgte mir in die Küche. »Aber läuft da schon was zwischen euch?«
»Sei nicht so neugierig, Gesa.«
»Wieso denn? Ich kann doch mal fragen…«
Ich räumte die Spülmaschine ein und stellte sie an. »Ich muss aber nicht antworten, Schätzchen. Und jetzt gehe ich zu den alten Männern und lackiere die Fußleisten.«
Die alten Männer lösten gerade ihre Tischrunde auf, als ich die Tür der Kneipe öffnete und mit dem Sturmhaken befestigte.
»Wieso habt ihr die Tür denn zu? Der Farbgeruch soll doch raus.«
Gisbert von Meyer steckte einen Notizblock in seinen kleinen Rucksack und sah mich wichtig an.
»Wir hatten hier eine Besprechung, die nicht für alle Ohren bestimmt war.«
»Mister Wichtig.«
Obwohl ich das nur geflüstert hatte, bekam Kalli es mit und sah mich mit vorwurfsvollem Kopfschütteln an. Mein Vater bemerkte es und stellte sich neben mich.
»Ja, Kalli, da schüttelst du den Kopf. Aber sie hat eine gefährliche Bindehautentzündung, deshalb sieht sie so komisch aus. Kind, du musst nicht arbeiten, wenn du krank bist. War Gesas Mutter nicht da?«
Kalli trat einen Schritt näher. »Wieso? Sie sieht doch aus wie immer.«
»Quatsch!« Mein Vater beugte sich vor und starrte mich an. »Sie hat doch ganz dicke Augen.«
»Was hat sie mit den Augen?« Onno schob Kalli zur Seite. »So schlimm sieht das doch gar nicht aus. Vielleicht am rechten Auge, das Dicke da, das war sonst nicht.«
Carsten legte seine Hand auf meine Schulter und drehte mich um. »Lass mal sehen. Och, das geht doch. Setz doch eine Sonnenbrille auf. Dann sieht man das gar nicht.«
»Ich habe nichts mit den Augen.«
»Brüll doch nicht so.« Mein Vater drehte mich wieder zurück. »Was hat Gesas Mutter denn gesagt?«
»Nichts, Papa, ich war nicht bei ihr. Gesa hat mir Augentropfen mitgebracht, es ist doch schon fast wieder gut.«
»Nils hatte früher Heuschnupfen, da bekam er auch immer solche
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